SPÖ: Bei der "Partei der Arbeit" bedienen Leiharbeiter

Als Schutzpatron der Arbeitnehmer inszenierte sich die SPÖ bei ihrem Wahlkampfauftakt in Wien. Die Catering-Mitarbeiter kamen von einer Personalvermittlung.

Nicht nur in Werbefilmen und im Internet positioniert sich die SPÖ dieser Tage als "Partei der Arbeit". Auch beim offiziellen Wahlkampfauftakt im Wiener Museumsquartier am Donnerstagabend inszenierte sich Bundeskanzler Werner Faymann vor seinen Anhängern als Schutzpatron der Arbeitnehmer. "Wir müssen auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufpassen", meinte er in seiner Rede. Und: "Mit uns wird es keinen Abbau von Arbeitnehmerrechten geben". Jedes einzelne prekäre Arbeitsverhältnis sei eines zu viel in Österreich, die "sogenannte Flexibilisierung" sei nichts anderes als ein Abbau der Arbeitnehmer-Rechte.

Ein roter Kanzler, der das Land "mit sicherer Hand" durch die Krise führt. So sieht die SPÖ die vergangenen fünf Jahre, und so wünscht sie sich auch die kommenden fünf. "Mit sicherer Hand" lautete daher auch das Motto des offiziellen Wahlkampfauftaktes am Donnerstagabend im Wiener Museumsquartier. (Bilder und Text: Hellin Sapinski) (c) Presse Digital

Damit möglichst viele Kernwähler, aber auch neue "Genossen" den Weg in die Halle E finden, stehen zahlreiche Helfer bereit. Ihre T-Shirts bescheinigen es: "Bei der Arbeit" (auf der Vorderseite), und zwar für die "Partei der Arbeit" (auf der Rückseite). (c) Presse Digital

Für den Parteichef persönlich sind diese beiden in den siebenten Bezirk gepilgert. "Wir sind hier, um den Werner zu unterstützen", freut sich das Paar auf die Auftaktveranstaltung. "Seit wir auf der Welt sind, sind wir Sozialisten - und das soll auch so bleiben." (c) Presse Digital

Zwar nicht von Geburt an, aber dennoch "aus vollem Herzen", hält dieser Besucher zur SPÖ. Für den offiziellen Wahlkampf-Startschuss hat er Samtsakko und Cowboyhut angelegt. (c) Presse Digital

Dann geht es in die Halle E. Dort warten auf die rund 1500 Besucher nicht nur Sitzplätze, sondern auch rote Fahnen. Sie fordern dazu auf, "am 29. September Flagge zu zeigen" und somit das "richtige Kreuzerl" zu machen. Donnerstagabend sollen sie aber noch für etwas anderes herhalten: "Liebe Freunde, schwingt die Fahne", motiviert Moderatorin Konstanze Breitebner die Gäste. (c) Presse Digital

Dann leitet sie zum ersten Redner des Abends über: "Viermal in Folge wurde Wien zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt. Wir haben ein Glück, hier sein zu dürfen und den Mann zu begrüßen, der dafür mitverantwortlich ist." Ein heftiger Applaus geleitet Landeshauptmann und Bürgermeister Michael Häupl auf die Bühne, von wo aus er dem Publikum "einheizen" soll. (c) Presse Digital

"In den letzten zwei Wochen haben wir zwei nackte Männer gesehen. Ich verspreche euch, Werner und ich werden diesem Beispiel nicht folgen", erinnert Häupl daran, dass sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Magna-Gründer Frank Stronach "oben ohne" gezeigt haben. "Wer nichts zu sagen hat, macht auf Polit-Playboy und muss sich so ins Gerede bringen." (c) Presse Digital

Zu den Grünen merkt Häupl an, dass eine Partei, die mit einem Zunge-zeigenden Lamm für sich wirbt, "das eigene Anspruchsniveau deutlich unterschreitet".Auch der Regierungspartner bekommt - zum Amüsement von Norbert Darabos und Laura Rudas - sein Fett ab: Die Debatte um den 12-Stunden-Arbeitstag und die vorzeitige Angleichung des Frauenpensionsalters seien "Geschenke der ÖVP" gewesen. (c) Presse Digital

Nach "Einpeitscher" Häupl und vor "Hauptact" Faymann, spielt der "Hot Pants Road Club" ein kurzes Intro. Mancheiner kann sich des Schunkelns nicht erwehren... (c) Presse Digital

... andere beweisen indes, dass sich das Fahnen-Schwing-Üben ausgezahlt hat. (c) Presse Digital

