Haberleitner will nicht aufgeben: Der ehemalie dayli-Eigentümer hat einen Brief an die Vermieter der Filialen geschickt.
Knapp ein Jahr hat das Gastspiel des davor fast unbekannten Investors Rudolf Haberleitner bei der Drogeriekette dayli angedauert. Seine Ankündigungen waren stets groß, doch schon von Beginn an wurden die Pläne des 68-Jährigen von vielen in Zweifel gezogen. Haberleitner wollte aus dem früheren Drogerieriesen Schlecker mit ramponiertem Image einen Nahversorger bauen: APA/HERBERT NEUBAUER Rudolf Haberleitner übernimmt über die Restrukturierungsgesellschaft TAP 09 (TAP steht für Turnaround Platform) 1350 Schlecker-Standorte in Österreich, Italien, Polen, Belgien und Luxemburg. Allein in Österreich können mehr als 3000 Beschäftigte aufatmen, wenngleich die österreichische Schlecker-Tochter selbst von der Insolvenz nicht betroffen war. Die neuen Eigentümer geben der Drogeriekette den Namen dayli. APA/HERBERT PFARRHOFER Haberleitner holt sich den langjährigen dm-Manager Peter Krammer als operativen Vorstand an Bord. Er selbst fungiert als Vorstandsvorsitzender (CEO). Erst im Mai 2013 ist das dayli-Management mit dem Einzug von Hanno Rieger, ehemaliger Österreich-Chef bei Lidl, als CMO ("Chief Marketing Officer") und Andreas Bachleitner, zuletzt Adeg-Vorstand, als Finanzvorstand (CFO) komplett. APA/HERBERT NEUBAUER Völlig überraschend steigt der Glücksspielkonzern Novomatic zu 50 Prozent als Finanzinvestor bei dayli ein. In der Glücksspielbranche wird der Einstieg als kluger Schachzug gewertet. Der niederösterreichische Konzern könnte sich so langfristig Standorte für Glücksspielsalons sichern, im Falle, dass dayli-Filialen zusperren, könnte Novomatic als Eigentümer laufende Mietverträge des Einzelhändlers übernehmen, wurde damals spekuliert. dayli macht in Pöggstall (NÖ) und Linz-Ebelsberg die ersten Filialen mit dem neuen Nahversorgerkonzept auf. In den Regalen findet sich ein Sammelsurium aus frischem Obst und Gemüse, Mehl, Soja-Desserts, Kosmetik- und Hygieneartikeln, Zigaretten, Zeitschriften, Kleidung usw. In den neuen Filialen gelten auch neue Öffnungszeiten, am Sonntag von 9.00 bis 18.00 Uhr. Weitere Filialen sollten folgen. Auf der ersten Pressekonferenz seit der Übernahme kündigt das dayli-Management an, in Österreich in allen damals 885 Filialen Sonntags aufsperren zu wollen und legt sich damit mit Gewerkschaft, Kirche und Politik an. Außerdem räumt Haberleitner einen Finanzbedarf von 114 Mio. Euro allein für 2013 für den Umbau bestehender Filialen sowie für Neueröffnungen ein. APA/HERBERT NEUBAUER Miteigentümer Novomatic schaltet sich in den Streit um die Sonntagsöffnung ein und pfeift dayli zurück. Bis die Rechtslage eindeutig geklärt ist, lasse dayli seine Geschäft am Sonntag zu, so Novomatic damals. Eine Gesetzesänderung vereitelt die Pläne zur Sonntagsöffnung. VP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner ändert die Gewerbeordnung dahingehend, dass der sonntägliche Warenverkauf mit Gastgewerbekonzession künftig nur dann erlaubt ist, wenn der Charakter des Betriebes als Gastgewerbe auch tatsächlich gegeben ist. Novomatic gibt bekannt, aus seiner Beteiligung an dayli wieder auszusteigen und seinen Hälfteanteil an den Firmengründer Rudolf Haberleitner zurückzugeben. Der Glücksspielkonzern stellt das gewährte Darlehen in der Höhe von zehn Millionen Euro nicht sofort fällig und bleibt damit als "Finanzinvestor" an Bord. APA/HERBERT NEUBAUER dayli meldet 560 Mitarbeiter beim Arbeitsmarktservice (AMS) an und gibt bekannt, rund 180 der 885 Filialen in Österreich zu schließen. Außerdem wird das Aus für das Verteilerzentrum Gröbming in der Obersteiermark