ÖBB-Krankenstände steigen wieder an

ÖBB Krankenstaende
ÖBB Krankenstaende(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Durch die Abschaffung der „organisatorischen Frühpensionierungen“ erhöht sich das Pensionsantrittsalter der Eisenbahner wie geplant. Sie werden jedoch auch älter und kränker.

Wien/Jaz. Noch vor zwei Jahren war es bei der heimischen Staatsbahn üblich, dass Mitarbeiter mit nur knapp über 50 aus „organisatorischen Gründen“ in die Frühpension geschickt wurden. Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter lag dadurch bei lediglich 52,3 Jahren, wie der Rechnungshof 2009 feststellte. „Das war das einzige Restrukturierungsinstrument, das die ÖBB hatten. Aber es sorgte berechtigterweise für große öffentliche Empörung“, so ÖBB-Chef Christian Kern am Montag vor Journalisten. Daher wurden die betriebsbedingten Frühpensionierungen per 2012 endgültig abgestellt.

Der gewünschte Effekt wurde so erzielt. Das Pensionsantrittsalter steigt an. 2012 gingen – gesunde – ÖBB-Mitarbeiter im Schnitt mit 59,4 Jahren in Pension. Bis 2016 soll das Antrittsalter wie gesetzlich vorgesehen auf 61,5 Jahre erhöht werden. Diese an sich erfreuliche Entwicklung stellt die ÖBB jedoch vor ein neues gravierendes Problem: die Überalterung.

Junge Eisenbahner fehlen

„Uns fehlen jetzt einfach die Jahrgänge, die nun regulär in Pension gehen würden“, so Kern weiter. Daher gäbe es trotz einer gewissen Fluktuation nur wenig Plätze für die Aufnahme junger Mitarbeiter. Und da bei der Bahn seit 1990 die Zahl der Köpfe von 65.000 auf knapp unter 40.000 reduziert wurde, ist der Anteil der unter 40-Jährigen schon heute sehr gering (siehe Grafik). Der Effekt ist ein deutlicher Anstieg des Durchschnittsalters in den kommenden Jahren. „Heute sind etwa sieben Prozent aller Mitarbeiter über 55 Jahre alt. Im Jahr 2020 werden es bereits rund 38 Prozent der Mitarbeiter sein“, sagt Kern.

Dies führt laut Kern zu höheren Personalkosten und einer somit schlechteren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Konkurrenzunternehmen – etwa im Busbereich. Allerdings dürfte sich das steigende Alter auch in einem anderen Bereich bemerkbar machen: bei den Krankenständen.

So verzeichnen die ÖBB-Mitarbeiter zurzeit im Schnitt 19 Krankenstandstage pro Jahr, wie eine Nachfrage der „Presse“ ergeben hat. Dies ist zwar weniger als im Jahr 2001, für das der Rechnungshof eine Anzahl von 26 Tagen ermittelt hat – aber mehr als 2009, als die jährlichen Krankenstände bei nur noch 17 Tagen gelegen sind. Zum Vergleich: ASVG-Versicherte sind hierzulande im Schnitt 13 Tage pro Jahr krank. Allerdings hat diese Zahl eine statistische Unschärfe, da Firmen nicht verpflichtet sind, Krankenstände unter drei Tagen an die Krankenkassen zu melden.

ÖBB Krankenstaende
ÖBB Krankenstaende(C) DiePresse

Statistik wurde „verbessert“

Die genauen Gründe für das Wiederansteigen der Krankenstände kann man bei den ÖBB auch nicht nennen. Allerdings dürfte das steigende Durchschnittsalter naturgemäß damit zu tun haben, so die Vermutung. Hinter vorgehaltener Hand wird jedoch auch noch ein zweiter Grund genannt: das Ende der organisatorischen Frühpensionierungen. Früher seien nämlich auch dauerhaft kranke Mitarbeiter über diese Methode in den Ruhestand verschoben worden, was die Statistik verbessert hat.

„Wir haben bei unseren Krankenstandstagen ein stabil hohes Niveau. Und das ist unbefriedigend“, so auch ÖBB-Chef Kern. Er will daher zusammen mit der Eisenbahnerversicherung VAEB die Gesundheitsförderung und „betriebliche Wiedereingliederung“ von länger im Krankenstand befindlichen Mitarbeitern forcieren. Konkret sollen alle Mitarbeiter angesprochen werden, die länger als 30 Tage am Stück krank waren. Ihnen soll ein persönlicher „Case Manager“ zur Seite gestellt werden, mit dem ein Reintegrationsplan entwickelt sowie eine Verbesserung der Arbeitsumgebung erwirkt werden soll.

„All dies wird jedoch nur auf freiwilliger Basis erfolgen“, so Kern. Eine Situation wie vor rund fünf Jahren, als von Mitarbeitern Krankendaten verlangt wurden, dürfe es nicht mehr geben. Er hoffe jedoch, dass möglichst viele Mitarbeiter das Angebot annehmen. Für die Bahn geht es laut Kern dabei auch um ein gutes Geschäft. So würde jeder in Gesundheitsförderung investierte Euro die Kosten um 1,2 bis 1,4 Euro senken. „Ein Krankenstand kostet uns im Schnitt 166 Euro pro Tag“, so Kern.

Auf einen Blick

Seit 2012 gibt es bei den ÖBB keine organisatorischen Frühpensionierungen mehr. Das Pensionsantrittsalter stieg daher wie geplant an. Gleichzeitig werden die Eisenbahner im Schnitt älter. 2020 sollen bereits fast 40Prozent über 55 Jahre alt sein. Ein Effekt davon sind steigende Krankenstände.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2013)

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