Gehaltsschere: Ein Viertel - oder doch "nur" 5,6 Prozent?

Equal Flashmobs sich schliessende
Equal Flashmobs sich schliessende
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"Equal Pay Day": Laut Gewerkschaft haben Männer schon bis 8. Oktober das durchschnittliche Jahresgehalt einer Frau verdient. Stimmt so nicht, sagt die Wirtschaftskammer.

Bis 8. Oktober hat ein österreichischer Mann bereits ein  Gehalt verdient, für das eine Frau das ganze Jahr lang arbeiten muss: Das ist die Botschaft, die der "Equal Pay Day" vermitteln soll. Der ÖGB veranstaltete bereits am Montag im ganzen Land "Flashmobs", um auf die Gehaltsschere aufmerksam zu machen. ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende Sabine Oberhauser (SPÖ) erinnerte in einer Aussendung daran, dass Vollzeit arbeitende Frauen in Österreich im Schnitt fast ein Viertel (23,2 Prozent) weniger verdienen als Männer. Pro Jahr sind das 10.559 Euro, rechnet der ÖGB vor. "Die Einkommensschere schließt sich viel zu langsam. Wir müssen gemeinsam Tempo machen", so Oberhauser.

Wirtschaftskammer: Datum erst im Dezember

Zwar sind sich alle einig, dass Frauen weniger verdienen als Männer - es kursieren allerdings die unterschiedlichsten Prozentzahlen. Vergleicht man die Verdienste in der gleichen Branche, Berufsgruppe, mit dem gleichen Ausbildungsniveau und der gleichen Zugehörigkeitsdauer zum Unternehmen, gibt es laut Statistik Austria einen Unterschied von 18 Prozent (>>> siehe Infografik). Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo sprach im Vorjahr dagegen von einem Gehaltsunterschied von 13,5 Prozent.

Noch weiter geht die Wirtschaftskammer am Montag in einer Aussendung: Bei objektiver Betrachtung der Datenlage sei der "Equal Pay Day" erst im Dezember fällig, meint Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik. Er zitiert die der OECD-Studie "Closing the Gender Pay Gap", wonach der Einkommensunterschied hierzulande 19,4 Prozent beträgt. Nach Abzug "objektiver Faktoren" wie Arbeitszeit, Alter, Berufserfahrung, Ausbildung und Tätigkeit mache er allerdings "nur" noch 5,6 Prozent aus.

>>> Mehr: Frauen in Österreichs Arbeitswelt

Eine Absage erteilt Gleitsmann auch zwei Forderungen, die von ÖGB und SPÖ im Rahmen des "Equal Pay Day" gestellt wurden: Ein kollektivvertraglichen Mindestlohn von 1500 Euro und die Gehaltsoffenlegung auch für Betriebe unter 150 Mitarbeitern.Alle größeren Betriebe müssen bereits ab 2014 Einkommensberichte erstellen.
"Zuerst muss einmal die Umsetzung der bestehenden Pflichten abgewartet werden", meint Gleitsmann. Er weist außerdem darauf hin, dass für kleinere Unternehmen die Offenlegung aller Einkommen schon allein aufgrund des Datenschutzes nicht in Frage komme.

Eine schnelle Anhebung des Mindestgehalts würde vor allem "Frauen den Job kosten", kritisiert Gleitsmann weiter: "Eine selbständige Frisörin verdient nicht viel mehr als ihre Mitarbeiter. Steigen die Löhne abrupt, lohnt sich eine Beschäftigung schlicht nicht mehr und sie macht alleine weiter." Bestes Beispiel sei Frankreich, wo ein hoher Mindestlohn zu hoher Arbeitslosigkeit geführt habe.

Equal Pay Day wird zwei Mal begangen

Übrigens: Der nächste "Equal Pay Day" lässt nicht lange auf sich warten. Warum er in Österreich gleich zwei Mal pro Jahr begangen wird, hat Jeannine Hierländer vor einem Jahr herausgefunden (>>> Subtext: Tage der ungleichen Einkommen – Sturheit à la Österreich).

(Red./APA)

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