Grasser und die Justiz: Kampf an vielen Fronten

GRASSER-KLAGE GEGEN REPUBLIK: GRASSER
GRASSER-KLAGE GEGEN REPUBLIK: GRASSERAPA/ROLAND SCHLAGER
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Für Karl-Heinz Grasser ist 2014 das Jahr der Entscheidung(en). Die Klage des Ex-Finanzministers gegen seinen früheren Steuerberater muss warten, da der Richter krank ist.

Das psychologische Moment wäre ganz auf Seiten Karl-Heinz Grassers gewesen: Am Montag wäre der Ex-Finanzminister erstmals in dem Jahr vor Gericht erschienen. Salopp formuliert als Jäger. Nicht als Gejagter. Grasser bringt nämlich seinen ehemaligen Steuerberater Peter Haunold vor das Handelsgericht Wien. Er begehrt Schadenersatz wegen „fehlerhafter Beratung“.

Doch da Richter Manuel Friedrichkeit krank wurde, fällt die Verhandlung aus. Ein neuer Termin wird gesucht. An der Seite des Klägers kämpft Anwalt Dieter Böhmdorfer, einst Justizminister und gemeinsam mit Grasser im Kabinett Schüssel tätig. Haunold bestreitet jedenfalls die Klagsvorwürfe.

Aber diese Verhandlung – Grasser erhöhte erst vorige Woche den Streitwert von 366.684,88 Euro auf 412.284,88 Euro – ist nur ein Stein eines riesenhaften Justiz-Mosaiks. Die Fragen werden immer brennender: Wird Grasser angeklagt? Wenn ja, weshalb? Welche Affäre ist hinreichend belegt? Auch nach Ermittlungen, die (in Teilbereichen) schon seit beachtlichen viereinhalb Jahren laufen, lautet die einzig seriöse, wenngleich unbefriedigende Antwort: Niemand weiß es.

Am engsten wird es für den Ex-Finanzminister wohl in dem gegen ihn seit 2011 laufenden Finanzstrafverfahren, Verdacht: Abgabenhinterziehung. Betroffen sind Einkünfte aus Grassers Tätigkeit für die Meinl-Gruppe, konkret für die Managementgesellschaft Meinl Power Management (MPM) – Gelder, die in ein Firmen- und Stiftungskonstrukt auf den British Virgin Islands, auf Zypern, in Liechtenstein und Wien flossen. In jenes Konstrukt, das laut Grasser von Steuerberater Haunold errichtet worden war. Haunold wiederum meint, Grasser habe die vorgeschlagene Struktur eigenmächtig abgeändert. Der Betrag, um den Grasser laut einem Finanzbericht aus 2013 seine Steuerabgaben „verkürzt“ haben soll: 4,95 Mio. Euro.

Also in der Steueraffärekönnte (bestätigen kann und will das niemand) eine Anklage in der Luft liegen. Hingegen ist eine solche wegen des (strafrechtlich gesehen) schwersten Brockens, nämlich wegen der Buwog-Affäre, nicht in Sicht. Frage der Ermittler: Hat Grasser an der Provision, 9,61 Millionen Euro, partizipiert, die 2004 nach dem Verkauf von Bundeswohnungen an ein Konsortium rund um die Immofinanz den Lobbyisten Peter Hochegger und – großteils – Walter Meischberger zukam? „Nein“ – sagt Grasser.

Auch ein neues Gutachten schaffte es hier nicht, jene „Smoking Gun“ hervorzuzaubern, die zwanglos den Boden für eine Anklage, etwa wegen Geschenkannahme, bereiten könnte. Eine klare Entlastung liefert das Papier aber auch nicht.

Der Buwog-Affäre vorgelagert ist die Causa Lehman. Untersucht wird, ob Grasser Untreue zu Lasten der Republik beging, indem er die – damals nicht kostengünstigste, mittlerweile pleitegegangene – Investmentbank „Lehman Brothers“ als jenes Institut auswählte, das den Buwog-Deal begleitete. Grassers Ex-Mitarbeiter Michael Ramprecht hatte von einem abgekarteten Spiel gesprochen. Jedoch: Auch gegen Ramprecht wird ermittelt.

Stichwort: Novomatic. Da geht es um die Frage, ob Grasser bei der geplanten Änderung des Glücksspielgesetzes im Sinne des Glücksspielkonzerns Novomatic sein Amt missbraucht hat. Dafür gibt es keinen Beweis. Ein Gutachten, das bis 20. September 2011 hätte vorliegen sollen, gibt es immer noch nicht. Derzeit liegt an dieser Front ein Einspruch Grassers wegen Rechtsverletzung vor. Eine Einstellung, also ein Sieg Grassers an dieser Front ist wahrscheinlich. Bitte warten heißt es auch in Sachen Terminal Tower. Ob Grasser Geschenkannahme infolge eines „parteilichen Abschlusses eines überteuerten Mietvertrages hinsichtlich des Terminmal Towers in Linz“ begangen hat, wird ebenfalls noch ermittelt. Seit Jahren. Bisher ohne Ergebnis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2014)

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