mit 68 Mitarbeitern vermeldet. Drei Wochen später gibt die Drogeriemarktkette bekannt, dass sie "nur" 336 Mitarbeiter abbauen und 103 Filialen schließen wird. Bei dayli spitzt sich die Lage weiter zu. Ende des Monats sind Gehälter sowie Urlaubsgeld für rund 3000 Mitarbeiter in Österreich fällig. Zusätzlich müssen gestundete Lieferantenverbindlichkeiten bedient werden. (c) Erwin Wodicka - wodicka@aon.at (Erwin Wodicka) Die Juni-Gehälter und Urlaubsgelder werden nicht fristgerecht ausbezahlt. dayli-Lieferanten drohen damit, den Insolvenzantrag zu stellen. Firmenchef Haberleitner wird in Italien von vermeintlichen Geschäftspartnern um eine Million Euro geprellt. Im Raum steht auch ein Verdacht auf Geldwäsche. Haberleitner könnte deswegen von der Wiener Polizei im Auftrag der italienischen Behörden befragt werden. APA/HERBERT NEUBAUER Dem Kreditschutzverband 1870 wird das Hin und Her um die Drogeriekette zu viel. Der Konkursantrag wird vorbereitet. Ein Ultimatum bekommt das Management auch von der Gewerkschaft. Sollten die Beschäftigten ihr Geld nicht spätestens am 11. Juli auf den Konten haben, werden die Arbeitnehmervertreter rechtliche Schritte einleiten, kündigte die GPA an. APA/HERBERT NEUBAUER dayli stellt selbst den Antrag auf ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. Die Passiva belaufen sich auf 56 Mio. Euro, davon 18 Mio. Euro Lieferantenverbindlichkeiten. Haberleitner verkauft dayli kurz vor Insolvenzanmeldung um einen symbolischen Euro an den Textilkenner Martin Zieger. APA/GEORG HOCHMUTH Masseverwalter Rudolf Mitterlehner zieht die Notbremse und beantragt die Schließung von 355 Filialen. 1.261 Mitarbeiterinnen verlieren ihren Job. Kreditschützer und Masseverwalter geben dem Neo-Eigentümer bis Ende Juli Zeit, noch einen Investor zu finden. Zieger beziffert den Finanzbedarf für eine Fortführung mit 40 Mio. Euro. APA/HERBERT PFARRHOFER Masseverwalter Rudolf Mitterlehner meldet die verbliebenen Mitarbeiter sicherheitshalber beim AMS zur Kündigung an. Gleichzeitig kündigte er abermals eine 40-Prozent-Preisaktion an. Nach einem Monat ohne Lohn bekommen die Mitarbeiterinnen nun zudem die Juli-Gehälter ausbezahlt. Eine Woche später kündigt der Masseverwalteran, das Unternehmen zu schließen, wenn nicht bis 9. August ein Investor eine Bankgarantie in Höhe von 1,15 Mio. Euro für die Abdeckung des Verlusts der nächsten Tage legt. APA/GEORG HOCHMUTH Der Umbau der ehemaligen Drogeriemarktkette Schlecker zu dayli ist endgültig gescheitert. Gläubigerausschuss und Gericht bewilligten heute, Montag, die vom Insolvenzverwalter beantragte Schließung. Damit verlieren die restlichen 2.200 dayli-Mitarbeiterinnen ihren Job. Im Juli waren bereits 1.261 Beschäftigte abgebaut worden. Kein Investor konnte eine Bankgarantie über 1,5 Mio. Euro vorlegen. APA/GEORG HOCHMUTH Schlecker-Umbau gescheitert Der ehemalige dayli-Eigentümer Rudolf Haberleitner will trotz Insolvenz und Schließung nicht von der Drogeriemarktkette ablassen. Kürzlich hat Haberleitner in einem Brief die Vermieter der vormaligen dayli-Filialen ersucht, ihm eine Mietoption bis Ende März 2014 einzuräumen. Er habe die "erforderliche Finanzierung über private Investoren, die dem Konzept voll vertrauen, aufgestellt". Laut dayli-Masseverwalter Rudolf Mitterlehner hat sich Haberleitner in den vergangenen Monaten "laufend interessiert" an den Resten der Drogeriemarktkette gezeigt. Die entsprechende Finanzierung habe er "bis jetzt nicht nachweisen können", sagte Mitterlehner zur APA. "Ob er Gelder aufstellen kann, weiß ich nicht." Er könne die finanzielle Situation von Haberleitner und seinen vermeintlichen Investoren nicht einschätzen.
