Swap-Desaster: Ein „plausibles“ Geschäft

Swap Desaster
Swap Desaster(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Linz und die Bawag schieben sich weiter gegenseitig die Schuld am Swap-Desaster zu. Auch Ex-Bawag-Chef Ewald Nowotny hat als Zeuge nicht viel zur Aufklärung beitragen können.

Wien. Es war eine Reise in die Vergangenheit, die am gestrigen Montag im Saal 708 des Wiener Handelsgerichts angetreten wurde – und der Reiseführer war niemand Geringerer als der Gouverneur der Nationalbank: Ewald Nowotny. Der als Zeuge geladene Ex-Bawag-Chef hat die Route freilich schon vor Verhandlungsbeginn ausgegeben – und so war allen Beteiligten im Verhandlungssaal klar, wohin die Reise führen wird: nirgendwohin.

Trotzdem versuchten die Anwälte der Stadt Linz, die der Bawag und Richter Andreas Pablik drei Stunden lang, Nowotny Details zu entlocken: zum „Swap 4175“, der desaströsen Franken-Spekulation der Stadt Linz – und Gegenstand dieses „größten Zivilprozesses der zweiten Repulik“ (O-Ton Pablik) –, in der sich Linz und die Bawag gegenseitig die Schuld zuschieben.

„Swap 4175“

Im Zentrum der Befragung stand der vom Linzer Bürgermeister Franz Dobusch formulierte Vorwurf, die Bawag hätte Gemeinden bewusst in derartige Geschäfte hineingeritten. Der Streitwert des Verfahrens beläuft sich auf mehr als 500 Millionen Euro. Und Ewald Nowotny? Der bezog ausgerechnet eine ähnliche Position wie vor ihm Dobusch: Als Chef der Bawag (2006–2007) habe er sich ins Tagesgeschäft nicht eingemischt.

Wenn Nowotny als Zeuge doch Details aus seiner Zeit als Bawag-Chef verriet, dann fügte er stets ein „ganz generell“ oder „ganz allgemein“ hinzu – stets darauf bedacht, sich von der Causa „Swap 4175“ zu distanzieren. „Das war zu meiner Zeit als Chef eine völlig unauffällige Sache.“ Die Bawag habe sich nach dem eigenen Finanzdesaster (Stichwort Karibikgeschäfte, Refco) unter seiner Führung auf ihr Kerngeschäft konzentriert – da die P.S.K. aber Teil der Bawag war, hätte man das Geschäft mit den Kommunen nicht ganz aufgeben können.

Und weil es damals en vogue war, Derivativgeschäfte anzubieten, hätte man da eben auch mitgemacht, „ganz generell“. Linz hätte das „plausible“ Geschäft ja auch gesucht „um zu einer geringeren Schuldenlast zu kommen“.

Spannender wurde Nowotnys Auftritt stets, wenn er über den Schweizer Franken reden konnte. Währungskurse sind das Metier des heutigen Notenbankers. Er beschrieb, warum Fremdwährungskredite und Swaps in den Jahren vor 2008 interessant waren: „Es hat damals eine Marktmeinung gegeben. Dass der Schweizer Franken sich nicht sehr verändern wird. Dass es vielleicht sogar eine Abwertung geben kann zum Euro. Niemand hat geahnt, dass es zu so massiven Wechselkursverschiebungen kommen kann.“

Im Fall der Stadt Linz hätte man sich aber darauf verlassen müssen, „dass da professionelles Finanzmanagement stattfindet“. Es gebe ja in Linz eine Finanzverwaltung. Und die hätte reagieren müssen, als der Euro gegenüber der klassischen Fluchtwährung Franken abstürzte. Tat sie aber nicht. Dann kam es zu einem denkwürdigen Gespräch zwischen Dobusch, dem SPÖ-Bürgermeister von Linz, und Nowotny, dem ehemaligen SPÖ-Nationalratsabgeordneten.

Dobusch scheint geglaubt zu haben, Genosse Nowotny würde der Stadt Linz in seiner Rolle als Bawag-Chef gern aus der Patsche helfen. Aber Nowotny winkte ab: Er könne nicht helfen. „Die freundschaftliche Verbindung mit Dobusch besteht heute leider nicht mehr“, so Nowotny am Ende seiner Zeugenaussage: „Aber es ist wichtiger korrekt zu sein, das habe ich in meinem Leben gelernt.“

Wie Richter Pablik plädiert auch Nowotny am Montag für einen außergerichtlichen Vergleich zwischen den Streitparteien. Ein solcher ist aber nicht in Sicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2013)

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