4900 Beschäftigte in Österreich von Insolvenz betroffen

 Alpine-Mitarbeiter Insolvenz
Alpine-Mitarbeiter Insolvenz(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Für die von der Pleite betroffenen Alpine-Mitarbeiter sollen Arbeitsstiftungen eingerichtet werden. So können sie bis zu drei Jahre lang Arbeitslosengeld beziehen.Ältere sogar noch länger.

Wien/Hie. Es war „einer der härtesten Tage in meiner 28-jährigen Laufbahn als Betriebsrat“, sagte Hermann Haneder, Zentralbetriebsratschef der Alpine und Präsident der Niederösterreichischen Arbeiterkammer, am gestrigen Mittwoch. Nicht nur gemessen an den Schulden, auch an der Zahl der Mitarbeiter ist die Pleite des Salzburger Baukonzerns eine der größten in der Geschichte der Zweiten Republik. Und für einige seiner 15.000 Mitarbeiter – davon etwa 7500 in Österreich – bedeutet die Pleite wohl den sicheren Schritt in die Arbeitslosigkeit.

Wie viele der Beschäftigten ihren Job verlieren ist ungewiss. Laut Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) seien zum derzeitigen Zeitpunkt in Österreich 4900 Beschäftigte betroffen, so Hundstorfer nach einer eilig einberufenen Krisensitzung mit Betriebsrat und Arbeitsmarktservice (AMS). Davon dürften nicht alle, aber auf jeden Fall ein Teil arbeitslos werden. Alle anderen Zahlen, die im Raum stünden, seien zur Stunde noch nicht verifizierbar. Er gehe davon aus, dass die Zahlen so bleiben, so Hundstorfer.

Die 4900 Beschäftigten seien sowohl Arbeiter und Angestellte als auch Lehrlinge. Einige der Beschäftigten arbeiteten im Ausland. Der Lohn für die Arbeiter sei bis zum 15. Juni ausbezahlt worden, die Angestellten hätten ihr Gehalt bis zum 31. Mai bekommen. Ab dann springt der Insolvenzentgeltfonds für die gesamten Ansprüche ein (siehe nebenstehender Artikel). Bis die Beschäftigten nach ihrer Kündigungsfrist – bei Angestellten bis zu sechs Monate – in die Arbeitslosigkeit übergehen.

Für jene, die ihre Jobs verlieren, sollen innerhalb eines Monats Arbeitsstiftungen eingerichtet werden – in allen Bundesländern außer in Vorarlberg, wo es keine Alpine-Beschäftigten gibt. In der Stiftung erhalten sie Arbeitslosengeld, bei Bedarf bis zu drei Jahre lang. Für Menschen, die über 50 Jahre alt sind, zahlt das Arbeitsmarktservice unter Umständen sogar länger.

Auch Subfirmen und Zulieferer betroffen

Sie können Weiterbildungen machen und sich umschulen lassen und werden bei der Jobsuche unterstützt. Wer die Stiftung finanziert, ist Verhandlungssache: Oft zahlt das Unternehmen selbst mit – und auch die Bundesländer. Im Vorjahr waren laut AMS durchschnittlich 5400 Menschen pro Monat in Arbeitsstiftungen, die Kosten dafür betrugen im Gesamtjahr 64 Mio. Euro.

Die Pleite trifft aber nicht nur jene, die direkt im Konzern beschäftigt sind. Mit der Alpine verwoben sind weitere 7500 Arbeitsplätze bei etwa 1500 Subunternehmen und 1500 Lieferanten. Bei einigen der Betriebe dürfte die Alpine für einen Großteil des Auftragsvolumens stehen. „Wir können derzeit nicht sagen, zu wie vielen Folgeinsolvenzen das führen wird“, so Hundstorfer.

Besonders stark von der Pleite betroffen sind die Bundesländer Oberösterreich, Niederösterreich, die Steiermark und Wien. Laut ersten Schätzungen der niederösterreichischen Landesregierung sind neben 800 direkten Arbeitsplätzen im Konzern rund 160 Zulieferbetriebe mit rund 2400 Mitarbeitern betroffen. Laut AMS-Chef Kopf ist ein Drittel der Alpine-Mitarbeiter angestellt und zwei Drittel sind Arbeiter.

Pleite im Sommer „Glück im Unglück“

Der Zeitpunkt der Insolvenz dürfte auch mit der Fälligkeit des Urlaubsgeldes zu tun haben. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bezeichnete es als „Glück im Unglück“, dass die Pleite in die Sommermonate fällt: Weil angesichts der offenen Baustellen die Chance steige, dass Beschäftigte von anderen Firmen übernommen würden, wie Mitterlehner zur APA sagte.

Unterdessen hat der österreichische Baukonzern Porr Interesse an Teilen der Alpine angemeldet. Österreichs größter Baukonzern, die Strabag, hat aus kartellrechtlichen Gründen bereits abgewinkt. Nicht alle Alpine-Gesellschaften sind von der Insolvenz betroffen.

Auf einen Blick

In allen Bundesländern außer in Vorarlberg sollen Arbeitsstiftungen für die von der Alpine-Pleite betroffenen Beschäftigten eingerichtet werden. Von dort aus werden Weiterbildungen organisiert, die Betroffenen erhalten Arbeitslosengeld. Im Vorjahr waren laut Daten des Arbeitsmarktservice (AMS) durchschnittlich 5400 Menschen im Monat in Arbeitsstiftungen. Die Kosten dafür betrugen für das Gesamtjahr 2012 64 Millionen Euro.
Die Arbeiter bei der Alpine haben noch bis Mitte Juni ihren Lohn bekommen, die Angestellten bis Ende Mai.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2013)

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