Haberleitner will "Restart professionell vorbereiten" Auf APA-Anfrage wollte Haberleitner seine Pläne nicht näher konkretisieren, "da wir unseren Restart professionell vorbereiten". Im Brief an die Vermieter verspricht er einen Neustart in den nächsten Wochen. "Wir werden daher noch dieses Jahr beginnen, die Aktivitäten weiter zu führen, haben das Management dafür gesichert und planen, sämtliche Dayli-Standorte, unter Umsetzung eines nochmals verbesserten Konzepts, wieder zu eröffnen", heißt es in dem mit 21. November datierten Schreiben, das der APA vorliegt.
Der ehemalige Eigentümer macht für die Pleite erneut die Diskussion um die Sonntagsöffnung und die Boykottmaßnahmen der Gewerkschaft verantwortlich. Diese hätten "die Weiterentwicklung unserer Dayli-Nahversorgerkonzeptes schwer geschadet und zum Stillstand gebracht".
"Alle Standorte wieder eröffnen" Haberleitner bittet in dem Schreiben "um rasche Übermittlung" der Mietoption, "damit das Mietverhältnis begründet und die Geschäftstätigkeit an Ihrem Standort mit Dayli fortgesetzt werden kann". "Dazu ersuchen wir Sie, uns eine Option bis zum 31.3.2014 einzuräumen, um auch Ihren Standort wieder zu den zuletzt bei Dayli TAP Vertriebs GmbH gültigen finanziellen Bedingungen zu beleben", heißt es in dem Schreiben. Er plane "alle Standorte in Österreich wieder zu eröffnen".
Das Scheitern der Supermarktkette Zielpunkt ist kein Einzelfall. Zumeist sind es nationale Unternehmen, die vom Markt verschwinden. Für den größten Aderlass sorgte der Niedergang des Konsums in den 90er-Jahren. Zumindest manche Marke hat unter einem neuen Eigentümer überlebt. "Die Presse" zeigt die größten Handelspleiten seit 1992 ... www.BilderBox.com Drei Jahre vor dem Konsum erwischte es die Foto- und Elektronikhandelskette Foto Herlango. Die Überschuldung des Filialisten mit 93 Standorten wies stolze 138 Millionen Euro auf. betroffen waren 1100 Mitarbeiter sowie weit über 1000 Lieferanten. Das Unternehmen wurde um etwa acht Millionen Euro (115 Millionen Schilling) von Elektro Niedermeyer übernommen. www.BilderBox.com Die größte Pleite in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte ist bislang der Bankrott des Einzelhandelsriesen Konsum. In den mehr als 1000 Standorten waren 17.000 Mitarbeiter beschäftigt. Der angehäufte Schuldenberg des "roten Riesen" betrug 1,9 Milliarden € damals noch 26 Milliarden Schilling. Ein Hauptgrund für den Niedergang war, dass der Konsum den damals dynamisch wachsenden Lebensmittelfilialisten wie Billa und Spar nichts entgegensetzen konnte. APA Die Holz-Steiner-Gruppe ging 1999 bereits zum zweiten Mal pleite. Bereits zehn Jahr zuvor war Holz Steiner zahlungsunfähig und musste den Ausgleich anmelden. 34 Fachmärkte fielen der Insolvenz zum Opfer, die Überschuldung schlug sich mit 61 Millionen Euro zu Buche. 274 Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz. APA Die Firma Kleider Bauer mit Sitz in Perchtoldsdorf wurde 2000 insolvent. Übernommen wurden der lange marktbeherrschende Bekleidungshändler von der österreichischen Investorenfamilie Graf, die etwa sieben Millionen Euro (über 100 Millionen Schilling) auf den Tisch gelegt haben soll. Immerhin blieben 30 der insgesamt 44 Filialen erhalten. Für Aufsehen sorgte die Familie Graf im Jahr 2004, als sie sich einen Teil der ebenfalls insolventen Hettlage-Filialen einverleibte. APA Die Insolvenz der Autozubehör-Kette Forstinger ging als eine der größten Pleiten 2001 in die Geschichtsbücher ein. 90 Millionen Euro machte die Überschuldung aus. Zehn der 121 Filialen wurden damals geschlossen, 50 Mitarbeiter verloren ihren Job. Nach einer geglückten Sanierung stand das Handelsunternehmen 2009 abermals auf wackeligen Beinen. Nach der Insolvenz der