Erster Verlust für Raiffeisen Holding

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Kein anderer österreichischer Industrie- und Finanzkonzern ist so groß wie die Raiffeisen Holding NÖ-Wien. Diese macht zum ersten Mal in der Geschichte einen Verlust.

Wien. Raiffeisen ist in Österreich nicht nur im Bankgeschäft Marktführer, sondern auch im Industriebereich. Die Raiffeisen Holding NÖ-Wien ist an 700 Firmen beteiligt, die an 3900 Standorten rund 162.000 Mitarbeiter beschäftigen.

Zu den bekanntesten Beteiligungen gehören die Baufirma Strabag, Agrana, Leipnik Lundenburger, Südzucker, Kurier, der Milchproduzent NÖM, Sat1-Österreich, die ORF-Tochter ORS und die Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien. Der Gewinn der Holding ist seit einigen Jahren rückläufig. 2010 gab es einen Überschuss von 364,6 Millionen Euro, 2011 waren es 141,2 Millionen Euro. Am Donnerstag wurden die Zahlen für 2012 veröffentlicht. Demnach ist die Holding zum ersten Mal in der Geschichte mit 26 Millionen Euro in die Verlustzone gerutscht.

Obmann der Holding war lange Zeit Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad. Dieser legte im Vorjahr wichtige Funktionen zurück. Sein Nachfolger ist Erwin Hameseder. Für das operative Geschäft der Holding und der Landesbank NÖ-Wien ist seit vergangenen Sommer Klaus Buchleitner zuständig. Dieser räumte gleich nach seinem Amtsantritt bei einigen Baustellen auf.

Verlustbringer wurden verkauft

Das negative Vorjahresergebnis ist im Wesentlichen auf folgende Problemfelder zurückzuführen:
• Epamedia: Nach monatelangen Verhandlungen wurde Epamedia (Plakat und Außenwerbung) vergangenen Herbst an die slowakische Mediengesellschaft JOJ Media House verkauft. Die Epamedia machte in der Vergangenheit Verluste, Raiffeisen musste Geld zuschießen. In der Geschäftsführung saß die frühere ORF-Generaldirektorin Monika Lindner. Diese verließ mittlerweile die Firma.

Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Daher lässt sich nicht sagen, wie viel Geld Raiffeisen hier unterm Strich verloren hat. Auch im Geschäftsbericht fehlen dazu die Details. „Den Sondereffekt nenne ich nicht, weil man daraus den Kaufpreis rückrechnen könnte“, so Buchleitner.
• Verluste in Ungarn: Die Raiffeisen Landesbank NÖ-Wien war mit 16,23 Prozent direkt an der Raiffeisenbank Ungarn beteiligt. In Ungarn kämpfen viele Finanzkonzerne mit Schwierigkeiten, weil der konservative Premierminister Viktor Orban eine Sondersteuer für Banken eingeführt hat.

Zudem gibt es ein Gesetz, wonach in Ungarn Privatpersonen ihre Fremdwährungskredite zu günstigen Konditionen umwandeln können. Die Kosten dafür mussten die Banken tragen. Im Vorjahr verkaufte daher die RLB NÖ-Wien die Beteiligung in Ungarn an die börsenotierte Raiffeisen Bank International. Die Ungarn-Causa kostete laut Buchleitner 80 Millionen Euro.
• Probleme in Großbritannien: Der Holding gehört die „NÖM Holding International“, in der Beteiligungen in der Ukraine und in Großbritannien gebündelt sind. 2009 wurde in Großbritannien eine Molkerei errichtet. Im Vorjahresgeschäftsbericht heißt es dazu: Die Tochter in Großbritannien befinde sich „in einer schwierigen Situation“. Trotz konsequenter Restrukturierungskosten konnte „kein positives Betriebsergebnis“ erzielt werden. Im März 2013 gab es bei der britischen Tochter einen Wechsel in der Geschäftsführung.

Höhere Dividende für Eigentümer

Laut Buchleitner war 2012 ein „turbulentes Jahr, turbulent vom Umfeld her“. Trotz des Verlustes sieht er die Holding auf einem guten Weg. Hätte es die genannten Sonderfaktoren (wie Epamedia und Ungarn) nicht gegeben, wäre 2012 das Konzernergebnis auf dem Niveau des Vorjahres gelegen.

Sehr gut hat sich unter anderem die Mühlengruppe Leipnik Lundenburger entwickelt. Für diese ist der frühere Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) verantwortlich. Auch die anderen Firmen wie Agrana und Südzucker lieferten einen positiven Ergebnisbeitrag.

Trotz des Verlustes im Vorjahr wird die Holding an ihre Eigentümer – das sind unter anderem die 70 selbstständigen Raiffeisenbanken in Niederösterreich – eine um zwei Millionen Euro auf 41 Millionen Euro erhöhte Dividende ausschütten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2013)

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