Felderer: "Schulden reduzieren ist ein blutiges Geschäft"

Felderer Schulden reduzieren blutiges
Felderer Schulden reduzieren blutiges(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Politik spielt bei der Hypo Alpe Adria auf Zeit und erkauft sich ein letztes „schönes“ Budget. „Der große Brocken kommt aber noch“, warnt Bernhard Felderer, Chef des Staatsschuldenausschusses

Wien/Auer. Wenn der Staatsschuldenausschuss der Republik Österreich zu Lachsbrötchen, Schweinsbraten und Spinattörtchen lädt, gibt es offenbar etwas zu feiern. Und tatsächlich: Trotz Wirtschaftsflaute lag das Budgetdefizit im Vorjahr nur bei 2,5 Prozent. Das ist nicht nur weniger als im EU-Schnitt, sondern auch niedriger, als von den Ökonomen erwartet.

Aber es gibt einen guten Grund, den Champagner lieber noch im Kühlregal zu lassen. Denn ganz richtig sind diese „schönen“ Zahlen leider nicht. Die Regierung hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um drohende Belastungen in die Zukunft zu verschieben. Zumindest bis zu den Wahlen im Herbst ist ihr das auch gelungen.

„Der große Brocken kommt aber noch“, warnt Bernhard Felderer, Chef des Staatsschuldenausschusses bei der Präsentation des Berichts über die Öffentlichen Finanzen 2012. Was er meint, sind die drohenden Milliardenzahlungen, die im Zusammenhang mit der notverstaatlichten Hypo Alpe Adria auf Österreich zukommen. Bis Jahresende muss eine Lösung für die Pleitebank stehen, sonst kann sie nicht bilanzieren und der Staat müsste direkt Geld zuschießen. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) wehrte sich bis zuletzt gegen den Vorschlag, die Bank in eine „gute“ und eine „schlechte“ zu trennen. Denn auch dann hätten ihr die „faulen Kredite“ in der Bad Bank das Budget verhagelt.

Lohnsteuer muss gesenkt werden

Auf die Frage, ob Maria Fekter mit ihrer Verzögerungstaktik die Kosten für die Steuerzahler erhöht habe, bleibt Felderer diplomatisch. „Bei der Hypo Alpe Adria gibt es kaum jemanden, der keine Fehler gemacht hat.“ Wie stark die Bank die Republik letztlich belasten wird, wollte er nicht abschätzen.

Klar ist: Mit diesem Damoklesschwert ist das geplante Budgetdefizit spätestens für 2014 stark gefährdet. Und auch abseits der Hypo Alpe Adria gibt es gute Gründe, ein wenig leiser zu treten. Der Fiskus konnte sich zwar trotz einer Quasistagnation im Vorjahr über rasch steigende Einnahmen freuen (plus 6,4 Mrd. auf 150,9 Mrd. Euro). Noch ambitionierter als Geld eingenommen, haben es Bund, Länder und Gemeinden ausgegeben. Die Gesamtausgaben stiegen um 4,4 Prozent (6,8 Mrd.) auf 158,6 Mrd. Euro. Der Großteil der Zusatzausgaben entfiel mit 3,1 Mrd. auf die Bankenhilfe.

Unter dem Strich gab die Republik im Vorjahr knapp acht Milliarden mehr aus, als sie eingenommen hat. Weil auch Politiker das Geld irgendwo hernehmen müssen, stieg der Schuldenstand auf 227,4 Mrd. Euro oder 73,4 Prozent des BIPs. Rechnet man ausgelagerte Verbindlichkeiten ein (für die der Staat auch geradestehen muss), liegt die Quote über 90 Prozent. Laut Maastricht-Vertrag dürfte die Staatsverschuldung in Eurostaaten höchstens 60 Prozent des BIPs ausmachen.

Mit diesem Tempo der Ausgabensteigerung sei der Konsolidierungspfad, den die EU Österreich bis 2017 vorgeschrieben hat, kaum zu erreichen, warnte Felderer. Dennoch sei in seinen Augen kein Sparpaket notwendig. „Schulden reduzieren ist ein blutiges Geschäft.“ Wenn bereits beschlossene Gesetze im Gesundheitswesen wirklich eingehalten würden und etwa eine Reform im Förderwesen komme, müsste es reichen. Erst wenn Österreich ein ausgeglichenes Budget habe, seien dringend notwendige Senkungen der Lohnsteuer finanzierbar. Von der Idee, sich den Spielraum etwa über die Einführung von Vermögensteuern zu schaffen, hält er wenig. Erstens bringe das nicht ansatzweise genug Geld. Zweitens überhole Österreich schon heuer Schweden wieder als das Land mit der vierthöchsten Steuer- und Abgabenquote in Europa.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2013)

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