AUA: Gericht kippt Betriebsübergang auf Tyrolean

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Laut Arbeits- und Sozialgericht ist der Betriebsübergang der AUA auf die eigene Tochter Tyrolean nicht rechtens. Dieser Spruch trifft den Kernpunkt des Sanierungsprogramms der AUA. Sie geht daher in Berufung.

Wien. Es ist ein Urteil, das in der AUA-Zentrale am Flughafen Schwechat eingeschlagen haben dürfte wie eine Bombe. Am Montag veröffentlichte das Arbeits- und Sozialgericht Wien seinen Spruch über die Rechtswirksamkeit des Betriebsüberganges der AUA auf ihre eigene Tochter Tyrolean. Mit diesem Schritt hebelte die Fluglinie im Vorjahr den bestehenden, teuren Kollektivvertrag ihrer Piloten aus. Er ist das Kernstück des Sanierungsprogramms für die seit Jahren defizitäre Airline. Vom Betriebsrat wurde dieser Betriebsübergang beeinsprucht. Und das Gericht gab den Arbeitnehmern nun Recht.

Grundsätzlich seien die gesetzlichen Bestimmungen beim Betriebsübergang genau beachtet worden, so die AUA in einer ersten Stellungnahme. „Eine vordergründig zu erblickende Gesetzesübertretung liegt demnach nicht vor“, wird das 162-seitige Urteil zitiert. Der Richter argumentiere in weiterer Folge jedoch mit dem grundsätzlichen Arbeitnehmerschutz und stellte daher einen Betriebsübergang innerhalb eines Konzerns in Frage. Es sei eine „Entwicklung der letzten Jahre“, dass Firmen „Tochtergesellschaften für ihre Stammbelegschaft gegründet haben, um Schutzmechanismen zu umgehen“, heißt es laut AUA in dem Urteil weiter.

AUA zeigt sich überrascht

„Es überrascht uns, dass der Richter mit seinem Urteil die gängige Praxis des Betriebsüberganges bei Konzern-Restrukturierungen insgesamt in Frage stellt“, sagt AUA-Chef Jaan Albrecht am Montag. Die AUA werde alle rechtlichen Möglichkeiten im Instanzenweg ausschöpfen und geht daher in Berufung. Vorerst ändert sich durch das Urteil also nichts am vorhandenen Status quo. Ein Problem könnte das Urteil für die AUA aber dennoch sein: So erzielte sie im Vorjahr einen Sondergewinn aufgrund „gesunkener Zahlungsverpflichtungen“ in Höhe von 82 Mio. Euro. Sollte der Betriebsübergang endgültig fallen, würden diese Zahlungsverpflichtungen wieder ansteigen. Dafür könnte die AUA schon jetzt Rückstellungen bilden müssen, die die Bilanz belasten. Das Unternehmen sieht nach Angaben eines Sprechers aber noch keinen entsprechenden Handlungsbedarf.

Fraglich ist zudem, welchen Einfluss das Urteil auf die im Laufen befindlichen Verhandlungen über einen neuen Konzern-Kollektivvertrag zwischen der AUA-Führung und ihrem Betriebsrat haben wird. Diese werden seit einigen Wochen intensiv geführt, Angaben über den Verhandlungsstand will man aber nicht geben. Der Betriebsrat zeigte sich am Montag mit einer Stellungnahme überhaupt zurückhaltend. „Wir wollen das Urteil zuerst mit unseren Rechtsvertretern analysieren, bevor wir einen Kommentar dazu abgeben“, so AUA-Betriebsratschef Karl Minhard zur „Presse“. Das Urteil dürfte der Arbeitnehmerseite jedoch in jedem Fall Auftrieb in den Verhandlungen geben.
Für Beobachter kam der Urteilsspruch am Montag überraschend. So war zwar bekannt, dass das Verfahren am Arbeits- und Sozialgericht bereits seit Wochen abgeschlossen ist. Es wurde jedoch allgemein davon ausgegangen, dass die Richter mit ihrem Urteil warten werden, bis der Europäische Gerichtshof sich im zweiten anhängigen Rechtsstreit rund um den AUA-Betriebsübergang äußert. So klagte der Betriebsrat vor dem OGH darauf, dass der AUA-Kollektivvertrag auch nach einem Betriebsübergang weiter Gültigkeit habe. Diese Frage wurde erst im Juni an den EuGH weitergeleitet. Ein Urteil wird frühestens 2014 erwartet.

Beide Seiten für Verhandlungslösung

Bis zur endgültigen Klärung, ob der Betriebsübergang rechtens war und welcher Kollektivvertrag nach einem Betriebsübergang gilt, dürften also in jedem Fall noch einige Jahre vergehen. Sowohl Arbeitnehmer als auch AUA plädierten in der Vergangenheit daher immer wieder für eine Verhandlungslösung. Auch am Montag meinte Albrecht erneut, er hoffe, dass es eine „tragfähige Lösung am Verhandlungstisch“ gebe. Allerdings gingen auch dem Betriebsübergang bereits monatelange Verhandlungen voraus, bei denen man sich nicht einigen konnte.
Würde der Betriebsübergang endgültig gekippt, sei das „Überleben der AUA bedroht“, so Albrecht kürzlich im „Presse“-Interview. Einen Plan B gäbe es nämlich nicht. Trotz der radikalen Maßnahmen schreibt die Fluglinie immer noch rote Zahlen. Im ersten Halbjahr setzte es ein Minus von 35 Mio. Euro. Für das Gesamtjahr hofft man, die Gewinnschwelle erstmals seit fünf Jahren wieder zu überschreiten.

(APA)

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