Nach einem Video-Clip über die Sozialdemokratie betritt schließlich der SPÖ-Chef unter Standing Ovations und "Werner, Werner"-Rufen die Bretter, die an diesem Abend "rote Motivation" bedeuten. Erwartungsgemäß arbeitet er dann die Kernthemen seiner Partei ab: Er wirbt für die Millionärssteuer ("die obersten 80.000, 90.000 im Land sollen auch ein bisschen faire Steuern zahlen"), Fairness und Investitionen in die Bildung. (c) Presse Digital

Besonders ausführlich, mit dem rechten Fuß auf den Boden stampfend und sich mit den Händen am Pult festhaltend, warnt Werner Faymann dann vor einer schwarz-blauen Koalition. Die sei nämlich "gar nicht so unwahrscheinlich". (c) Presse Digital

Umso wichtiger sei es, dass "wir auf die Arbeitnehmer aufpassen". Insofern bringt für ihn der 29. September auch eine "Richtungswahl", ob sich das Land zurück in neoliberale Tendenzen entwickle. (c) Presse Digital

Auch mit (Eigen-)Lob spart Faymann nicht. Vor allem die "hohe Beschäftigung und Wirtschaftsleistung" seien Leistungen seiner Regentschaft. Das sei aber nicht genug: "Wir wollen überall in der Champions League sein. Wir wollen überall zu den besten gehören. Wir haben in den letzten fünf Jahren nicht viel zu verteilen gehabt."(Bild: Faymann und Franz Vranitzky) (c) Presse Digital

Gegen Ende seiner Rede ruft Faymann seine Anhänger auf, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Nur so könne man als Sieger aus der Wahl gehen: "Die Menschen können sich auf die SPÖ verlassen. Kämpfen wir gemeinsam dafür, dass wir das Land gestärkt in eine bessere Zukunft führen können."Nach einem tosenden Applaus übernehmen die "Windriders" die Bühne und sorgen mit einer "Luft-Tuch-Show" für Unterhaltung. (c) Presse Digital

Den Abschluss der Veranstaltung macht eine kurze Talkrunde mit Proponenten der "Initiative für Bundeskanzler Faymann". Den meisten Applaus von ihnen erhält der Sciencebuster Werner Gruber, als er erklärt: "Wir alle sind Masse. Ich habe besonders viel davon." Gelächter bricht aus. "Michi Häupl hat stark nachgelassen." Noch mehr Lacher. "Aber im Ernst: Wenn Masse in Bewegung kommt, nennt man das Impuls. Setzen wir am Wahltag einen solchen." (c) Presse Digital

Bis dahin wird weiter "mit sicherer Hand" geworben. Und was würde sich dafür besser eignen als ein Gruppenfoto mit der roten Mannschaft hinter "Kapitän" Faymann. (c) Presse Digital

Was die meisten der 1500 Genossinnen und Genossen allerdings nicht wussten: Sie wurden von Angestellten einer Personalvermittlung, also von Leiharbeitern, mit Essen und Trinken versorgt. Das hat der Radiosender FM4 herausgefunden, der am Freitagabend darüber berichtete. Rund neun Euro verdienen die Beschäftigten der Leiharbeiterfirma laut eigenen Angaben pro Stunde - für den Geschmack vieler SPÖ-Mitglieder viel zu wenig. Man habe ihm "fast den Appetit" verdorben, meinte ein Funktionär, der "15 Euro aufwärts" für einen angemessenen Stundenlohn hält.

"Beschäftigen die Catering-Firma als Firma"

Deutlich vorsichtiger formuliert Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos (O-Ton: Arbeitnehmer-Politik "ist wie ein aufgelegter Elfmeter") seine Kritik: "Neun Euro ist etwas zu wenig". Er stehe zu den "jetzigen gesetzlichen Bestimmungen". Danach befragt, ob die Beschäftigung von Leiharbeitern nicht ein schiefes Licht auf die "Partei der Arbeit" werfe, meinte der Wahlkampfleiter gegenüber FM4: "Es ist so, dass wir die Firmen, die hier Catering betreiben, als Firma anstellen". Das Thema sei "nicht eine Frage der Politik, sondern eine Frage, die allgemein geklärt werden muss".

Übrigens: Zwölf-Stunden-Arbeitstage - ein beliebtes Wahlkampfthema - stehen bei den von FM4 befragten Kellnerinnen und Kellnern offenbar auf der Tagesordnung.

SPÖ: 22 Euro pro Person und Stunde bezahlt

Die SPÖ beteuerte am Samstag in einer Stellungnahme, der beauftragten Firma Cateringdesign pro Stunde und Person 22 Euro ohne Steuern bezahlt zu haben, für die Dauer der Veranstaltung also 110 Euro netto pro Person. Die Cateringfirma habe für den Personalbereich wiederum das Unternehmen GVO beaufragt und die 22 Euro pro Person und Stunde "1:1 an GVO weitergegeben". Es sei der SPÖ versichert worden, dass GVO laut Kollektivvertrag entlohnt, heißt es in der Stellungnahme weiter.

(sk)