Stahlhartes Pflaster Europa: Voest wächst in Übersee

A steel worker cleans a block of steel at Voestalpine steel plant, which works in close co-operation with Austrian fireproof materials maker RHI, in Donawitz
A steel worker cleans a block of steel at Voestalpine steel plant, which works in close co-operation with Austrian fireproof materials maker RHI, in DonawitzREUTERS
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Der Linzer Stahlkonzern will den Umsatz in Südostasien verdreifachen und investiert dafür mehrere hundert Mio. Euro. Bis 2020 soll der Konzern weltweit 20 Mrd. Euro umsetzen.

Bei Prognosen hat sich Wolfgang Eder noch selten geirrt. Und so hält der Voestalpine-Chef auch an den strategischen Zielen für den Stahlkonzern fest, obwohl er auch im nächsten Jahr in Europa nur eine leichte Konjunkturerholung sieht und daher im laufenden Geschäftsjahr 2013/14 von einem stagnierenden Betriebsergebnis von 850 Mio. Euro ausgeht. Bis 2020 will die Voest einen Umsatz von 20 Mrd. und ein Betriebsergebnis von rund 1,8 Mrd. Euro erzielen.
Den Schub von einer Umsatzmilliarde pro Jahr soll die immer stärkere Ausrichtung des Konzerns weg vom Stahlproduzenten hin zum stahlbasierten Hightech-Unternehmen bringen. Das heißt, dass die Linzer immer mehr Augenmerk auf Innovationen und Spezialitäten legen. So etwa bauen sie inzwischen ganze Autokarosserien. Macht Stahl aus Voest-Hochöfen derzeit noch ein Drittel des Umsatzes von zuletzt 11,524 Mrd. Euro aus, so soll dieser Anteil auf ein Viertel sinken, sagte Eder am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Mobilität und Energie im Fokus

Auch bei den Kunden fokussiert Eder: Mobilität (Luftfahrt, Bahnsysteme und Automobilindustrie) und Energie liegen im Vordergrund. Der Umsatzanteil dieser beiden Bereiche  soll in sieben Jahren von 60 auf 70 Prozent steigen.
Regional ist schon seit der Entscheidung für das gerade im Bau befindliche Eisenbrikett-Werk in Texas, in das die Voest 550 Mio. Euro steckt, klar, wohin die Reise geht: nach Übersee. Wobei Nordamerika und Asien im Vordergrund stehen. Dort hat die Voest zuletzt – vor allem im Edelstahlbereich – zugekauft und neue Autoteile-Werke eröffnet. „Allein mit diesen Investitionen und dem Werk in Texas haben wir rund eine Mrd. Umsatz dazu gewonnen“, sagte Eder.
Um den Umsatzanteil außerhalb Europas von 25 auf 40 Prozent anzuheben, peilt Eder eine Asienoffensive an. Dazu reist er auch in den nächsten Tagen mit einer großen Führungskräfte-Gruppe nach Fernost. In dieser Region, wo die Voest derzeit 64 Standorte mit 3600 Beschäftigten hat, soll sich der Umsatz von 710 Mio. auf gut zwei Mrd. Euro verdreifachen. „Wir sehen dort hohe Wachstumschancen und werden bis 2020 mehrere 100 Mio. Euro investieren.“ Es gehe sowohl um Zukäufe als auch den Bau von Werken auf der grünen Wiese.
Im Mittelpunkt der Aktivitäten steht China, wo sich das Wirtschaftswachstum auf jährlich rund sieben Prozent stabilisieren sollte. Aber auch Länder wie Indonesien, Malaysia, Vietnam und sogar Kambodscha hätten großen Potenzial. Nachholbedarf ortet der Voest-Chef vor allem in der Infrastruktur, im Bahn-, aber auch Automobilbereich sowie in der Energie. Indien hingegen enttäusche – die hohe Bürokratie erschwere größere Projekte. Eine Reihe von Vorhaben seien hintangestellt worden.

Dreifache Energiekosten

Europa bleibt indes laut Eder ein stahlhartes Pflaster: Hohe Umweltstandards, hohe Energiepreise und hohe Kosten für den Faktor Arbeit seien jene Hürden, die der Industrie in Europa das Leben schwer machten, meinte Eder. So etwa seien die Energiekosten hierzulande drei bis viermal so hoch wie in den USA. Und ein Facharbeiter kostet hierzulande 50.000 Euro im Jahr, im Süden der USA 37.000 Euro – bei nahezu gleicher Produktivität. Zudem dauern Genehmigungen viel zu lange.
Einmal mehr wies Eder auf die Gefahr einer Deindustrialisierung in Europa hin: Lag der Anteil der Industrie am EU-Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2000 bei 18 Prozent, so sind es heuer nur noch zwölf Prozent. „Angesichts dieser Entwicklung fällt einem schwer zu glauben, dass wir bis 2020 die EU-Vorgabe eines 20-Prozent-Anteils erreichen“, betonte Eder. (eid)

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