Plansee: Vom „Ende der Welt“ nach China

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Plansee beliefert Siemens und Sony. Das Unternehmen beschäftigt in China rund 1000 Menschen. Tirol bleibt man treu, trotz Ärger über die Sozialpartner

Breitenwang. „Das ist selbst für uns Tiroler am Ende der Welt“, sagt eine Innsbrucker Journalistin. Am Donnerstag waren sie dann doch alle in Breitenwang bei Reutte. Alle wichtigen Tiroler Medien lauschten den Worten von Michael Schwarzkopf, dem Eigentümer und Geschäftsführer der Plansee Gruppe. Einmal im Jahr lädt er zur Pressekonferenz. Nicht in Innsbruck, nicht in Wien, sondern dort, wo seine böhmischen Vorfahren den Grundstein für einen Weltkonzern gelegt haben.

„Hochleistungswerkstoffe“ werden hier produziert. Für Maschinenbau, Unterhaltungselektronik, Medizintechnik. In vielen Geräten des täglichen Gebrauchs steckt Plansee drinnen. Doch steht Siemens, General Electric oder Sony drauf. 2000 Menschen haben am „Ende der Welt“ Arbeit. Seit mehr als zehn Jahren hat sich die Zahl der Beschäftigten kaum verändert. Der Umsatz hat sich seither verdoppelt. Und nimmt man alle 34 Produktionsstandorte des Unternehmens samt allen Beteiligungen zusammen, so beschäftigt das Tiroler Familienunternehmen 8900 Menschen weltweit. Davon allein 1000 in China.

Die Zukunft liegt in China

Plansee steht vor allem für zwei Metalle: Molybdän und Wolfram. Sehr hart, sehr widerstandsfähig. Wichtige Komponenten im Maschinenbau, in der Automobil- und Bauindustrie. Immer bedeutender in der Medizintechnik und im Energiebereich.

1,2 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete das Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr. Um 19 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der Grund: Man hat sich aus dem Automobilbereich teilweise zurückgezogen. Dennoch sei es „das zweitbeste Geschäftsjahr“ in der Firmengeschichte gewesen, erzählt Schwarzkopf. Gewinnzahlen nennt er nie. Nur so viel: „Jeder Mitarbeiter in Breitenwang erhielt 1600 Euro Gewinnbeteiligung.“ Damit seien die Leute durchaus zufrieden gewesen, erzählt er, obwohl es schon üppigere Ausschüttungen gegeben hat.

Vor zehn Jahren produzierte Plansee 76 Prozent für den europäischen Markt. Heute sind es 48. „Und irgendwann werden es 30 Prozent sein“, sagt Schwarzkopf. Denn Amerika und Asien sind die Märkte der Zukunft. Wichtigste Absatzländer sind die USA, Deutschland, Japan und China. Vor allem China gewinne rasant an Bedeutung.

Trotzdem steckte Plansee im abgelaufenen Geschäftsjahr knapp 50 Millionen Euro in die Konzernzentrale. Das waren 40 Prozent der weltweiten Investitionen. Es wirkt alles ein bisschen zusammengestoppelt. Ein Fabriksgelände in den Bergen, die Zugspitze in Sichtweite. Da wird jeder Quadratzentimeter genutzt. 1500 Einwohner zählt Breitenwang. Eine der reichsten Gemeinden Österreichs übrigens. Idyllisch, wenn nicht gerade der Betriebsrat bockt. Auf den ist Schwarzkopf eher nicht so gut zu sprechen. Im Vorjahr gab es Warnstreiks. Noch mehr ärgert sich der Konzernchef nur über die Sozialpartner. In die habe er „überhaupt keine Erwartungen mehr“. „Ich weiß nicht, warum es die gibt. Wir reden über Innovation, die wissen gar nicht, wie man das schreibt.“

Konjunktur wird sich nicht erholen

Schwarzkopf ärgern die Kollektivvertragsverhandlungen, bei denen über Flexibilisierung nur geredet wird, aber mehr nicht. Dabei brauche es einen längeren, mehrjährigen Durchrechnungszeitraum, um auf Produktionsschwankungen reagieren zu können. Aktuell hilft er sich mit Zeitarbeitern aus. Eine Lösung, die weder der Gewerkschaft noch ihm besonders sympathisch ist.

Die Konjunktur werde sich in absehbarer Zeit nicht verbessern, meint Schwarzkopf. Organisches Wachstum sei deshalb in erster Linie durch Innovation möglich. „29 Prozent unseres Umsatzes erzielen wir mit Produkten, die jünger als fünf Jahre sind“, erzählt er. Wie begehrt Plansee-Technologie ist, musste er vor einigen Jahren schmerzhaft erfahren. Plansee wurde Opfer von Industriespionage. Seither ist das Firmenareal noch hermetischer abgeriegelt, als es ohnehin schon war. Das Team vom ORF-Landesstudio muss sich mit Außenaufnahmen begnügen. Reicht völlig für den jährlichen Beitrag vom Ende der Welt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2013)

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