Budgetverschleierung vor Steuerzahlerschutz

(c) EPA (BARBARA GINDL)
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Der Murks um die Hypo Alpe Adria und deren "Abwicklung" bietet ein seltsames Bild: Die Regierung hat praktisch entschieden, dass ausländische institutionelle Investoren schützenswerter sind als heimische Steuerzahler.

In den vergangenen Tagen haben wir wieder eine taktische Meisterleistung am Ballhausplatz erlebt: Auf Überlegungen, dass ein Konkurs der Hypo Alpe Adria samt nachfolgender Insolvenz des Landes Kärnten um einige Milliarden billiger käme als wie gehabt weiterzumurksen, sind Bundes- und Vizekanzler sofort ausgeritten, um einen solchen Schritt kategorisch auszuschließen. „Die Märkte“ könnten „beunruhigt“ werden, hieß es. Und das hätte „unabsehbare Konsequenzen“. Um die Beunruhigung der österreichischen Steuerzahler muss man sich dagegen keine Gedanken machen. Die Wahlen sind ja vorbei.

Wenn jetzt versucht wird, die besicherten und unbesicherten Anleihegläubiger der Kärntner Hypo (also etwa die BayernLB) zu einem freiwilligen Teilverzicht auf ihre Forderungen zu bewegen, dann wird das dort wohl höllisch meckerndes Gelächter auslösen. Wieso sollte einer auch nur daran denken, einen einzigen Euro Sanierungsbeitrag zu leisten, wenn die Regierung öffentlich verkündet, dass sie die Rechnung ohnehin eins zu eins an die Steuerzahler schicken will? Und die Rechnung dafür, dass einige Balkanländer noch keine Einlagensicherung auf die Reihe gebracht haben, gleich noch dazu?

Patscherter, um das einmal ganz vorsichtig auszudrücken, kann man die Sache wirklich nicht mehr angehen. Denn natürlich kann man mit einem Drohszenario einiges erreichen. Im Fall Griechenlands, das vom finanziellen Drohpotenzial her (bezogen auf die Wirtschaftsleistung) ja selbst in seinen schlimmsten Stunden wesentlich besser dastand als Kärnten mit seiner Immer-noch-14-Milliarden-Haftung, hat das hervorragend geklappt: Vor die Wahl gestellt, in einer Staatspleite alles zu verlieren oder kooperativ zu sein, haben die internationalen Gläubiger einem satten Schuldenschnitt zugestimmt.

Wieso geht das im Fall Kärntens nicht? Wenn die Haftungen schlagend werden und der Bund nicht für das dann zahlungsunfähige Bundesland einspringt, verlieren die Anleihegläubiger der Bank so gut wie alles. Da könnte es sich schon lohnen, eine Beteiligung an einem Schuldenschnitt zu überlegen.

Bitte jetzt nicht mit dem im Schatten der Karawanken gern verbreiteten Märchen kommen, die Landeshaftungen seien eine Ausfallsbürgschaft, vor Kärnten würde also noch der Hypo-Eigentümer Bund „gepfändet“ werden: Die Bank ist eine Aktiengesellschaft – und es gibt wenige Gesetzesstellen, die prägnanter, kürzer und klarer sind als der §48 des Aktiengesetzes, der die Haftung von AG-Eigentümern regelt. Der lautet schlicht und ergreifend: „Für die Verbindlichkeiten der Aktiengesellschaft haftet den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen.“

Der Bund würde also nicht mehr als das in der Bank steckende Kapital verlieren. Ein relativ überschaubarer Schaden. Die Anleihegläubiger aber ziemlich viel. Denn so viel verwertbares Vermögen hat ein hoch verschuldetes Bundesland auch wieder nicht. Und die Bank schon gar nicht.

Aber es ist müßig, darüber zu reden. Die Regierung hat entschieden, dass überwiegend ausländische institutionelle Anleger schützenswerter sind als heimische Steuerzahler. Und das passt nahtlos in die Geschichte der heimischen Bankenrettung, die im internationalen Vergleich besonders steuerzahlerschädlich abgelaufen ist und noch immer abläuft. Die Prämissen kann man ungefähr so skizzieren:
•Budgetverschleierung geht vor Kostenbewusstsein.
•Gläubiger und Anteilseigner sind unter allen Umständen zu schützen.

Fazit: Während sich in Deutschland und Irland die ersten Erfolge bei der Abwicklung der früh gegründeten Abbaubanken monetär niederschlagen und die Schweiz und die USA Milliardengewinne aus ihren radikalen Bankensanierungen berichten, wird bei uns das Loch, das die Bankensanierungen reißen, immer größer.

Kein Wunder: Anderswo hat man ohne Rücksicht auf Staatsschuldenquoten unmittelbar nach dem Ausbrechen der Bankenkrise die Schrottpapiere in Bad Banks ausgelagert. Die strauchelnden Institute waren damit schnell auf neue Beine gestellt – und die Abbaubanken brachten im Wiederaufschwung mehr als erwartet. Bei der Hypo dagegen wurstelt man, um die Malaise im Budget nicht sichtbar zu machen, seit vier Jahren herum und hat noch immer keine Lösung.

Anderswo – etwa in der Schweiz – hat der Staat Eigenkapital gegen Aktien hergegeben– und beim Wiederausstieg schöne Gewinne gemacht. Bei uns hat er vergleichsweise billiges Partizipationskapital ohne Stimmrecht herausgerückt – und sich so jeglicher Einflussnahme beraubt.

Österreich hat also wieder einmal ein Beispiel wie aus dem Lehrbuch dafür geliefert, wie man es nicht macht. Gut, dass die Steuerzahler ohne großes Murren zahlen. Interessant ist die Sache aber schon: Ausgerechnet die, die in Sonntagsreden so gern gegen das „Finanzkapital“ wettern, machen sich jetzt zum Schutzengel für die Interessen ausländischer Finanzinvestoren – und lassen dabei die eigenen Steuerzahler über die Klinge springen.

E-Mails an:josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2013)

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