Sevelda: „Die Neidgesellschaft feiert fröhliche Urständ“

Sevelda
Sevelda (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der neue Chef der Raiffeisen Bank International, Karl Sevelda, erzählt, warum er die Konzerntöchter in den Steueroasen auf den Prüfstein stellt. Sein Vorgänger Stepic soll weiterhin für die Bank arbeiten.

Die Presse: Was ist bei Raiffeisen los? Ihre Bankengruppe sorgte zuletzt für negative Schlagzeilen.

Karl Sevelda: Da befinden wir uns in guter Gesellschaft. Haben Sie in letzter Zeit etwas Positives über Banken gelesen? Die Banken haben heute ungerechtfertigt ein Imagedefizit. Das hängt mit der Krise zusammen, in der einige Banken mit Spekulationsgeschäften viel Unheil angerichtet haben.

Aber: Ihr Vorgänger Herbert Stepic stolperte über Geschäfte in Steueroasen. Der Obmann der Raiffeisen-Holding, Erwin Hameseder, sorgte mit der Abwicklung eines Porsche-Unfalls für Schlagzeilen.

Zu solchen persönlichen Dingen werde ich mich nicht äußern. Nur so viel: Es ist nichts Illegales passiert. Aber wir leben in einem Klima, in dem die Neidgesellschaft fröhliche Urständ feiert. Wenn heute Leistungsträger viel Geld verdienen, fragen sich sofort einige, was der angestellt hat.

Haben Sie mit Stepic über seine privaten Geschäfte gesprochen?

Nein. Ich hatte keine Gelegenheit. Nach meiner Bestellung trat Stepic seinen lang geplanten Urlaub in Tibet an. Dort ist er jetzt.

Arbeitet Stepic künftig für Raiffeisen?

Stepic hat mir zuvor gesagt, er wird weiterhin der Bank zur Verfügung stehen. Er kommt am Montag zurück. Und dann werden wir reden. Stepic steht noch ein Jahr auf der Gehaltsliste und möchte in dieser Zeit voll arbeiten.

Haben Sie Stiftungen oder Konten im Ausland?

Ich habe keine Stiftungen. Ich habe ein Gehaltskonto und ein Depot bei Raiffeisen. Meine Frau ist Schweizerin und hat ein Konto bei der Schweizer UBS, auf das ich auch zur Deckung ihrer laufenden Kosten einzahle.

Wie viel verdienen Sie?

Als Generaldirektorstellvertreter habe ich ein jährliches Fixgehalt von 800.000 Euro. Wie viel ich als Generaldirektor verdienen werde, weiß ich noch nicht.

Wie legen Sie Ihr Geld an?

Derzeit bin ich in der Phase, in der ich Kredite zurückzahle für ein Wochenendhaus in Perchtoldsdorf und Kredite für eine Wohnung, die ich meiner Tochter gekauft habe. Und dann gibt es Kredite für eine Wohnung im vierten Bezirk. Meine Frau hat eine 80 Quadratmeter große Wohnung in der Schweiz, die auch mit Krediten belastet ist.

Was tun Sie, um als Bankchef bodenständig zu bleiben?

Ich habe einen Freundeskreis, der mit der Bank nichts zu tun hat. Meine Freunde machen kritische Anmerkungen und holen mich runter, wenn es notwendig ist.

Raiffeisen steht der ÖVP nahe. Sie waren beim Liberalen Forum und sympathisieren jetzt mit den Neos.

Ich trenne die persönliche politische Überzeugung von der Tätigkeit in der Bank. Ich bin wirtschaftsliberal und stehe dazu. Man sollte ein Gegengewicht setzen zu den Tendenzen, immer sofort nach dem Staat zu rufen. Ich lese in der „Presse“ mit Begeisterung jeden Sonntag die Artikel meines Freundes Franz Schellhorn. Ich bin auch bei der von ihm gegründeten „Agenda Austria“ dabei und vertrete dort die RZB.

Warum hat die RBI Töchter in Steueroasen wie auf den Virgin Islands in der Karibik?

Unsere Töchter in Offshore-Destinationen hängen mit einigen Kundengeschäften zusammen. Das ist eines der Themen, die ich mir ansehen werde.

Wird die Karibik-Tochter geschlossen?

Wir werden das kritisch prüfen. Eine Bank kann sich grundsätzlich nicht gegen gesellschaftliche Trends entwickeln. Bei den Offshore-Geschäften hat ein Umdenken eingesetzt. Früher haben viele geschaut, wo man die Steuerbelastung legal reduzieren kann. Jetzt wird das kritisch hinterfragt.

Die RBI ist in Weißrussland vertreten. Machen Sie Geschäfte mit Diktator Lukaschenko?

Mit der weißrussischen Regierung machen wir keine Geschäfte, aber mit Unternehmen, die dort vertreten sind. Wir beachten dabei alle Sanktionen.

Gibt es für Sie ethische Grenzen?

Wir finanzieren keine Waffenlieferungen und keine Waffenproduktionen außerhalb der EU – und keine Atomkraftwerke. Aber wir machen Geschäfte mit und für Menschen, die leider noch in einer Diktatur leben. Es sagt ja auch niemand, österreichische Firmen dürfen nicht nach China exportieren.

Themenwechsel: Wann macht die RBI eine Kapitalerhöhung?

Wir machen nur eine Kapitalerhöhung, wenn das Marktumfeld für uns vertretbar ist. Das ist beim jetzigen Kurs nicht der Fall. Aber wir werden natürlich die Staatshilfe von 1,75 Milliarden Euro zurückzahlen. Wir prüfen dazu mehrere Varianten.

Ihr Vertrag wurde bis 2017 verlängert. Wie wird die Bank dann aussehen?

Wir sollten dann die angestrebte Eigenkapitalrendite von 15 Prozent erwirtschaften. Am Osteuropa-Fokus wird sich nichts ändern.

Bauen Sie das Asien-Geschäft aus?

Das Asien-Geschäft war immer ertragreich. Nur im Vorjahr haben wir durch Betrugsfälle in China Wertberichtigungen von knapp 40 Millionen Euro bilden müssen.

Mit Ihrer Bestellung zum RBI-Chef änderte sich Ihre Lebensplanung. Sie sind 63 Jahre alt und wollten ursprünglich in zwei Jahren in Pension gehen.

Das stimmt. Zunächst war ich geschmeichelt, als man mir das Angebot gemacht hat. Aber ich war auch ein bisschen besorgt wegen der zeitlichen Belastung. Ich stehe täglich um halb sechs Uhr auf und sitze dann eine halbe Stunde am Ergometer. Mein Arbeitstag dauert schon jetzt 14 bis 15 Stunden. Ich habe daher um eine Woche Bedenkzeit gebeten und mit Freunden und der Familie diskutiert. Aber jetzt bin ich voll kommitiert.

Was ist das Wichtigste an Ihrem Job?

Eine Bank ist ein Dienstleistungsbetrieb. Für mich ist der Mensch das Wichtigste. Man muss Menschen mögen. Das sind meine vier Ms. Auch als Chef möchte ich zwei bis drei Kundengespräche pro Woche führen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2013)

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