Österreichs zweitgrößter Baukonzern ist pleite. Dienstagabend wurden die Verhandlungen mit den Banken abgebrochen. Tausende Jobs sind in Gefahr: Die Alpine beschäftigt 15.000 Mitarbeiter, die Hälfte davon in Österreich.
Wien/APA/red. „Trotz beträchtlicher Unterstützung der finanzierenden Banken und intensiven Bemühungen des Eigentümers ist es wider erwarten nicht gelungen, die Alpine-Gruppe außerhalb eines Insolvenzverfahrens zu sanieren." Mit dieser Pflichtmitteilung am Dienstagabend kündigte der zweitgrößte Baukonzern Österreichs den Gang zum Konkursrichter an. Schon heute wird wohl Konkurs angemeldet werden.
„Auf Grund dieser Entwicklungen ist von einem Insolvenzverfahren der Alpine Holding GmbH auszugehen", hieß es in der offiziellen Aussendung des Unternehmens. Tausende Arbeitsplätze sind nun akut gefährdet.
Es war der dramatische Schlusspunkt eines hektischen Tages, an dem Konzernchef Arnold Schiefer - er ist erst seit 2. April im Amt - versuchte, doch noch das Ruder herumzureißen. Am späten Nachmittag hatte der Chef der Alpine Holding erstmals öffentlich eingeräumt: „Eine Insolvenz kann nicht ausgeschlossen werden."
Handel mit Unternehmensanleihen ausgesetzt
Der Börsenhandel mit den Bonds der Alpine Holding GmbH ist heute, Mittwoch, ausgesetzt worden. Die Orders würden für erloschen erklärt und müssten neu erteilt werden, teilte die Wiener Börse in einer Aussendung mit.
Die Alpine hat drei Unternehmensanleihen im Volumen von 290 Mio. Euro auf dem Markt, die sie seit 2010 aufgelegt hat - die jüngste davon läuft erst seit Mai 2012. Zwei Bonds haben ein Volumen von je 100 Mio. Euro, eine Anleihe umfasst 90 Mio. Euro. Die Anleihen haben eine Laufzeit von fünf Jahren und sind mit 5,25 bzw. 6 Prozent hoch verzinst.
Konzernmutter will kein Geld nachschießen
Seit Wochen verhandelte die Alpine mit Gläubigerbanken und der spanischen Konzernmutter FCC intensiv über eine Weiterführung des Unternehmens. Dass die Alpine mit dem Rücken zur Wand stand, pfiffen die Spatzen längst von allen Dächern. Im Geschäftsjahr 2011 verbuchte der Konzern einen Verlust von 449,7 Millionen Euro. Für 2012 wurde ein Verlust vor Steuern (EBT) von 80 bis 100 Millionen prognostiziert. „Nach jetzigen Schätzungen sind wir um mehr als 80 Millionen Euro vom Plan entfernt", musste Schiefer gestern eingestehen. Die großen Problemzonen liegen vor allem in Südosteuropa und Deutschland.
Noch am Dienstagnachmittag hatte der Manager gute Miene zum bösen Spiel gemacht. „Die Stimmung war nüchtern, aber positiv", erzählte er etwa über das „All-Lenders"-Meeting am Montag, bei dem sich der Konzern wieder einmal mit den Gläubigern und FCC-Vertretern beriet. „Wir haben zumindest positive Signale von beiden Seiten, dass sie sich massiv anstrengen." Zu diesem Zeitpunkt war längst klar, dass der Baukonzern weitere 400 Millionen Euro benötigt. Mindestens 150 davon sollte die FCC aufbringen.
Stunden später waren die positiven Signale verschwunden. Vielmehr wurde wahr, was die „Presse" am 17. Mai berichtete. Dass die spanische Konzernmutter nicht daran denkt, neues Geld nachzuschießen. Am 13. Mai hatte ein Treffen im spanischen Außenministerium in Madrid stattgefunden. Die heikle diplomatische Mission wurde von der österreichischen Botschaft in einem Aktenvermerk protokolliert und umgehend nach Wien geschickt. Darin hieß es: FCC, die bereits mehr als 700 Mio. in die Alpine gesteckt hat und solcherart tausende österreichische Arbeitsplätze gesichert und österreichische Anleihengläubiger vor Verlusten bewahrt habe, sei nicht bereit bzw. auch nicht imstande, für diese weiteren 150 Mio. aufzukommen.
Im Hintergrund haben die Vorbereitungen für eine Zerschlagung des Konzerns längst begonnen. Nun wird versucht, zumindest die gesunden Unternehmensteile, also vor allem das Österreich-Geschäft, zu retten. Dann könnten die Baustellen in Österreich weitergeführt werden. Die Geschäftsführung der Alpine Bau GmbH bereitete gestern einen Antrag auf Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung vor.
22.500 Jobs in Gefahr
Die Alpine beschäftigt 15.000 Mitarbeiter, die Hälfte davon in Österreich. Doch nicht nur diese Arbeitsplätze sind gefährdet. Mit dem Unternehmen verwoben sind weitere 7500 Jobs bei 1500 Subunternehmern und 1500 Lieferanten. Mit dem Konkurs sind nicht nur 50 österreichische und internationale Gläubigerbanken, die Kredite im Ausmaß von 450 Millionen Euro offen haben, betroffen. Auch jene Anleger, die Unternehmensanleihen in Höhe von 290 Millionen Euro gezeichnet haben, müssen um ihr Geld bangen. Auch der Republik droht ein Schaden in Höhe von 150 Millionen Euro, mit diesem Betrag haftet sie für Kredite.
Grund für die dramatische Entwicklung ist zum einen der im Restrukturierungsplan vorgesehene, aber noch nicht gelungene Verkauf von lukrativen Töchtern wie Alpine Energie, Hazet Bau und SUE (Special Underground Engineering) Spezialtiefbau, zu der auch die GPS Engineering gehört. Der Asset-Verkauf hätte heuer 200 Mio. Euro einspielen sollen. Zudem dürfte die Durchleuchtung der Bilanz 2012 noch unbekannte Risiken zu Tage gefördert haben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19. Juni 2013)