Bures: „Straße kann Bahn nie ersetzen“

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Bures (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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SPÖ-Verkehrsministerin Doris Bures über (keine) Subventionen für die ÖBB, strategische Partner für die Bahn und richtig investiertes Geld.

Die Presse: ÖVP-Chef Michael Spindelegger hat im Wahlkampf die Forderung gestellt, dass heimische Staatsbeteiligungen nicht „ministeriell verwaltet“, sondern von der ÖIAG „professionell gemanagt“ werden sollten. Dazu gehörten auch die ÖBB. Was halten Sie davon?

Doris Bures: Er irrt. Die ÖBB werden schon lange nicht mehr nur verwaltet, sondern wurden reformiert und werden längst im Unternehmen professionell gemanagt und reformiert. Ich bin jedoch auch der Ansicht, dass man sich nie neuen Strukturen verschließen soll. Dabei ist jedoch die entscheidende Frage zu stellen: Welchen Mehrwert haben das Unternehmen und die Republik? Und die Antwort auf diese Frage hat er bisher nicht gegeben. Zudem vermisse ich oft die Ernsthaftigkeit bei diesem Thema. So hat der Vizekanzler einst ja auch dem Herrn Stronach die ÖBB angeboten.

Manche sehen es für Firmen innerhalb der ÖIAG als leichter an, etwa eine Kapitalerhöhung durchzuführen. So ging dies bei der OMV auch deutlich schneller als beim zum Wirtschaftsministerium ressortierenden Verbund.

Ich glaube nicht, dass es die Intention des Herrn Spindelegger ist, bei den ÖBB eine Kapitalerhöhung schneller durchführen zu können. Zudem haben wir ja bei der Bahn bereits eine Holding, die seit einigen Jahren für eine positive Entwicklung in allen Bereichen sorgt.


Die Zahlen der ÖBB haben sich verbessert. Gestiegen sind aber auch die Zuschüsse des Steuerzahlers. Soll diese Entwicklung so weitergehen?

Es gibt keine Subventionen mehr für die ÖBB. Das ist EU-rechtlich verboten. Was es gibt, sind bestellte Leistungen, die von den ÖBB dann auch erbracht werden. Das Mehr an öffentlichem Investment in die Bahn bedeutet also auch ein Mehr an Leistungen. Wenn wir wollen, dass Pendler nicht mit dem Auto in die Städte fahren, dann müssen wir diese Leistungen auch bestellen.

Vor zwei Jahren haben Sie gemeint, dass man ab 2013, wenn sich die Zahlen verbessert haben, über den Einstieg eines strategischen Partners bei den ÖBB nachdenken könnte. Wie sieht es dabei nun aus?

Die ÖBB investieren derzeit massiv in das Schienennetz und das Zugmaterial. Daher würde es sinnvoll sein, auch das Eigenkapital zu stärken. Dieses ist nämlich geschwächt, weil es Zahlungen aus dem Eigenkapital gegeben hat, die ins Budget geflossen sind – 300 Mio. Euro zum Beispiel für Fahrtkostenbegünstigungen ans Finanzministerium. Ob diese Stärkung über einen strategischen Partner erfolgt, hängt davon ab, ob es einen nachhaltigen Nutzen gibt. Schon jetzt agiert die RCA (Güterverkehrstochter der ÖBB, Anm.) in spezifischen Bereichen mit Kooperationen und Partnerschaften. Dabei sind wir aber weit von dem Privatisierungsgeplänkel der ÖVP entfernt.

Was heißt das konkret? Wäre ein Einstieg der Deutschen Bahn mit 20 Prozent bei der ÖBB-Güterverkehrstochter vorstellbar?

Alles, was dazu führt, die Bahn zu stärken, wird man auch tun. Die Vorschläge dazu muss das Management machen.

Sie waren nun fünf Jahre Verkehrsministerin. In der Zeit sind die Schulden der ÖBB von 14,1 auf 18,4 Mrd. Euro gestiegen. Dem stehen zwar Infrastrukturbauten gegenüber. War dieses Geld richtig investiert?

