Telekom: Weißrussland am Prüfstand

Finanzierung. Um die klammen Kassen zu füllen, könnte – unabhängig von einer Kapitalerhöhung – die Handytochter Velcom verkauft werden. Noch wird heftig diskutiert.

Wien. „Raue Zeiten“ – so lautet der Titel des Geschäftsberichts 2012 der Telekom Austria. Für 2013 muss sich Konzernchef Hannes Ametsreiter etwas Neues einfallen lassen, obzwar das Geschäftsjahr, das er am 26.Februar präsentiert, wiederum genau diese Beschreibung verdienen würde. Die Telekom hat sich im Vorjahr in Summe über drei Anleihen zwar 1,65 Mrd. Euro geholt – aber der Finanzpolster ist dennoch geschmolzen.

Eine Mrd. Euro wurde für die Handyfrequenzen gezahlt, weitere 390 Mio. Euro kostete der Diskonter Yesss!. Und demnächst steht die Frequenzauktion in Slowenien an, wo die Telekom gegen vier Mitbewerber antreten muss. Gleichzeitig sprudeln die Gewinne schon lange nicht mehr so wie früher – dafür sorgen die Marktsättigung und der beinharte Preiskampf.

Was also tun, um die klammen Kassen wieder aufzufüllen? Die naheliegendste Möglichkeit ist eine Kapitalerhöhung. Sie wird auch ernsthaft geprüft und soll von den Aktionären bei der Hauptversammlung am 28.Mai abgesegnet werden („Die Presse“ berichtete exklusiv am 27.Oktober). Seit einiger Zeit taucht regelmäßig bei Aufsichtsratssitzungen aber noch eine andere Idee auf, die auch beim nächsten Treffen am 25.Februar wieder – natürlich noch informell – diskutiert werden dürfte: Ein Verkauf der weißrussischen Tochter Velcom.

Massive Währungsverluste

Der letzte große Zukauf der Telekom im Osten – inklusive Besserungsschein kostete der 2007 erworbene Mobilfunker 1,4 Mrd. Euro – machte dem Konzern bisher nicht nur Freude. Die Wirtschaft in dem Land von Diktator Alexander Lukaschenko vollzieht seit vielen Jahren einen Zickzackkurs, der reformresistent scheint. 2011 war es besonders schlimm, als die Inflation aus dem Ruder lief und der weißrussische Rubel innerhalb eines halben Jahres um 70Prozent abgewertet wurde. Die Telekom musste daraufhin 279 Mio. Euro wertberichtigen, was sich in einem Nettoverlust von 252,8 Mio. Euro niederschlug.

In den beiden vergangenen Jahren lief es zwar nicht mehr so turbulent, aber die schönen Zuwächse der Velcom werden nach wie vor durch Währungsverluste geschmälert.

Die unsichere politische und wirtschaftliche Zukunft in Weißrussland ist auch das schlagkräftigste Argument der Befürworter eines Verkaufs. Sie finden sind im Aufsichtsrat sowohl im Kreis der Kapital- als auch der Arbeitnehmervertreter. Und auch in der ÖIAG, die mit Vorstand Rudolf Kemler den Telekom-Aufsichtsratspräsidenten stellt, gibt es Stimmen, die sich für einen Ausstieg aus Weißrussland starkmachen.

Aber auch die Gegner haben starke Argumente. Während in Österreich, Kroatien und vor allem in Bulgarien – „dort ist es schauerlich“, so Ametsreiter – die Erträge zweistellig zurückgehen, wuchs das operative Ergebnis (Ebitda) in Belarus in den ersten neun Monaten 2013 um 32,2Prozent. Mit einem Marktanteil von 44Prozent ist die Velcom der Nummer eins, der russischen MTS, dicht auf den Fersen. „Wir würden uns einen wichtigen Wachstumsträger nehmen“, tönen daher die Verkaufsgegner. Aber gerade weil es so gut laufe, müsse man jetzt rausgehen, führt die andere Seite ins Treffen. Bei gutem Wind ließe sich ein Preis von rund einer Mrd. Euro erzielen.

Slim will kein Verlustgeschäft

Das wäre dennoch deutlich weniger als die 1,4 Mrd. Euro, die die Telekom einst dem Investor Martin Schlaff und seinem Partner Id Samawi gezahlt hat. Die beiden hielten über die zypriotische SB Holding Anteile an der Velcom.

Ein Verlustgeschäft dürfte vor allem Telekom-Großaktionär Carlos Slim nicht goutieren. Da aber weder das Telekom-Management noch der Aufsichtsrat in einer so wichtigen Angelegenheit gegen Slim agieren würden, ist das Match offen. „Es gibt keine Entscheidung, auch keine offizielle Befassung mit dem Thema“, sagt denn auch Telekom-Sprecher Peter Schiefer.

TELEKOM-CHEF FORDERT WENIGER REGULIERUNG

„Der Wettbewerb bleibt hart“, ist Telekom-Austria-Chef Hannes Ametsreiter überzeugt. Nach der Fusion von Orange und Hutchison („3“) gibt es zwar nur mehr drei Mobilfunker. Aber Ametsreiter erwartet, dass noch heuer virtuelle Mobilfunker (MVNO) auf den Markt kommen. Hutchison muss ihnen seine Infrastruktur öffnen – das war die EU-Auflage für die Genehmigung der Fusion.

Ametsreiter schließt daher nicht aus, dass die Preise, die zuletzt angezogen haben, wieder unter Druck kommen. Einen großen Preisschub mit Einführung der vierten Handygeneration LTE schließt der Konzernchef aus, wie er am Donnerstag im Club der Wirtschaftspublizisten betonte.

Europa brauche eine Vision für die Telekom-Internetbranche, will es den Anschluss an die USA nicht ganz verlieren, fordert Ametsreiter. „Es ist schon fünf nach zwölf.“ Nur Deregulierung fördere Investitionen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2014)

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