„Eine Bankfinanzierung kommt für die meisten nicht infrage“

Start-up-Szene. Basel III und Bankenkrise zwingen Start-ups, sich anderweitig zu finanzieren. Andere Länder sind schon viel weiter.

Wien. Dass die Banken seit der Krise der Finanzwelt, seit Basel II und III mit Krediten geizen, ist nichts Neues mehr. Doch die Kreditklemme, die von vielen Unternehmern landauf, landab beklagt wird, hat vielleicht sogar etwas Positives.

Denn die österreichische Start-up-Szene fängt an, das Heft selbst in die Hand zu nehmen und sich zu organisieren. „Für die meisten Jungunternehmer kommt die klassische Bankfinanzierung gar nicht infrage, weil sie nicht die nötigen Sicherheiten aufbringen können“, sagt Christoph Jeschke, Managing Director von Austrianstartups. Die unabhängige Plattform bietet Start-ups Orientierung im administrativen Dschungel, den jede Unternehmensgründung mit sich bringt, sammelt Daten über Investoren und Förderstellen und bietet einen Überblick über relevante Events.

„Außerdem wollen wir ein Sprachrohr sein, das die Interessen von Start-ups gegenüber der Politik vertritt“, sagt Jeschke. Dabei gehe es nicht darum, „dass wir von der Politik mehr Geld wollen, sondern es muss einfach besser verteilt werden.“ Die jetzige Förderlandschaft sei zwar breit aufgestellt, könnte aber mehr an die Bedürfnisse der Start-ups angepasst werden.

Besonders in der ersten Phase, wenn es noch um Forschung und Entwicklung geht, ist Finanzierung sehr schwer aufzutreiben: „Geldgeber und Jungunternehmer haben oft so unterschiedliche Vorstellungen und Prioritäten, dass sie nicht zusammenkommen“, sagt Rainer Willfort von der Crowdinvesting- Plattform 1000x1000.

Kalkulierbares Risiko

Business Angels und Venture-Capital-Fonds würden erst in späteren Phasen potenzielle Partner, wenn das Risiko schon etwas besser kalkulierbar sei. „Ganz am Beginn, wenn dem Gründer das Eigenkapital ausgeht und man die drei F – family, friends and fools – schon angezapft hat – gibt es noch eine grüne Wiese“, sagt Willfort. Und genau hier siedelt sich das Crowdinvesting an, das es den Kapitalgebern ermöglicht, das Risiko durch kleine Summen und mehrere Projekte zu streuen. Der Unterschied zu den von Banken angebotenen Fonds: Man sucht sich die Unternehmen selbst aus. Und finanziert damit jene, die die Banken nicht berücksichtigt.

Andere EU-Länder sind schon viel weiter als Österreich, was Risikokapital betrifft. Ein Grund dafür sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen. In Großbritannien und den Niederlanden etwa liegt die Obergrenze für crowdbasierte Finanzierungen bei fünf Mio. Euro in Österreich bei 250.000 Euro.

Außerdem interessiert sich ein breiterer Teil der Bevölkerung für Unternehmertum. In den USA werden mit Crowdfunding auf Plattformen wie Kickstarter für die erfolgreichsten Projekte Summen im zweistelligen Millionen(Dollar)-Bereich lukriert. Letztes Jahr hat US-Präsident Barack Obama mit dem „Jumpstart our Business Startups Act“ auch die Bedingungen für Crowdinvesting geschaffen.

Die Rahmenbedingungen sind eine Sache, noch wichtiger ist aber eine Kultur des Risikos. Die Österreicher bevorzugen sichere Anlageformen wie das Sparbuch und den Bausparvertrag, auch wenn sich ihr Geld damit real nicht vermehrt. Hier brauchte es einen Kulturwandel, sagen die Experten. Ein Anfang sei jedenfalls gemacht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2013)

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