A-Tec-Pleite: Gutachten soll Justiz Munition liefern

PK A-Tec : KOVATS
PK A-Tec : KOVATSAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Die Staatsanwaltschaft Wien weitet die Ermittlungen gegen Mirko Kovats aus. Es geht um Anlegerbetrug. Den Anstoß zur Ausweitung der Untersuchung gab Anlegeranwalt Michael Poduschka.

Wien. Seit zweieinhalb Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien im Zusammenhang mit der Insolvenz des A-Tec-Konzerns wegen Untreue und betrügerischer Krida gegen den ehemaligen Konzernchef Mirko Kovats und zwölf weitere Beschuldigte. Jetzt hat Staatsanwalt Marcus Schmitt die Ermittlungen ausgeweitet, wie Behördensprecherin Nina Bussek bestätigt. Es geht um Anlegerbetrug. Und um die Frage, ob in Kovats zurechenbare Stiftungen bzw. Gesellschaften (auch) zu Unrecht Anlegergeld geflossen ist. Für Kovats und alle anderen Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Den Anstoß zur Ausweitung der Untersuchung gab Anlegeranwalt Michael Poduschka, der rund 80 geschädigte Anleger vertritt. Wobei es auch darum ging, die dreijährige Verjährungsfrist – die A-Tec ging am 20.Oktober2010 pleite – zu unterbrechen. „Wir haben bei der Staatsanwaltschaft angeregt, das Verfahren auszuweiten, und freuen uns, dass das so prompt aufgegriffen worden ist“, sagt Poduschka zur „Presse“.

Unterbrechung der Verjährung

Wäre es nur um Untreue gegangen, wäre eine Unterbrechung der Verjährung problematisch gewesen. Der Geschädigte wäre dann die Gesellschaft, nicht aber der Anleger. Jetzt können sich Anleger dem Strafverfahren als Privatbeteiligte anschließen. Sollte es zu einer rechtskräftigen Verurteilung kommen, können sich die Aktionäre schadlos halten.

Entscheidende „Munition“ erwartet sich der Staatsanwalt von einem Gutachten, das er beim Steuerexperten Thomas Keppert beauftragt hat. Er war unter anderem bei Yline, Amis und Bawag II tätig. Die Expertise sollte eigentlich schon fertig sein, „wir erwarten sie zu Jahresanfang 2014“, sagt Bussek. Keppert soll allen Verdachtsmomenten nachgehen – etwa jenem der Steuerhinterziehung.

Die Justiz ging bisher in ihren Ermittlungen von einem Schaden von rund 50 Mio. Euro aus. Rund 16 Mio. Euro sollen auf hinterzogene Steuern entfallen. Die beiden Kovats-Stiftungen Must und Tose sollen seit 2006 keine Steuererklärungen abgegeben haben.

Die Staatsanwaltschaft hat ihre Untersuchungen deshalb nicht nur betreffend der Tatbestände ausgeweitet, sondern nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz auch auf drei Kovats-Stiftungen bzw. Firmen, in die mutmaßlich zu Unrecht Geld transferiert worden ist. Kovats hat nach der Insolvenz wiederholt behauptet, er habe kein Geld. Im Halbjahresbericht der nach wie vor existierenden A-Tec ist vermerkt, dass die Gesellschaft kein Vermögen besitze.

In erster Linie ist das die Must-Privatstiftung, deren Stifter Kovats ist. Schon Insolvenztreuhänder Matthias Schmidt hat in seinem umfassenden Bericht zu den Ursachen der Pleite darauf hingewiesen, dass gleich nach dem Börsegang der A-Tec im Dezember 2006 auf Antrag der Must (über sie und eine andere Gesellschaft hielt Kovats 66 Prozent der A-Tec) für 2006 eine Dividende von 19,8 Mio. Euro gezahlt worden sei. Sie basierte auf einem Gewinn, der überwiegend aus Aufwertungen resultierte. Diese seien damals durch eine Verschmelzung der AE&E Beteiligungsgesellschaft mit der A-Tec entstanden, ergänzt Poduschka.

Die anderen beiden Firmen sind die „Capital- und Industrie-Investment AG“ (CII) und die „Airo Tower Immobilienverwaltungs GmbH“, die beide laut Firmenbuch der Must gehören.

Poduschkas Vorwurf: Der A-Tec sei bewusst Liquidität entzogen worden – nicht nur durch die Dividende, sondern auch durch den Verkauf von A-Tec-Aktien an die CII. Diese – und noch viele andere Transaktionen – seien nicht transparent gemacht worden. „Hätte Kovats ordnungsgemäß informiert, was er alles vorhat, hätten die Aktionäre nicht gekauft“, ist Poduschkla überzeugt. Er hat im Namen einiger Mandanten auch Klagen direkt gegen Kovats wegen Marktmanipulation eingebracht.

Anleihen zur Schuldentilgung

Außerdem kritisiert Poduschka die Begebung der Wandelanleihen zwischen 2005 und 2009 schwer. Der Erlös sei nicht zur Konzernfinanzierung, sondern überwiegend zur Tilgung alter Schulden verwendet worden. Die Schwierigkeiten bei der Refinanzierung der letzten Anleihe – und der Ausfall mehrerer Großprojekte in der Sparte Anlagenbau (AE&E) lösten letztlich die Insolvenz aus.

Mit Passiva von 700 Mio. Euro zählte die A-Tec zu den größten Pleiten der Zweiten Republik. Der von Kovats aufgebaute Mischkonzern hatte zu Höchstzeiten weltweit 12.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete einen Jahresumsatz von rund drei Milliarden Euro.

Kovats-Anwalt Rainer Rienmüller betont auf „Presse“-Anfrage, dass sein Mandant stets alle Vorwürfe zurückgewiesen habe. Die Vorwürfe seien nicht neu, die Staatsanwaltschaft ermittle in alle Richtungen. (eid/APA)

ZUR PERSON

Mirko Kovats ist eine der schillerndsten Unternehmer des Landes. Der 65-jährige Wiener studierte an der Hochschule für Welthandel (heute Wirtschaftsuniversität) und begann seine Karriere im Osthandel mit Maschinen. Nach der Ostöffnung investierte er in Büro- und Hotelprojekte und betrieb auch Diskotheken. Nicht alles gelang, wie etwa die Sanierung der Ersten Österreichischen Zahnradfabrik und der Wiener Brückenbau. Ende der 1990er-Jahre begann Kovats, die A-Tec aufzubauen. Der stark expandierende Konzern schlitterte am 20. Oktober 2010 in die Insolvenz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2013)

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