Spar: Der geheimnisvolle Handelskonzern

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Symbolbild(c) EPA (Patrick Lux)
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In wenigen Tagen startet ein Prozess gegen den Handelskonzern Spar - weil er seine Konzernbilanzen nicht veröffentlicht. Gibt's da etwas zu verstecken?

Konkurrenz ist oft nicht willkommen. Christian Guzy und Martin Klein wird das durchaus klar gewesen sein, als sie im Jahre 2003 Österreichs zweitgrößtes Shoppingcenter auf die grüne Wiese bauten. Die Shoppingcity Seiersberg ist auch wirklich ein Prachtstück geworden, zumal verkehrsgünstig optimal gelegen: im Großraum Graz, quasi an der Schnittstelle von Südautobahn und Pyhrnautobahn. Ein Selbstläufer, wie man so schön sagt. Aber das freut halt nicht jeden.

Jedenfalls hat sich die Shoppingcity in den zehn Jahren ihres Bestehens mit einer ganzen Reihe von Klagen herumschlagen müssen. Mal ging es um angeblich verletzte Raumordnungsbestimmungen, mal um die Parkplätze, mal um die Nutzung einer Rampe.

Wer wehrt sich da so massiv gegen Seiersberg? Einige der Klagen wurden vom Konkurrenten Citypark eingebracht. Für andere Klagen zeichneten wiederum diverse Vereine und Aktionsgemeinschaften verantwortlich. Wer hinter diesen steht, ist nicht klar. Aber es gibt da so Vermutungen.

Tatsache ist, dass die Stimmung zwischen der Shoppingcity Seiersberg und dem Handelskonzern Spar von Anfang an einigermaßen frostig war. Das liegt vermutlich daran, dass es in dem Einkaufszentrum keinen „Spar“, sondern einen „Merkur“ gibt. Ob das der Grund für die zahlreichen Klagen ist? Im Falle der geheimnisvollen Vereine und Aktionsgemeinschaften lässt sich das nicht klären. Doch bei den juristischen Feldzügen des Konkurrenten Citypark ist der Hintergrund eindeutig: Citypark gehört der Familie Poppmeier – und Fritz Poppmeier sitzt immerhin im Spar-Vorstand. Mehr noch: Seine Familie hält auch Anteile am Handelskonzern.

Halten wir also fest: Die Shoppingcity Seiersberg und der Spar-Konzern sind nicht die besten Freunde. Und daran werden die jüngsten Ereignisse eher wenig ändern.

Seiersberg hat nämlich vor Kurzem den Spieß umgedreht – und den Spar-Konzern geklagt. Der erste Termin vor dem Landesgericht Salzburg naht in Riesenschritten: Am 13. Mai ist es so weit.

Das wird spannend. Denn was dem Spar-Konzern vorgeworfen wird, geht weit über Streitfragen à la Parkplatz- oder Rampenbenützung hinaus. Vielmehr wird dem Lebensmittelhändler vorgeworfen, es mit der Veröffentlichungspflicht von Konzernbilanzen nicht sehr genau zu nehmen.

Dass Kapitalgesellschaften ihren Konzernabschluss beim Firmenbuchgericht einreichen und somit veröffentlichen müssen, ist im Unternehmensgesetzbuch (UGB) geregelt. In der Klage wird angeführt: Zwar sei etwa der Jahresabschluss der „Spar Österreichische Warenhandels-AG“ eingereicht worden – das ist jenes Unternehmen, das das traditionelle Handelsgeschäft in Österreich abwickelt. Nicht veröffentlicht werden allerdings die Bilanzen der Konzernmütter „Holdag Beteiligungsges.m.b.H“ sowie der „Spar Holding AG“. Der konsolidierte Konzernabschluss, in dem das Mutterunternehmen und alle Tochterunternehmen einbezogen sind, bleibt also ein Geheimnis.

Die Shoppingcity Seiersberg sieht darin einen Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb: „Die Beklagten tun dies, um ihre tatsächliche schlechte wirtschaftliche Lage sowohl ihren Kunden als auch ihren Lieferanten gegenüber zu verschleiern.“ Der Spar-Konzern könne damit still und heimlich Geld von einer Tochter zur anderen (etwa Einkaufszentrenbetreibern oder Liegenschaftsfirmen) transferieren. „Die Publizität dieses Umstandes soll verhindert werden.“

Der Vorwurf wiegt natürlich schwer – doch ist da etwas dran? Spar-Sprecherin Nicole Berkmann sagt dazu lediglich: „Spar hat im vergangenen Jahr das beste Ergebnis der Firmengeschichte geschrieben.“ Ansonsten wolle sie zum laufenden Verfahren nichts sagen.

Damit bleiben die Fragen der „Presse“ leider unbeantwortet. Zum Beispiel jene nach der veröffentlichten Bilanz der „Spar Österreichische Warenhandels AG“. Dort findet sich unter „Forderungen an verbundene Unternehmen“ ein recht hoher Betrag: 858 Millionen Euro waren es im Jahre 2011. Ein Jahr davor waren es sogar 934 Millionen Euro. Welche Unternehmen des Konzerns haben das Geld erhalten? Und wieso? Das bleibt unbeantwortet – und mangels veröffentlichtem Konzernabschluss ist das auch nicht zu eruieren.

Es ist jedenfalls jede Menge Geld. Zum Vergleich: Das Spar-Eigenkapital betrug im Jahre 2011 728 Millionen Euro.

Auch Anleger tappen Im Dunklen. Spar begibt regelmäßig Anleihen – im vergangenen Jahr wurden dem Vernehmen nach solcherart rund 200 Millionen Euro aufgenommen. Die Informationen vonseiten des Emittenten sind freilich recht dürftig, weil die Kapitalmarktprospekte nach dem sehr toleranten luxemburgischen Recht veröffentlicht werden.

Die Klagebeantwortung vonseiten des Spar-Konzerns liefert jedenfalls ebenfalls wenig befriedigende Antworten. Darin wird lediglich argumentiert, dass es zwischen der Shoppingcity Seiersberg und den Spar-Holdinggesellschaften kein Wettbewerbsverhältnis gebe. Die Klage wegen unlauteren Wettbewerbs gehe also ins Leere: Es sei „nicht zu sehen, auf welche Weise unser geschäftliches Handeln (...) den Absatz der klagenden Partei beeinträchtigen hätte können.“ Und zur Veröffentlichung des Konzernabschlusses sei man „im Übrigen gar nicht verpflichtet“.

Außerdem wird dem Kläger „schikanöse und rechtsmissbräuchliche Prozessführung“ vorgeworfen. Vor allem der Vorwurf, Spar versuche wirtschaftliche Probleme zu verschleiern, sei rufschädigend. Man behalte sich eine Klage deswegen vor.

Wofür freilich die Geschäftszahlen veröffentlicht werden müssten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2013)

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