Vermögensteuern: Studie macht Reiche noch reicher

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Zehn Prozent der Österreicher sollen fast 900 Milliarden Euro besitzen. Die Zahlen sind unpräzise, die SPÖ spürt aber Rückenwind für ihre Millionärssteuer.

Wien. Über Geld spricht man in Österreich nicht, man hat es. Deswegen weiß niemand so genau, wie viel Vermögen die Vermögenden tatsächlich besitzen. Und das ist ein Problem, vor allem dann, wenn eine Partei eine Steuer auf Vermögen einheben will. Bleiben also nur Studien, die ihrerseits teils auf Schätzungen basieren – und eine jüngste sorgt jetzt für heftige politische Debatten.

Laut Untersuchungen von sechs Mitarbeitern der Linzer Kepler Universität sind die Österreicher nämlich bedeutend reicher als bisher geglaubt – gleich um 25 Prozent. Statt 1000 Milliarden Euro Privatvermögen besitzen die Österreicher 1250 Milliarden Euro. Zugelegt haben die reichsten Österreicher, deren Vermögen sich in der Kepler-Studie fast verdoppelt hat: Das oberste Prozent verfügt demnach über 469 Milliarden Euro, die obersten zehn Prozent über beachtliche 863 Milliarden. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt Österreichs liegt bei 300 Milliarden Euro.

Warnung vor neuen Steuern

Die Studie, die mit Mitteln der Arbeiterkammer erstellt wurde und über die das „Profil“ zuerst berichtete, ist Wasser auf die Mühlen der SPÖ. Die Partei hat erst am Wochenende ihre Forderung nach einer Millionärssteuer als Teil des Wahlkampfprogramms beschlossen und hofft, mit dem Ruf nach mehr Steuergerechtigkeit bei der Nationalratswahl im September zu reüssieren: Für Vermögen über einer Million Euro netto sollen laut SPÖ-Plänen jährlich Steuern von 0,3 bis 0,7 Prozent fällig werden. Das brächte dem Staat etwa 1,5 Mrd. Euro ein.

Die Frage ist, ob die Zahlen der Kepler-Studie stimmen. Sie beruhen nämlich auf einer Hochrechnung von Zahlen der Nationalbank. „Das kann ich nicht beurteilen“, erklärt Pirmin Fessler, Mitarbeiter der volkswirtschaftlichen Abteilung der Nationalbank. „Die Methode, die angewandt wurde, wird aber international verwendet, das ist ein Standard.“

Angewandt wurde das Pareto-Prinzip, mit dem sich die Vermögensverteilung an der Spitze annäherungsweise darstellen lässt. Denn die Daten der Nationalbank beruhen auf Interviews: Zufällig ausgewählte Personen wurden nach ihrem Vermögen befragt. Das Problem dabei: Manche geben weniger an, als sie besitzen, und die wirklich Reichen stehen nicht für Interviews zur Verfügung. Die Nationalbank gestand diese Problematik bei ihrem Vermögensbericht offen ein.

Für die SPÖ sind die Zahlen der Kepler-Studie Beleg für die Richtigkeit ihrer Forderung. In der Partei verweist man auf Untersuchungen der OECD, wonach Österreich bei vermögensbezogenen Steuern eines der Schlusslichter sei: Sie machen nur 0,5 Prozent des BIPs aus, in Großbritannien dagegen 4,1 Prozent und selbst in der Schweiz 2,1 Prozent (siehe Grafik).

Andere Studien warnen vor den Folgen von Vermögensteuern: Das Institut für Höhere Studien (IHS) schrieb im Februar dieses Jahres, dass ein „langfristiger Rückgang des jährlichen BIPs um 0,65 Prozent“ die Folge von solchen Steuern wäre. Außerdem sei das Bild ein anderes, wenn man Österreichs hohe Einkommensteuern einbezieht (siehe Grafik): „Die Einnahmen aus Vermögen- und Einkommensteuern zusammengenommen sind in Österreich ähnlich hoch wie in der Schweiz (zwölf bzw. 15 Prozent des BIPs).“

Abwanderungsstudie dementiert

Nach den Vorstellungen von Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) sollen die Österreicher bei einer Realisierung der Steuer ihr Vermögen selbst errechnen und dem Finanzamt melden. Das gelte auch für den Wert eines Hauses oder einer Wohnung, erklärte eine Sprecherin gestern.

Dagegen fordern einige SPÖ-Mandatare, angeführt von den Abgeordneten Johann Maier und Sonja Ablinger, die Abschaffung des Bankgeheimnisses, weil man nur so die wahren Vermögensverhältnisse ermitteln könne. Die Parteispitze will das Bankgeheimnis dagegen nicht antasten.

Die Frage, ob und wie sehr die anhaltende Steuerdebatte Unternehmen verunsichert, sorgte am Montag erneut für einen Schlagabtausch zwischen SPÖ und ÖVP. Laut einer Studie des Finanzministeriums siedelten deshalb seit 2008 Unternehmen ab, 70.000 Arbeitsplätze und Steuereinnahmen in Höhe von 1,26 Mrd. Euro gingen verloren. Genannt wurde unter anderem die Firma Nespresso.

Die dementiert nun Abwanderungspläne. Es sei „nicht nachvollziehbar, wie die Studienautoren zu diesem Schluss kommen können“, hieß es in einem Brief an Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP). SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer bezeichnete daraufhin die „Fekter-Studie“ als „Falschmeldung“ und den Versuch, Österreich schlechtzumachen. Es spielten wohl „wahltaktische Motive eine Rolle“, so Krainer.

Fekter verteidigte die Studie. Ein Teil von Nespresso sei tatsächlich abgewandert. Sollte es aber Missverständnisse geben, werde man diese aufklären.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2013)

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