Liebscher: "Eine Insolvenz der Hypo war nie ein Thema"

Klaus Liebscher
Klaus Liebscher APA/HANS PUNZ
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Auch wenn heuer eine Abbaugesellschaft für die Hypo Alpe Adria geschaffen wird, braucht die Bank Zuschüsse in Milliardenhöhe. Das Gutachten zur Hypo-Insolvenz hat Aufsichtsratspräsident Klaus Liebscher nie gesehen.

Die Presse: Seit Jahren wird über die Hypo-Sanierung diskutiert. Wann kommt die Bad Bank?

Klaus Liebscher: Wir haben noch Detailfragen zu klären. Aber die Absicht besteht, eine Abbaugesellschaft zu schaffen. Dorthin sollen Assets von bis zu 18 Milliarden Euro transferiert werden. Mein Ziel ist es, dass wir bis Ende März 2014 eine Lösung haben werden.

Wo liegt das Hauptproblem?

Die Grundsatzfrage ist, ob es uns gelingt, dass die österreichischen Banken bei der Abbaugesellschaft mitmachen. Eine solche Lösung hat den Vorteil, dass die Hypo-Schulden nicht den Staatsschulden zugerechnet werden. Die andere Variante ist eine Anstaltslösung, an der nur der Staat beteiligt ist.

Welche Variante präferieren Sie?

Mir wäre die Lösung mit einer Bankenbeteiligung lieber. Bei einer Anstaltslösung würde die Staatsverschuldung um fünf bis sechs Prozentpunkte steigen.

Warum ist eine Abbaugesellschaft notwendig?

Damit kann man gewisse Assets, die nicht sehr werthaltig sind, über eine längere Zeit in Ruhe abverkaufen. Eine Abbaugesellschaft hat keine Banklizenz. Dies erspart die Einhaltung der Kapitalvorschriften für Banken.

Auf wie viele Jahre ist eine solche Gesellschaft ausgerichtet?

Wenn sich die Konjunktur auf dem Balkan verbessert, können die dortigen Assets leichter verkauft werden. Doch unter zehn Jahren wird es meines Erachtens auf keinen Fall gehen.

Sind auch bei einer Abbaugesellschaft Zuschüsse notwendig?

Es muss klar sein, dass die Hypo auch mit einer Abbaugesellschaft Kapital brauchen wird, um gegebenenfalls Verluste abzudecken.

Wie viele Milliarden braucht die Hypo noch?

Die EU hat bis 2017 weitere Staatszuschüsse von 5,4 Milliarden Euro genehmigt. Mein Ziel ist es, dass wir den Rahmen nicht völlig ausschöpfen werden. Für das Vorjahr wurden 1,9 Milliarden Euro genehmigt. Geworden sind es dann 1,75 Milliarden Euro.

Reichen die 5,4 Milliarden Euro bis 2017 aus?

Das ist eine gewagte, ich meine, eine gute Frage. Solange an den internationalen Finanzmärkten kein Desaster wie 2008 eintritt, sollte der Umstrukturierungsplan halten. Aber ich kann nicht in die Zukunft blicken.

Fünf Jahre ließ man sich mit der Bad Bank Zeit: Warum soll sie jetzt kommen?

Ich habe dafür die Zusage des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers. Ich bin froh, dass es in der Politik im letzten halben Jahr zu einem Stimmungswandel gekommen ist.

Das Finanzministerium gab bei Oliver Wyman ein Gutachten in Auftrag. Demnach ist eine Hypo-Pleite die günstigste Lösung...

Eine Insolvenz war nie ein Thema – und ist auch jetzt kein Thema.

Warum nicht?

Notmaßnahmen, wie es sie etwa in Griechenland gegeben hat, sind nicht das Szenario für den österreichischen Finanzplatz. Eine Insolvenz der Hypo ist für die Reputation des österreichischen Finanzplatzes schlecht und würde auch enorme Kollateralschäden auslösen.

Was läuft hier ab? Zuerst sickert das Insolvenzgutachten durch. Dann kontert die Nationalbank mit anderen Zahlen.

Ich halte es für verantwortungslos, was da passiert ist. Ich kenne das Oliver-Wyman-Gutachten nicht. Es hat mir nie jemand zur Verfügung gestellt. Ich lege auch keinen Wert mehr darauf. Der Hypo-Vorstand leistet hervorragende Arbeit. Wenn es uns gelingt, die Störmanöver zu beseitigen, kann der Vorstand wieder in Ruhe arbeiten.

Auch das Volksbanken-Spitzeninstitut ÖVAG dürfte wieder einen Staatszuschuss brauchen. Mit wie viel rechnen Sie?

Das kann ich nicht sagen. Das wird sich 2014 herausstellen. Entscheidend wird sein, was die Prüfung der Europäischen Zentralbank ergibt. Die EZB wird 2014 alle europäischen Großbanken überprüfen– auch die ÖVAG.

Haben die Volksbanken überhaupt eine Zukunft?

Natürlich haben die Volksbanken eine Zukunft. Aber nur, wenn sie engstens im Verbund mit der ÖVAG zusammenarbeiten.

Die ÖVAG-Rettung kostete eine Milliarde Euro. Wie viel bekommt der Staat zurück?

Von der Milliarde wurden schon 700 Millionen Euro abgeschrieben. Ob und wann die restlichen 300Millionen Euro zurückfließen, bleibt ein Fragezeichen.

Der Staat ist an der ÖVAG mit 43 Prozent beteiligt. Mehrheitseigentümer sind die regionalen Volksbanken. Müssen diese auch künftig mitzahlen?

Ich gehe davon aus, dass bei einem weiteren allfälligen Kapitalbedarf auch ein Beitrag von den lokalen Volksbanken kommen muss.

Sollen auch die hunderttausend Österreicher, die Genossenschaftsanteile an einer der vielen lokalen Volksbanken halten, mitzahlen?

Das ist eine heikle Geschichte. Damit rüttelt man an den Grundüberlegungen einer genossenschaftlichen Beteiligung.

Wie geht es der Kommunalkredit und deren Bad Bank?

Der Kommunalkredit-Verkauf ist leider nicht geglückt. Aber die Bank ist gesund. Nun wird das Portfolio abgearbeitet. 2040 oder 2050 laufen die letzten Kredite aus. Das wird man sicher nicht bis zum letzten Tag ausnutzen. Der Abbau der Bad Bank, der KA Finanz, ist zu über 60 Prozent gelungen.

Die Rettung der KA Finanz kostete zwei Milliarden Euro. Reicht dieser Betrag aus?

Ein künftiger Geldbedarf ist mir nicht bekannt.

Sie werden heuer 75 Jahre alt. Wie lange machen Sie weiter?

Mein Vertrag läuft bis November 2014. Dann wird man weitersehen. Aber gesund bin ich, engagiert bin ich, und interessieren tut es mich auch. Die Entscheidung obliegt der Regierung.

ZUR PERSON

Der frühere Nationalbank-Chef Klaus Liebscher ist Vorstand der ÖIAG-Tochter Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft (Fimbag). Dort hat der Staat seine Bankenbeteiligungen gebündelt. Liebscher ist bei drei Staatsinstituten Aufsichtsratspräsident: bei der Hypo Alpe Adria, bei der Kommunalkredit und bei der KA Finanz. Der Manager, der heuer 75 Jahre alt wird, sitzt auch im Aufsichtsrat des Volksbanken-Spitzeninstituts ÖVAG.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2014)

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