Wien Energie: Ungarn-Engagement als Problem

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Das Wiener Kontrollamt übt Kritik am städtischen Energieversorger: Ein Engagement in Ungarn sorge für ein enormes finanzielles Risiko, die Bilanzen seien mit ungewöhnlichen Maßnahmen „verschönert“ worden.

Wien. Wien Energie hat ein Problem. Spätestens, seit sich die Prüfer des Kontrollamts den städtischen Energieversorger vorgenommen haben. Die Berichte, die seit Freitag vorliegen, zeigen: Es geht um drohende Millionenverluste, Probleme mit Währungsschwankungen, salopp gesagt auch um Beschönigungen der Bilanzen.

Konkret geht es um ein problematisches Auslandsengagement. Die Wien Energie, die hauptsächlich Gaskraftwerke betreibt, wollte umweltfreundliche Energie ins Portfolio nehmen. Deshalb erwarb sie 2006 die Vienna Energy Természeti Erö Kft. und errichtete einen Windpark in Level (Ungarn) mit insgesamt zwölf Windkraftanlagen. Im April 2008 ging dieser Windpark zur Stromerzeugung ans Netz. Was seitdem passiert ist, fasst das Kontrollamt so zusammen: „In den Geschäftsjahren 2008/09 bis 2010/11 mussten beträchtliche Kursverluste verbucht werden, wobei rund ein Fünftel (0,82 Millionen Euro) bereits schlagend, d. h. realisiert wurden. Bei anhaltender negativer Wechselkursentwicklung drohen weitere Realisierungen der bisher nicht realisierten Kursverluste.“ Und: „Die wirtschaftliche Entwicklung dieser Tochtergesellschaft war in den Wirtschaftsjahren 2008 bis 2011 stark vom negativen Finanzergebnis beeinflusst, das im Wesentlichen vom für die aus dem Euro-Investitionskredit verursachten fixen Zinszahlungen und den daraus entstandenen Wechselkursverlusten geprägt war.“

Übersetzt heißt das: Wien Energie hat im Osten enorme Summen verloren, mit der Option, dass sich diese Verluste noch ausweiten. Hintergrund: Um die Investition zu finanzieren, wurden fix verzinste Kredite in Euro aufgenommen. Dadurch ist ein „großer Wechselkursverlust“ entstanden, wie das Kontrollamt festhält. Dass die Wien-Energie-Tochter bei der Aufnahme von Krediten nicht einmal Vergleichsangebote eingeholt hat, rundet das Bild ab.

Auf dem Papier (Bilanz) ist alles (offiziell) nicht so schlimm. Die Jahresabschlüsse zeigten für vier Jahre einen Gewinn von 680.000 Euro. Nur: Das Kontrollamt fand heraus, dass 2008 (nicht realisierte) Kursgewinne fast zur Gänze als Gewinn ausgewiesen wurden. Zusätzlich wurde zu umstrittenen Maßnahmen gegriffen, um einen Gewinn seit der Inbetriebnahme ausweisen zu können. So wurde die Nutzungs- und Abschreibungsdauer kurzfristig um einige Jahre verlängert (was das Kontrollamt sehr ungewöhnlich fand), die möglichen Kosten für einen Prozess, in den die Wien-Energie-Tochter verwickelt ist, wurden nicht berücksichtigt – obwohl allein der Streitwert den bisherigen Gewinn übersteigen würden. Es ist auch von „fehlerhaften Zahlen“ die Rede.

Die Wien Energie reagiert auf den Bericht so: Die ungarische Geschäftsführung werde auf die vom Kontrollamt aufgezeigten Ungenauigkeiten reagieren – man wechsle den Wirtschaftsprüfer. Nebenbei gebe es für die Erhöhung der Abschreibungsdauer in Ungarn keine Einschränkungen, außerdem würden Maßnahmen zur Zinsabsicherung gesetzt, heißt es sinngemäß.

Dienstauto als Privatauto benutzt

Nebenbei hat sich das Kontrollamt angesehen, wie mit dem Fuhrpark (Dienstfahrzeuge) bei einer Wien-Energie-Schwesterfirma umgegangen wird. Das Fazit: Die Zahl der Dienstfahrzeuge ist enorm gestiegen (von 2003 bis 2012 von 353 auf 815), während die Aufgaben de facto gleich geblieben sind. Die Prüfer erheben den Vorwurf, dass es offenbar üblich sei, dass Mitarbeiter die Dienstfahrzeuge für private Fahrten benutzen bzw. Firmenfahrzeuge sogar über das Wochenende für Privatfahrten ausborgen. „Der Fuhrpark wurde zu einem erheblichen Teil für betrieblich nicht erfasste Fahrten wie beispielsweise auch am Wochenende verwendet“, formuliert es das Kontrollamt.

Das Unternehmen rechtfertigt sich damit, dass es seit einigen Jahren keine Autos mit Chauffeuren mehr gibt. Deshalb hätte der Auto-Pool vergrößert werden müssen, auch wegen der intensiveren Kundenbetreuung, heißt es sinngemäß. Und: Die einzelnen Dienstwagen wären auch außerhalb des Betriebes untereinander getauscht und von mehreren Mitarbeitern benutzt worden. Dazu meint das Kontrollamt: Das stimmt nicht. Denn das hätten die Prüfer bei einer Überwachung der Dienstwagen bewiesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2013)

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