Diese Investitionen haben erstens dazu geführt, dass Österreich besser als andere Länder aus der Krise gekommen ist. Ich bin der Ansicht, dass es gescheiter ist, in Wachstum zu investieren, als ein Land kaputtzusparen. Das allein rechtfertigt auch noch nicht, so viel Geld in die Hand zu nehmen. Aber diese Investitionen generieren zweitens auch einen gesellschaftlichen Mehrwert: Heute gibt es in Österreich niemanden, der den Lainzer Tunnel als unsinnig sieht. Man fährt nun in 25 Minuten von Wien nach St. Pölten. Was für die Weststrecke gilt, hatt auch für die Südbahn Sinn und beim Brenner-Korridor geht es vornehmlich darum, den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern.

Verkehrsexperten sehen viele der Projekte aber als überdimensioniert an. Immerhin ist etwa der Güterverkehr seit 2008 drastisch zurückgegangen.

Der Rückgang des Verkehrs ist eine Folge der Wirtschaftskrise. Aber die Wirtschaft wird sich erholen und ich habe daher keinen Zweifel, dass wir die zentralen Verkehrsadern ausbauen müssen. Die Projekte werden ja erst 2025 fertig. Und Ökonomen von Wifo, IHS oder Industriellenvereinigung haben uns auch bestätigt, dass Investitionen in Infrastruktur nachhaltige Investitionen sind.

Dass ein gut ausgebautes Bahnnetz eine feine Sache ist, ist klar. Die Frage ist aber, ob die Kosten dafür in Relation stehen. Laut Rechnungshof kostet der jetzige Ausbau bis 2075 in Summe 53,5 Mrd. Euro. Das ist fast ein Viertel der derzeitigen Staatsschulden.

Die Investitionen, die wir dafür nun tätigen, werden über sechs bis sieben Generationen genutzt werden. Die Ghega-Bahn, die wir immer noch nutzen, ist bereits über 150 Jahre alt. Auf unseren Strecken wird auch in über 100 Jahren noch gefahren werden. Und ich stelle jetzt einmal die Gegenfrage: Was passiert, wenn wir nur mehr Straßen bauen und auf die Bahn komplett verzichten? Dann sparen wir zwar Geld. Künftige Generationen haben dann aber gar keine Chance mehr auf eine umweltfreundliche Mobilität.

Können Sie ausschließen, dass es auf der Straße in 30 Jahren nicht auch CO2-freie Technologien gibt? Stichwort Elektroauto. Und auch beim Lkw-Verkehr gibt es entsprechende Visionen.

Das löst aber nur ein Problem von vielen. So gibt es ja auch volkswirtschaftliche Kosten durch Unfälle oder Staus. Und in den Ballungsräumen haben wir auch schlicht ein Raumproblem für den Individualverkehr. Ich bin überzeugt, dass die Straße die Bahn nie komplett ersetzen kann, egal, welche Motorentechnologie es gibt.

Kommenden Sonntag gibt es Nationalratswahlen. Die Chancen sind gut, dass die SPÖ auch künftig in der Regierung vertreten ist. Wollen Sie dabei Verkehrsministerin bleiben?

Ich glaube, dass ich über die vergangenen fünf Jahre eine gute Bilanz legen kann. Die Frage ist aber nicht: Was will ich werden? Sondern: Was muss getan werden?

Was wäre das?

Im Bereich der Verkehrsinfrastruktur sollte weiterhin auf den Ausbau des öffentlichen und umweltfreundlichen Verkehrs gesetzt werden. Im Bereich der Forschung muss der Schwerpunkt auf die Entwicklung moderner Produktionstechnologien und genügend Fachkräfte gelegt werden. Ohne Bildung werden wir also Probleme haben.

Heißt das, das Bildungsministerium würde Sie interessieren?

Mich interessiert, dass am Sonntag die Sozialdemokratie gestärkt aus der Wahl geht.

ZUR PERSON

Doris Bures, Jahrgang 1962, ist seit Dezember 2008 Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie. Ihre politische Karriere begann sie im Jahr 1980, als sie eine Funktion im Bundessekretariat der Sozialistischen Jugend übernahm. 1987 zog sie ins Bezirksparlament von Wien-Liesing ein – in dem sie seit Anfang 2009 Bezirksparteichefin ist. 1990 zog sie in den Nationalrat ein, von 2000 bis Anfang 2007 war sie SPÖ-Bundesgeschäftsführerin.

Von März bis Juni 2007 war Doris Bures Ministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst. Anfang Juli 2008 wurde sie wieder SPÖ-Bundesgeschäftsführerin. Bis sie wenige Monate später wieder zur Ministerin wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2013)

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