Donauhandel: Affen, Senf und edle Stoffe

Affen Senf edle Stoffe
Affen Senf edle Stoffe(c) Clemens Fabry
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Der Donauhandel war in der Frühen Neuzeit sehr reichhaltig. Das belegen Mautregister oder Waagbücher, die nun erstmals ausgewertet wurden.

Im Jahr 1728 erhielt der Kaiserhof in Wien mehrere exotische Tiere, darunter zwei Löwen, einen Tiger, drei Affen und einen Pelikan. Im selben Jahr wurden drei Steinböcke an Prinz Eugen sowie eine Gams an den Fürsten von Liechtenstein geliefert. An Diplomaten, etwa den päpstlichen Nuntius, gingen Weine aus Italien, dem Burgund und anderen Anbauregionen. Von wo auch immer die Waren ursprünglich stammten – in die habsburgischen Länder gelangten sie zu einem erheblichen Teil über einen Transportweg: die Donau.

Gefunden werden können diese Informationen in den Mautregistern von Aschach an der Donau, die in einer für die österreichischen Länder einzigartigen Dichte in 194 Bänden im OÖ Landesarchiv aufbewahrt werden. In ihnen sind – mit wenigen Lücken – alle Schiffe und Flöße inklusive der transportierten Waren und Personen, die Aschach zwischen 1627 und 1775 passierten, registriert. Dabei reichte das Warenspektrum über exotische Tiere und Weine weit hinaus: Opulente Kleidung und Stoffe sowie Unmengen an Holz wurden ebenfalls transportiert, um nur zwei Beispiele zu nennen. Eine wirklich bemerkenswerte Fracht führte der Donauwörther Schiffsmeister Georg Herpfer im Jahr 1771: einen kaum zweijährigen Elefanten, der über Holland an den Hof Maria Theresias gebracht wurde.


Bisher wenig Aufmerksamkeit. Die Donau und ihre Zuflüsse bildeten in der Frühen Neuzeit eine zentrale Verkehrsader des süddeutsch-österreichischen Raums. Obwohl eine systematische Untersuchung der auf der Donau verschifften Menschen und Güter wichtige Erkenntnisse über Wirtschaft, das materielle Leben und Migrationsströme liefern kann, wurde dem Donauhandel in Österreich bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Mit der Erschließung und wissenschaftlichen Analyse von Mautregistern wollen Peter Rauscher und Andrea Serles vom Institut für Österreichische Geschichtsforschung diese Lücke schließen.

Aber nicht nur die Mauten geben über den Handel Aufschluss: Aus Krems sind z.B. „Waag- und Niederlagsbücher“ aus dem 17. und frühen 18. Jahrhundert erhalten. Sie zeugen ebenfalls von einem breiten Spektrum an gehandelten Gütern und teilweise weiten Handelswegen. So wurde Stockfisch aus dem Nordseeraum geliefert, Juchten (mit Birkenteeröl eingeriebenes Leder) aus Russland, Wachs aus Polen oder Farbstoffe aus Schlesien.


Massenquellen. Von Krems aus wurde der berühmte Kremser Senf, Wein aus der Region, aber auch Wachauer Safran exportiert. Zweimal im Jahr, im Juli und Oktober, fand hier ein Jahrmarkt statt. Zu diesen Zeiten wurde auch mit besonders teuren Waren gehandelt, etwa exotischen Gewürzen und Büchern, die die ausländischen Händler mitbrachten.

In Krems präsentieren Rauscher und Serles an diesem Wochenende auch ihre bisherigen Forschungsergebnisse – im Rahmen der von ihnen gemeinsam mit Erich Landsteiner (Uni Wien) veranstalteten Tagung „Wiegen – zählen – registrieren. Massenquellen als Herausforderung der frühneuzeitlichen Handelsgeschichte“.

Neben inhaltlichen Debatten wurde auf dem international besetzten Symposium auch über die Vorzüge der Digitalisierung historischer (serieller) Quellen diskutiert. Rauscher und Serles, die seit 2008 an ihrem vom Land NÖ und dem Wissenschaftsfonds (FWF) finanzierten Projekt arbeiten, überführen die Kremser Waag- und Niederlagsbücher und die Aschacher Mautregister in eine digitale, öffentlich zugängliche Online-Datenbank.

Aber zurück zum Jahr 1728: Die letzten Kriege der Habsburger waren einige Jahre her, es herrschte Frieden im Donauraum. In diesem Jahr passieren fast 3400 Schiffe und rund 1600 Flöße die Maut von Aschach. Wein und Eisen waren die wichtigsten Exportgüter der österreichischen Länder, allein 1728 wurde in Aschach der Transport von rund 2,7 Millionen Liter Wein registriert. Auffällig sei, dass der Fernhandel in den österreichischen Raum von wenigen Orten aus organisiert war, so Rauscher. Die meisten überregionalen Schiffe kamen aus Passau, Regensburg, Laufen im Erzstift Salzburg und Hall. Aus dem Salzburgischen wurde beispielsweise Marmor für den Bau der Wiener Karlskirche verschifft.

Nicht alle Häfen waren nur für den Gütertransport bedeutsam: In Ulm und anderen süddeutschen Städten stiegen Auswanderer auf die Schiffe in Richtung Österreich, seit den 1680er-Jahren fuhren sie mit den sogenannten Donauschwaben sogar weiter nach Ungarn. Weil auch der Personentransport in den Mautregistern verzeichnet ist, können Migrationsbewegungen in dieser Zeit nachgezeichnet werden.

Grundsätzlich musste ein Schiffsmeister bei seiner Fahrt mehrere Mautstellen passieren, die sich „wie Perlen an einer Kette aneinanderreihten“, so Landsteiner, der den Donauhandel im 16. Jahrhundert erforscht. Trotzdem war der Transport auf dem Fluss günstiger. Die Landstraßen waren schlecht ausgebaut, auch der Energieaufwand war höher, mussten doch die Tiere, die die Wägen zogen, ernährt werden.

Auf der Donau verließ man sich auf die Strömung, aber auch dieser Weg war nicht ungefährlich. Allein das Passieren des Strudengaus zwischen den Orten Dornach und Ardagger war oft ein lebensgefährliches Unterfangen – zumal viele Schiffsleute gar nicht schwimmen konnten.

Früher Handel

„Wiegen – zählen – registrieren“ lautete das Thema der heurigen Jahrestagung des Österreichischen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung. Neben Diskussionen über die Handelsgeschichte (etwa den Donauhandel im 16. Jh., aber auch Beispiele aus Polen, Frankreich oder Ungarn) wurde die Digitalisierung historischer Quellen thematisiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2013)

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