Schienenkartell: Voestalpine kommt glimpflich davon

Schienenkartell Voestalpine
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Mit 6,4 Mio. Euro Strafe ist auch das zweite Kapitel im Verfahren über das Schienenkartell für die Voest beendet. ThyssenKrupp muss 88 Mio. zahlen.

Wien/Linz/Auer. Der Linzer Stahlkonzern Voestalpine kassiert eine letzte Strafe wegen illegaler Preisabsprachen auf dem deutschen Schienenmarkt. Das Bundeskartellamt verurteilte das österreichische Unternehmen zur Zahlung von 6,4 Millionen Euro, weil es kommunalen Verkehrsbetrieben, Industriekunden und Bauunternehmen jahrelang überteuerte Schienen geliefert hat. Mit diesem Urteil für das Kapitel „Privatmarkt“ ist das Verfahren bei der deutschen Wettbewerbsbehörde wegen des Schienenkartells abgeschlossen.

Wie berichtet, hat die Voestalpine gemeinsam mit Branchenkollegen von 2001 bis 2011 die Preise für Schienen, Schwellen und Weichen auf dem deutschen Markt abgesprochen. Das Unternehmen, das den jeweiligen Auftrag erhalten sollte, wurde in dem Vergabeverfahren zum Teil auch als „Spielführer“ bezeichnet. Diese Firma habe den anderen die Preise vorgegeben, die diese dann in ihren Scheinangeboten nannten.

Linzer brachten Fall ins Rollen

Der größte Leidtragende dieses Klubs der „Schienenfreunde“, wie sich das Kartell nannte, war die Deutsche Bahn. Sie soll hunderte Millionen Euro zu viel bezahlt haben. 2011 flog das Kartell auf, seither läuft das Verfahren des Bundeskartellamts, das am Montag beendet wurde.

Für die Voestalpine, die erst durch die Übernahme eines deutschen Unternehmens Mitglied im Schienenkartell wurde, endet die Causa vergleichsweise glimpflich. Schon im ersten Verfahren wegen überteuerter Lieferungen an die Deutsche Bahn musste das Linzer Unternehmen „nur“ 8,5 Millionen Euro bezahlen. ThyssenKrupp, der mutmaßliche Rädelsführer im Kartell, wurde damals zu 103 Millionen und diesmal zu 88 Millionen Euro Strafe verurteilt.

Für die Voest konnte „weit größerer Schaden abgewendet werden“, sagte der Voest-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Eder. Seine offensive Strategie ging voll auf: So waren es die Linzer selbst, die die Ermittlungen ins Rollen brachten. Relativ rasch nach der Übernahme startete der Konzern interne Ermittlungen und erstattete bald Selbstanzeige. Der erhoffte Status als Kronzeuge wurde den Linzern im Kartellverfahren weitgehend gewährt.

Zudem hat die Voestalpine im Frühjahr als einziges Mitglied im Schienenkartell bereits die Schadenersatzansprüche der Deutschen Bahn beglichen. Die kolportierte Zahlung von 50 Millionen Euro wurde jedoch nie bestätigt. In Summe fordert die Deutsche Bahn 550 Millionen Euro Schadenersatz und 300 Millionen Euro an Zinsen von den „Schienenfreunden“. Den Löwenanteil will sich das Unternehmen bei ThyssenKrupp holen.

205 Mio. Rückstellung sind genug

Für die Linzer ist das Kapitel Schienenkartell hingegen fast ausgestanden. Aber eben nur fast: Denn so wie die Deutsche Bahn werden nun auch die kommunalen Verkehrsbetriebe sowie die geschädigten Industrie- und Baufirmen Schadenersatz fordern. Voest-Chef Eder erwartet eine „Auseinandersetzung von ähnlicher Komplexität wie jene mit der Deutschen Bahn“.

Für die Bilanz gibt er jedoch Entwarnung: Die im März 2012 gebildete Rückstellung über 205 Mio. Euro sei ausreichend. Eingerechnet sind da nicht nur die Kartellstrafen und die Schadenersatzzahlungen, sondern auch die Schließung des Voest-Schienenwerks in Duisburg. Die Anleger reagierten positiv auf das Urteil. Nach Bekanntgabe der Strafe stiegen die Papiere deutlich an, gaben im Verlauf des Tages aber wieder nach.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2013)

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