In den Bundesländern wollen viele Jugendliche bereits mit 17 den Führerschein machen. Die Wiener sind hier anders.
Wien/Stu. Lange Zeit galt das Auto als Statussymbol, der Weg zur Fahrschule als erste Maßnahme von Jugendlichen, die ihr 18. Lebensjahr vollendet hatten. Das hat sich völlig gewandelt – zumindest in Wien. Wurden in der Bundeshauptstadt zur Jahrtausendwende noch rund 18.000 Neuanmeldungen zu Führerscheinkursen registriert, stagnieren diese seit Jahren bei etwa 13.000. Das hat zwar laut Herbert Wiedermann, Leiter einer Fahrschule im Bezirk Mariahilf und Obmann des Fachverbands Fahrschulen, auch mit den schwächeren Geburtenjahrgängen zu tun, die jetzt 18 Jahre alt werden – aber nicht nur.
Führerschein erst mit 30 Jahren
Bezeichnend für diesen Unterschied zwischen Wien und den Bundesländern: Während Jugendliche außerhalb Wiens so früh wie möglich den Führerschein machen (das ist an der hohen Zahl an 17-Jährigen in den Bundesländern zu sehen, die vorgezogen den Führerschein machen), hinkt Wien hier nach. Das Durchschnittsalter der Fahrschulbesucher in der Bundeshauptstadt liegt laut Wiedermann zwischen 25 und 30 Jahren.
Denn für Wiener ist der Führerschein (im Gegensatz zu den Bundesländern) nicht die Eintrittskarte in die Freiheit, also in die freie Mobilität. Nachdem in Wien die öffentlichen Verkehrsmittel sehr gut ausgebaut sind, es auch in der Nacht Busverbindungen und (an Wochenenden) Nacht-U-Bahnen gibt, absolvieren viele Wiener zuerst ihre Ausbildung (z.B. Studium) und sitzen erst dann in den Fahrschulkursen, wenn es wirklich notwendig ist. Also, wenn der Führerschein die Voraussetzung für den gewünschten Beruf ist. Davor investieren die Wiener Jugendlichen ihr Geld laut Wiedermann lieber in andere Dinge: beispielsweise in teure Smartphones oder Urlaube.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2013)