Dayli-Insolvenz: Haberleitner, der Kaputtsanierer?

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Haberleitner Kaputtsanierer(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Immer mehr mutmaßliche Sanierungsopfer von Rudolf Haberleitner treten an die Öffentlichkeit. Für Dayli kommen die warnenden Stimmen reichlich spät.

Wien. Der Schicksalstermin für die insolvente Drogeriekette Dayli rückt näher. Am Freitag will Masseverwalter Rudolf Mitterlehner bekannt geben, ob die Fortführung der Filialen ohne weiteren Verlust derzeit möglich ist, oder ob 3400 Mitarbeiter ihren Job verlieren.

Wenig vertrauenserweckend ist, was Ö1 über den neuen Eigentümer von Dayli, Martin Zieger, zu berichten wusste. Dessen Firma, die ICU Unternehmensberatung, soll eine negative Eigenkapitalquote von 460Prozent haben. Wie ebenfalls am Dienstag bekannt wurde, soll die Italien-Tochter von Dayli heute, Mittwoch, in Udine Konkurs anmelden. In den Firmenkassen seien nur noch 850.000 Euro übrig geblieben, hieß es.

Seit Dayli in Schieflage geraten ist, treten immer mehr Menschen an die Öffentlichkeit, die mit Rudolf Haberleitner als Sanierer negative Erfahrungen gemacht haben („Die Presse am Sonntag“ berichtete). Jetzt hat sich auch Helmut Lindpointner, ehemals Geschäftsführer des gleichnamigen Garagentorherstellers, mit schwerwiegenden Vorwürfen an die „Presse“ gewandt. Haberleitner war 1988 ein Jahr lang Geschäftsführer der Firma. In jener Zeit habe er Lindpointner derart heruntergewirtschaftet, dass diese 1990 verkauft werden musste.

Haberleitner als „externer Fachmann“

Das 1948 von Helmut Lindpointners Vater Ludwig gegründete Linzer Familienunternehmen sei zu dem Zeitpunkt, als Haberleitner das Ruder übernahm, eine solide geführte Firma mit 40 Prozent Marktanteil, vollen Auftragsbüchern und fast 100 Prozent Eigenkapital gewesen. Von einem Sanierungsfall also keine Rede. Warum man dann einem externen Manager die Geschäftsführung überlassen habe? „Einige der Familiengesellschafter sind nervös geworden, weil die Gewinne durch Investitionen in eine neue Produktlinie zurückgegangen sind“, schildert Lindpointner. „Sie meinten, ein externer Fachmann könne besser beurteilen, ob sich Strukturfehler eingeschlichen haben, die die Familie wegen Betriebsblindheit nicht erkennen konnte.“

Haberleitner schien für diesen Job der richtige Mann. „Er kam ins Haus und machte einen sehr kompetenten Eindruck. Er versprach, unseren Umsatz in kurzer Zeit zu verdoppeln“, erinnert sich Lindpointner. Als erste Maßnahme kündigte Haberleitner 22bewährte Außendienstmitarbeiter, die seiner Meinung nach zu teuer waren. Über Inserate habe er neue Vertreter ohne Know-how rekrutiert. „Teilweise wurden sogar Bäcker aufgenommen und in Kurzschulungen angelernt“, sagt Lindpointner. Die Folge: Wegen fehlerhafter Bestellangaben mussten unzählige Tore zurückgenommen und neu produziert werden. Händler hätten sich abgewandt, weil sie kein Vertrauen in die neue Verkaufsmannschaft mehr hatten.

Der zweite „Coup“, den Haberleitner landete: Er eröffnete eine Niederlassung in den USA. Die Amerikaner würden europäisches Handwerk sehr schätzen, argumentierte er, auch zu hohen Preisen. Zwar wurden tatsächlich Tore in die USA geliefert. Wie Lindpointner aber bei einem Besuch der Zweigstelle herausfand, handelte es sich dabei um Scheinbestellungen. Tatsächlich wurden nur zwei Tore in den USA verkauft. Als das herauskam, habe Lindpointner seine Familie von der Unfähigkeit Haberleitners überzeugen und eine fristlose Entlassung erwirken können. Zu dem Zeitpunkt hatte das bis dato profitable Unternehmen 50 Millionen Schilling Schulden (3,6 Millionen Euro) angehäuft. „Hätten wir Haberleitner aber noch ein weiteres Jahr gewähren lassen, wäre die Firma konkursreif gewesen“, ist Lindpointner überzeugt. Verunsichert von den Schulden habe man sich 1990 zu einem Verkauf entschlossen.

Haberleitner: „Alles Lüge“

„Dayli war wie eine Wiedergeburt des Herrn Haberleitner in meiner Erinnerung“, sagt Lindpointner. „Ich bin lange nicht über das Firmenschicksal hinweggekommen.“ Eine Klage gegen Haberleitner habe er zwar erwogen, sich dann aber dagegen entschieden. „Unternehmerische Fehlentscheidungen sind nicht einklagbar, wenn man keinen Vorsatz nachweisen kann.“ Haberleitner weist die Vorwürfe entschieden zurück: „Alles Lüge.“ Das USA-Geschäft sei gut gelaufen, habe „eingeschlagen wie eine Bombe“. Heruntergewirtschaftet hätten die Firma die Lindpointners selbst.

Bleibt die Frage, warum die warnenden Stimmen sich erst jetzt zu Wort melden. Für Schadensbegrenzung bei Dayli ist es zu spät.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2013)

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