Forstinger-Mutter FHS Beteiligungsverwaltungs GmbH wurde die Firma von der niederösterreichischen Alcar-Gruppe komplett übernommen. Forstinger Handel und Service G Im Juni 2001 musste der vom Buchhändler zum Onlinehändler mutierte Libro-Konzern mit 240 Millionen Euro Schulden den Ausgleich anmelden. Im Juni 2002 kam es zum Anschlusskonkurs, als Bankenverhandlungen scheiterten. Die Passiva beliefen sich auf 349 Millionen Euro. Während die Amadeusfilialen 2002 von der Buchgruppe Thalia übernommen, kaufte im November 2002 ein Konsortium um den Industriellen Josef Taus Libro um fünf Millionen Euro aus der Konkursmasse heraus. APA Die Pleite der deutschen Konzern-Mutter Arcandor riss auch den Österreich-Ableger des Versandhändlers mit. Mit der Insolvenz haben 1100 Quelle-Mitarbeiter ihre Jobs verloren. Die Überschuldung betrug 88 Millionen Euro. Der Name „Quelle“, lange das Synonym für Versandhandel und die 1500 Seiten starken Kataloge, die halbjährlich an 1,2 Millionen Haushalte verschickt wurden, verschwanden. Otto-Versand erwarb die Namensrechte. APA/rubra/RUDOLF BRANDSTÄTTER Betroffen von der Cosmos-Insolvenz waren etwa 1160 Dienstnehmer und rund 1500 Gläubiger. Die 27 Filialen wurden geschlossen. 2005 hatte Sanierer Erhard Grossnigg, als er Cosmos kaufte, 25 Prozent Marktanteil im Auge. Doch die Preisschlacht gegen MediaMarkt/Saturn, die bei 30 Prozent Marktanteilhalten, ging verloren. APA/HANS KLAUS TECHT Am 2. April 2013 meldete Niedermeyer Insolvenz an - mit 29 Millionen Euro Schulden. 53 der 98 Filialen wurden sofort geschlossen, der Rest wenige Monate später. 580 Beschäftigten waren von der Insolvenz betroffen. Niedermeyer war kein klassischer Computerhändler sondern verkaufte Fotoapparate, Fernseher, Stereoanlagen, etc. Am Ende wurde dem Unternehmen wohl das Internet zum Verhängnis. APA/HERBERT PFARRHOFER Die Drogeriemarktkette dayli war eine der spektakulärsten Handelspleiten. Erst 2012 hat Rudolf Haberleitner die Österreich-Tochter der insolventen deutschen Schlecker-Gruppe übernommen und daraus dayli gemacht. Für das insolvente Unternehmen hat sich kein Investor gefunden. Es hat Passiva in der Höhe von 67 Millionen Euro angehäuft. 3500 Mitarbeiter, vornehmlich Frauen, haben ihren Job verloren. APA/GEORG HOCHMUTH DiTech war eines von Österreichs Vorzeigeunternehmen. 1999 von Damian und Aleksandra Izdebski gegründet, expandierte DiTech schnell und baute in ganz Österreich Filialen auf. Im Jahr 2014 wurde das Unternehmen geschlossen. Denn DiTech ist mit der Suche nach einem Investor gescheitert. Von der Schließung waren 22 Standorte und rund 250 Mitarbeiter betroffen. APA/HERBERT NEUBAUER Die Tochter der Pfeiffer-Gruppe mit 2500 Beschäftigten hat den langen Kampf ums Überleben verloren. Pfeiffer will die zur Rettung notwendigen 60 Millionen Euro nicht aufbringen. Anfang Dezember will Zielpunkt einen Insolvenzantrag stellen. >>> mehr dazu lesen Sie hier Die Presse (Clemens Fabry) Die Textilkette Charles Vögele muss nun auch in Österreich Insolevenz anmelden. Zuletzt waren in 102 Filialen 711 Mitarbeiter beschäftigt. Zuletzt gehörte das Unternehmen zum italienischen Modekonzern OVS, der 2016 als Retter der angegrauten Marke angetreten war. >>> mehr dazu lesen Sie hier: APA/HERBERT PFARRHOFER Handel: Die größten Pleiten seit 1992 Im Juli 2012 hatte der bis dahin weitgehend unbekannte Investor Haberleitner alle Schlecker-Filialen in Österreich, Italien, Polen, Belgien und Luxemburg übernommen und wollte die Drogeriemarktkette als Nahversorger neu aufstellen. Nach knapp einem Jahr schlitterte das Unternehmen in die Insolvenz und einen Monat später, im August 2013, wurde die Schließung besiegelt.
(APA)
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