Die Zahl der Menschen ohne Job stieg im Juli um zwölf Prozent auf rund 320.000. Dabei sind die Pleiten von Alpine und Dayli noch gar nicht eingerechnet.
Wien/Hie. „Die Zahlen sind wirklich schlecht“, sagte Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice Österreich (AMS), zu den aktuellen Arbeitsmarktdaten. Schlecht, aber leider nicht überraschend: Wegen der Wirtschaftsflaute gehen die heimischen Ökonomen davon aus, dass die Arbeitslosigkeit noch bis ins nächste Jahr hinein hoch bleibt. Im Juli waren in Österreich 320.337 Menschen arbeitslos – um zwölf Prozent mehr als im Juli des Vorjahres. Davon waren knapp 64.000 in Schulungen. Die Arbeitslosenquote (nationale Definition) betrug 6,7 Prozent. Im Juni waren es 6,5 Prozent, im Juli des Vorjahres sechs Prozent. Damals legte die Arbeitslosigkeit noch um 8,6 Prozent zu.
Am höchsten war der Anstieg unter Ausländern, gesundheitlich eingeschränkten Personen, Langzeitarbeitslosen und Älteren.
Mit den großen Pleiten der letzten Wochen – der Baufirma Alpine und der Drogeriemarktskette Dayli – hat der starke Anstieg im Juli aber nur wenig zu tun, heißt es vom AMS: „Von der Alpine sind höchstens ein paar hundert Beschäftigte in den aktuellen Arbeitslosenzahlen“, sagt AMS-Sprecherin Beate Sprenger zur „Presse“. Und die 2200 Dayli-Mitarbeiter – überwiegend teilzeitarbeitende Frauen –, die seit Dienstag beim AMS zur Kündigung angemeldet sind, befinden sich erst im Frühwarnsystem und sind damit noch nicht arbeitslos. Das AMS werde für die Dayli-Beschäftigten „große Jobbörsen“ veranstalten, so Sprenger. Von den Alpine-Beschäftigten, die die Insolvenz um ihren Job gebracht hat, haben laut Gewerkschaft 82 Prozent – oder 3919 Menschen – bereits eine neue Stelle.
Beschäftigung Älterer steigt
Schwierig dürfte es vor allem für Dayli-Beschäftigte auf dem Land werden. Für jene Dayli- und Alpine-Mitarbeiter, die keinen Job finden, sind Arbeitsstiftungen geplant. Wer in einer Arbeitsstiftung untergebracht ist, erhält drei und in Ausnahmefällen sogar bis zu vier Jahre lang Arbeitslosengeld, kann sich weiterbilden, beispielsweise einen Abschluss nachholen und wird bei der Jobsuche unterstützt. Der Vorteil für die Statistik: Menschen in Stiftungen sind Schulungsteilnehmer und werden zwar ausgewiesen, aber nicht in die Arbeitslosenquote einberechnet. In den aktuellen Arbeitslosenzahlen spielten die Großpleiten zwar teilweise mit – der starke Anstieg im Juli sei aber eher die Folge der allgemein schlechten Wirtschaftslage, sagt Sprenger.
Männer trifft die steigende Arbeitslosigkeit stärker als Frauen, und Ausländer stärker als Österreicher. Das erklärt Kopf unter anderem damit, dass etwa im Bausektor – in dem die Arbeitslosigkeit im Juli mit 23,4 Prozent weit überdurchschnittlich zulegte – besonders viele ausländische Männer beschäftigt seien.
Die Krise trifft Randgruppen besonders stark: So legt die Ausländerarbeitslosigkeit seit Monaten stark zu. Wer arbeitslos wird, bleibt es im Durchschnitt 98 Tage. 2,6 Prozent der Arbeitslosen haben schon seit mehr als zwölf Monaten keine Stelle mehr.
Die Beschäftigung legte im Juli über alle Altersgruppen hinweg um 18.000 Stellen gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Der Beschäftigungszuwachs von Menschen über 50 Jahren summierte sich auf 40.000 Stellen. Gleichzeitig stieg aber auch die Arbeitslosigkeit der Älteren mit 20 Prozent stärker als die allgemeine Arbeitslosigkeit.
Quote steigt auf 7,5 Prozent
Wegen der trüben Konjunktur ist für den Arbeitsmarkt derzeit keine Besserung in Sicht. Das Institut für Höhere Studien (IHS) geht in seinem jüngsten Ausblick davon aus, dass die Arbeitslosigkeit auch nächstes Jahr hoch bleiben wird. Im internationalen Vergleich ist die Arbeitslosigkeit hierzulande zwar niedrig – für österreichische Verhältnisse befindet sie sich jedoch auf einem „historisch hohen Niveau“, so das IHS. Das Institut prognostiziert, dass die Arbeitslosenquote heuer von sieben auf 7,5 Prozent steigen wird und 2014 auf diesem Wert verharrt. Vor allem wenig qualifizierte Arbeitnehmer sind gefährdet, arbeitslos zu werden – und es zu bleiben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2013)