Schwarzbuch ÖBB: Steuergeld auf dem Abstellgleis

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Unsinnige Milliardenprojekte, Qualitätsmängel, "Pensionistenparadies": Ein neues Buch übt heftige Kritik an den ÖBB.

Wien/Ju. Im Tiroler Unterinntal haben die ÖBB 2,4 Mrd. Euro in eine Hochleistungsstrecke investiert, die für Bahnkunden ein Nullergebnis brachte: Die meisten Züge brauchen dort jetzt genau so lange wie vorher, ein paar Züge weisen unwesentliche Fahrzeitverkürzungen auf. ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker, von Buchautor Hans Weiss („Bittere Pillen“, „Schwarzbuch Landwirtschaft“) darauf angesprochen, habe gemeint, der Neubau sei unsinnig gewesen, aber die Politik habe sich das so gewünscht – sagt Weiss.

Die Episode ist eines der Highlights des gestern vorgestellten Werkes „Schwarzbuch ÖBB. Unser Geld am Abstellgleis“ (Deuticke), in dem Weiss heftige Kritik an der Bahn und an der heimischen Verkehrspolitik übt. Unwahrscheinlich ist die Szene jedenfalls nicht: Jeder Journalist, der sich mit der Bahn befasst, hat schon hohe ÖBB-Topmanager und Aufsichtsräte erlebt, die „off the records“ ihre eigenen Projekte in Zweifel gezogen und gemeint haben, diese seien ihnen eben von der Politik (wobei die Landeskaiser eine besonders aktive Rolle spielen) aufoktroyiert worden.

Der Brenner-Basistunnel und die Koralmbahn, die künftige Budgets einschließlich Finanzierung mit insgesamt bis zu 60 Mrd. Euro belasten werden, fallen etwa in diese Kategorie. Seriöse Verkehrsprognosen würden diese Projekte jedenfalls nicht rechtfertigen, meint Weiss.

Der Buchautor ist für seine Recherchen illegal auf Loks mitgefahren, hat sich Zugang zur Triebfahrzeugführer-Datenbank verschafft und dabei, wie er schreibt, festgestellt, dass es teils „gravierende Qualitäts- und Sicherheitsmängel“ gebe. Lokführer, die sich in dieser Angelegenheit unter Ausschluss des Dienstweges direkt an den Vorstand gewandt hätten, seien schwer diszipliniert und gemobbt worden.

Im Detail befasst sich das Buch auch mit bereits bekannten Bahnproblemen. Etwa mit der abenteuerlichen Schieflage bei den ÖBB-Pensionen, bei denen knapp 40.000 beitragszahlenden Aktiven mehr als 70.000 Pensionisten gegenüberstehen. Und mit den zahlreichen bahninternen Managementskandalen (von Fehlspekulationen bis zu problematischen Immobiliengeschäften von Ex-Vorstandsmitgliedern), die dazu geführt haben, dass die Staatsanwaltschaft zurzeit gegen gut 25 ehemalige und aktive Bahnmanager ermittelt.

Dem aktuellen Bahnchef Christian Kern bescheinigt Weiss freilich, dass dieser bei den ÖBB einiges weitergebracht habe und mit ihm erstmals betriebswirtschaftliches Denken ins Unternehmen eingezogen sei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2013)

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