Alpine: Banken kommen mit blauem Auge davon

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THEMENBILD: BANK AUSTRIA SCHLIESST EIN DRITTEL DER NIEDERLASSUNGENAPA/GEORG HOCHMUTH
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Die Auswirkungen der Alpine-Pleite auf die Banken sind gering. Die größten Kreditgeber sind Bank Austria und Erste Bank. Diese können aber einen Teil der Alpine-Risken auf den Steuerzahler abwälzen.

Wien. Die Alpine-Pleite trifft jeden Österreicher: Schuld daran ist ein im Sommer 2009 verabschiedetes Gesetz, wonach der Staat im Zuge der Wirtschaftskrise Haftungen für Bankkredite übernimmt. Daher kommen die Finanzkonzerne beim Alpine-Debakel mit einem blauen Auge davon.

Die größten Kreditgeber sind Bank Austria und Erste Group. Laut „Presse“-Informationen waren diese zuletzt mit jeweils etwas weniger als 100 Millionen Euro bei der Alpine engagiert. Beide Institute wollen das Volumen weder bestätigen noch dementieren. Sie versichern aber, dass die Pleite keine nennenswerten Auswirkungen auf das diesjährige Ergebnis haben wird. „Wir haben schon im vierten Quartal 2012 in Abstimmung mit dem Wirtschaftsprüfer ausreichende Risikovorsorgen gebildet, die auch ein Scheitern der Restrukturierungsbemühungen inkludieren“, sagte ein Bank-Austria-Sprecher zur „Presse“. Auch die Erste Group sorgte in der Vorjahresbilanz vor.

Staatshilfe auch für Wirtschaftsbetriebe

Die Gelassenheit der Banken hat noch einen anderen Grund: Sie können im Gegensatz zu den Lieferanten einen Teil der Risken auf den Staat abwälzen. Und das kam so: Als die Finanz- und Wirtschaftskrise im Herbst 2008 ihren Höhepunkt erreichte, stellte der Staat den österreichischen Banken Milliarden Euro zur Verfügung. Kurz danach schrie auch die Wirtschaft nach Staatshilfe.

Viele Unternehmen jammerten, dass sie von der Politik im Stich gelassen würden. Daher beschlossen SPÖ und ÖVP ein Gesetz mit dem sperrigen Namen „Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz“ (ULSG). Die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer zeigten sich darüber erfreut.

In Summe übernahm der Staat für Kredite, die Banken damals an große Firmen vergaben, Haftungen von 1,4 Milliarden Euro. Die Bewilligung erfolgte über ein Gremium, dem Vertreter mehrerer Ministerien angehörten. Das gesamte Kreditvolumen belief sich auf 2,5 Milliarden Euro. Denn die Deckungssumme des Bundes lag zwischen 30 und 70 Prozent. Für den Rest mussten die Banken geradestehen.

Bund haftet für 150 Millionen Euro

Bei der Alpine reichten die Finanzinstitute einen Kredit von 300 Millionen Euro ein. Der Staat bürgte für die Hälfte und muss jetzt den Banken nach der Pleite 150 Millionen Euro überweisen. Die Alpine ist übrigens der erste Schadensfall, bei dem der Bund über das ULSG-Gesetz zum Handkuss kommt. Alle anderen Firmen haben bislang ihre Schulden getilgt. Das kann sich aber noch ändern. Denn von den staatlichen Haftungen von 1,4Milliarden Euro sind noch 700 Millionen Euro ausständig.

Bei der Alpine ist der Masseverwalter gerade dabei, sich einen Überblick über das Desaster zu verschaffen. Doch eines steht bereits fest: Nicht die Banken, sondern die Zulieferer und Subunternehmen sind die Hauptbetroffenen der größten Pleite in der österreichischen Nachkriegsgeschichte.

Die Alpine ist mit 1,9 Milliarden Euro überschuldet. Die größte Gläubigergruppe sind Lieferanten und Subfirmen. Schätzungen zufolge entfallen auf sie weit mehr als eine Milliarde Euro. Den genauen Betrag wird man erst in den nächsten Wochen erfahren. Bis 16.August können die Gläubiger ihre Forderungen anmelden. Ihnen wird laut Sanierungsplan nur eine Quote von 20 Prozent, zahlbar binnen zwei Jahren, geboten.

Die Bankverbindlichkeiten bei der Alpine lagen zuletzt bei 450 Millionen Euro, wobei die Finanzinstitute Anfang März schon auf 150 Millionen Euro verzichteten. Von den jetzigen 450 Millionen Euro bekommen die Geldhäuser – wie zuvor erwähnt – 150 Millionen Euro vom Staat abgegolten.

Zudem hat die Finanzbranche aus vergangenen Pleiten gelernt. Bei großen Konzernen wie der Alpine werden die Risken untereinander aufgeteilt. So unterhielt der Salzburger Baukonzern Geschäftsbeziehungen zu 48 Finanzinstituten aus dem In- und Ausland. Die staatliche Hypo Alpe Adria etwa gewährte der Alpine noch vergangenen Herbst einen Kredit von 25 Millionen Euro.

Von der Pleite sind weiters tausende Kleinanleger betroffen, die Alpine-Anleihen im Volumen von 290 Millionen Euro gezeichnet haben. Der Baukonzern lockte hier mit Zinsen von 5,25 beziehungsweise sechs Prozent pro Jahr. Die Investoren dürften einen Großteil des Geldes verlieren.

Porr muss Anleihe verschieben

Die Probleme bei der Alpine wirken sich jetzt auf den Rivalen Porr aus. Dieser musste eine für Anfang Juli geplante Unternehmensanleihe von 150 Millionen Euro auf unbestimmte Zeit verschieben. Laut Porr-Angaben brauche man das Geld „nicht aktuell“. Im Vorjahr hat der Alpine-Konkurrent eine Anleihe aufgelegt, die mit 6,25 Prozent verzinst war.

Wie es mit dem Österreich-Geschäft der Alpine und den tausenden Jobs weitergeht, ist unklar. Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) hofft, dass bis Montag eine Auffanggesellschaft für Teile des insolventen Konzerns zustande kommt. So könnten viele Jobs gesichert werden. Insidern zufolge sollen die Chancen dafür aber schlecht stehen. Damit dürfte sich die Lage für die betroffenen Mitarbeiter weiter verschlimmern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2013)

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