Aus für den offenen Sonntag

(c) APA
  • Drucken

Auf Anregung von Wirtschaftsminister Mitterlehner hat sich das Parlament auf eine Änderung der Gewerbeordnung geeinigt. Die "Bistro-Ausrede" gilt damit nicht mehr.

Wien. Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis das Projekt „Sonntagsöffnung“ von Rudolf Haberleitner, dem ambitionierten Chef der Drogeriekette Dayli, abgestellt wird. Seit Wochen übt die Gewerkschaft massiven Druck aus, mit jeder Dayli-Filiale, die am Sonntag aufgesperrt wurde, sind neue gewerberechtliche Klagen, Wettbewerbsklagen und Anzeigen beim Arbeitsinspektorat hinzugekommen.

Am Mittwoch hat Dayli die Notbremse gezogen: Bis die Gesetzeslage klar sei, werde man bis auf Weiteres nicht am Sonntag offen halten, hieß es. Kommuniziert wurde das – etwas unglücklich – per Aussendung vom Glücksspielkonzern Novomatic, der zu 45 Prozent an Dayli beteiligt ist. Novomatic hüllt sich seither in Schweigen.

Haberleitner sagte am Donnerstag, man habe sich bereits vergangene Woche auf dieses Vorgehen geeinigt. Durch die Aktionen der Gewerkschaft sei Dayli bereits ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe entstanden.

GPA-djp-Vizevorsitzender Karl Proyer gibt sich keine Mühe, seine Genugtuung über diesen Schritt zu verbergen. „Für die Zukunft gebe ich Haberleitner den Tipp, sich einen in der Sozialpartnerschaft üblichen Kommunikationsstil zuzulegen“, ließ er dem Dayli-Chef über die „Presse“ ausrichten.

Streitthema Gastgewerbe

Die Alarmglocken schrillten bei der Gewerkschaft auch deshalb, weil Haberleitner 885 Mitarbeiter nach dem Gastronomie-Kollektivvertrag einstellen wollte – für die in die Dayli-Shops integrierten Bistros, mit denen er die Öffnung am Sonntag rechtlich legitimieren wollte. Diese Mitarbeiter hätten dann nach Gastro-KV um 70 Euro weniger verdient als nach dem Handels-KV (1370 vs. 1300 Euro Einstiegsgehalt) und 40 Stunden statt 38 arbeiten müssen. Und: Sonntagsarbeit wäre nach dem Arbeitsruhegesetz im Gastgewerbe erlaubt. Außerdem seien, so die GPA-djp, ein Großteil der in der Gastronomie Beschäftigten Arbeiter und nicht wie im Handel Angestellte, was Nachteile bei Kündigungsfristen und Sozialversicherungsbeiträgen mit sich bringe.

Haberleitner beteuerte zwar, dass seine Gastromitarbeiter nicht schlechter bezahlt worden wären als die Handelsangestellten. Das half ihm aber wenig.

Am Donnerstag hat sich auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner in die Debatte eingeklinkt. Im Ö1-„Morgenjournal“ kündigte er an, dass die Parlamentsparteien eine Anpassung der Gewerbeordnung vorbereiten würden, um deren allzu kreative Interpretation in Zukunft zu unterbinden. Und siehe da: Noch am Nachmittag gab es zur Änderung der Gewerbeordnung im Parlament eine Einigung.

Die Änderung soll im Wesentlichen verhindern, dass Händler am Sonntag aufsperren können, nur weil sie im Laden ein Café, Bistro oder Ähnliches betreiben. „Der Charakter des Gastgewerbebetriebes muss gewahrt werden“, wird die diesbezügliche Formulierung in der Gewerbeordnung (Paragraf111, Absatz vier) lauten, wie „Die Presse“ am Donnerstag in Erfahrung gebracht hat.

Bistros sollen trotzdem kommen

Der „Gastgewerbecharakter“, wird in den erläuternden Bemerkungen vertieft, leite sich einerseits aus dem Erscheinungsbild ab, andererseits – etwas handfester – daraus, in welchem Bereich (Handel oder Gastgewerbe) der überwiegende Umsatz gemacht wird. Am heutigen Freitag wird im Parlament ein entsprechender Abänderungsantrag eingebracht.

Dayli ist also vorerst gestoppt: Haberleitner wird keine weiteren Mitarbeiter nach dem Gastronomie-Kollektivvertrag einstellen (1,5 pro Filiale waren vorgesehen), und der Sonntag ist vorerst tabu. Ein Bistro soll aber trotzdem jede Filiale bekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kommentare

Hurra, wir bleiben zu!

Der Sonntag bleibt zu, da sind sich alle einig. Schade, dass niemand die Kunden fragt.
Österreich

Arbeitsplatz Handel: Mehr Jobs durch Sonntagsöffnung?

Dürften die Geschäfte am Sonntag offen haben, könnte das laut Ökonomen neue Stellen schaffen. Vor allem aber Teilzeitjobs.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.