Energie: Großer Ansturm auf kleinen Rabatt

(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
  • Drucken

340.000 Haushalte wollen gemeinsam Strom- und Gasanbieter wechseln. Laut VKI sparen sie im Schnitt 269 Euro pro Jahr. Das beste Angebot bietet er dennoch nicht.

Wien. Eines vorweg: Es ist mit Sicherheit der größte PR-Erfolg, den Österreichs Konsumentenschützer je erzielt haben. Über 340.000 heimische Strom- und Gaskunden haben sich für den kollektiven Anbieterwechsel unter der Ägide des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) registrieren lassen. 80.000 von ihnen allein am Mittwoch. Die 260.584 ersten Haushalte haben es geschafft: Sie dürfen an der ersten Energie-Einkaufsgemeinschaft im Land teilnehmen. Seit dem gestrigen Donnerstag ist auch klar, welchen Preis der VKI bei seinem Bieterverfahren erreichen konnte.

Besser gesagt: Es ist zumindest klar, wer das Rennen gemacht hat. Im Bereich Ökostrom setzte sich die Enamo, die Diskont-Tochter der oberösterreichischen Landesversorger Linz AG und Energie AG, mit der Marke stromdiskont.at durch. Das beste Angebot für bis zu 260.000 Gaskunden lieferte der deutsche Anbieter Goldgas. Für das Kombiangebot Strom und Gas, für das auch konventioneller Strom akzeptiert worden wäre, fand sich kein Anbieter. Im Schnitt könnten die Teilnehmer bei einem Wechsel vom Landesversorger zu den Bestbietern ihre Stromrechnung um 131 Euro und die Gasrechnung um 138 Euro im Jahr drücken, schätzt der VKI. Welchen Preis die Einkaufsgenossenschaft aber genau erzielt hat, verrät er nicht. Das würden nur jene Konsumenten erfahren, die auch mitgemacht haben.

Enamo unterbietet sich selbst

Ab 15. Jänner erhalten alle Teilnehmer einen Brief mit ihrem persönlichen Einsparungspotenzial. Das Angebot ist unverbindlich – und nicht unbedingt das beste auf dem Markt. Im Tarifkalkulator der E-Control finden sich heute schon günstigere Anbieter – zumindest für das erste Jahr. Beim Strom ist es pikanterweise auch die Enamo-Marke stromdiskont.at selbst, die den Preis der VKI-Wechsler unterbietet. Das Angebot für den VKI liege bei fünf bis 5,5 Cent je Kilowattstunde, erklärt Enamo-Chef Hans Zeinhofer. Das ist – vor allem im Vergleich mit vielen Angeboten der Altversorger – ein ordentlicher Preis.

Wer aber direkt über den Tarifkalkulator zu stromdiskont.at wechselt, bezieht den Strom im ersten Jahr noch einmal um 0,4 Cent pro kWh billiger. Dafür würden die Steigerungen im zweiten Jahr deutlich höher ausfallen, erklärt Zeinhofer. Wer nicht jedes Jahr wechseln will, ist mit dem „Großkundenangebot“ also mitunter besser bedient als mit einem heute billiger erscheinenden Produkt. Die VKI-Aktion ist auch auf ein Jahr beschränkt, danach will der Verein eine weitere Auktion starten. Auch im Gasbereich lohnt sich für alle Teilnehmer, nach Erhalt der VKI-Berechnung, ein Blick in den Tarifkalkulator. Die geschätzten durchschnittlichen Einsparungen von 269 Euro im Jahr bei Strom und Gas zusammen könnten etwas hoch gegriffen sein. Ihnen liegt ein Jahresverbrauch von 5170 kWh Strom und 18.847 kWh Gas zugrunde. Ein typischer österreichischer Haushalt verbraucht rund 3500 kWh Strom, in Ballungszentren wie Wien deutlich weniger. Entsprechend geringer dürfte auch die persönliche Ersparnis ausfallen. Ein Minus von 70 Euro allein beim Wechsel des Stromanbieters sollte – je nach Vorlieferant – aber möglich sein.

Darüber, wie groß das Gerangel der Versorger um die 260.500 Kunden war, sagt der VKI nichts. Etliche Mitbewerber haben von sich aus erklärt, nicht teilzunehmen. Ihnen stößt etwa die Provisionsgebühr von 20 bis 30 Euro sauer auf, die die Energieanbieter pro Wechsler an VKI und den Softwarepartner Prizewize zu bezahlen haben.

Viele Wechselneulinge dabei

Der große Erfolg der Konsumentenschützer ist nicht so sehr der ausverhandelte Preis, sondern die Aufmerksamkeit, die für das Thema geschaffen wurde. Mit Wechselraten von weit unter zwei Prozent waren Österreichs Strom- und Gaskunden bis dato viel treuer als Deutsche oder Briten. Wird der Anbieterwechsel auf dem Silbertablett serviert, wie bei dieser Aktion, sieht das anders aus. Acht Prozent aller Wiener Haushalte sind dabei. Zugeschlagen haben nicht routinierte Preisdrücker. 70 Prozent der Teilnehmer wechseln ihren Energieversorger zum ersten Mal.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

International

Energie: "Ökostrom ist der Sündenbock"

Ökostrom ist nicht teuer, die fossile Lobby auf der Überholspur und jedes Drosseln der Energiewende ein Fehler, sagt Claudia Kemfert, die stärkste Stimme der Erneuerbaren.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.