Rot-Weiß-Rot-Karte: Damit Ärzte nicht mehr Taxi fahren müssen

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Das Fischen nach Fachkräften im Ausland mit der Rot-Weiß-Rot-Karte funktioniert wegen bürokratischer Hürden nur begrenzt. Auch bei der Anerkennung von Abschlüssen hapert es. Dies soll sich nun ändern, sagt Kurz.

Wien. Das Beispiel ist bekannt – aber das macht es nicht besser: Es gibt immer noch Ärzte, die Taxi fahren müssen, weil ihr Studienabschluss nicht anerkannt wird. Oder Lehrerinnen, die sich aus denselben Gründen als Putzfrau verdingen. Das soll sich nun ändern, verspricht Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP). Er will ein „Gesetz nach deutschem Vorbild“, sagte er im Ö1-„Morgenjournal“. Im Ausland erworbene Abschlüsse sollen schneller anerkannt werden – und zwar nicht nur jene von Akademikern, sondern auch von Schul- und Lehrabsolventen.In Deutschland gilt das neue „Anerkennungsgesetz“ seit April 2012. Damit hat jeder den Anspruch auf ein Anerkennungsverfahren.

Kurz bezieht sich auf eine Studie der Donau-Universität Krems, laut der hierzulande 31,6 Prozent der Migranten unter ihrem Ausbildungsniveau arbeiten. Das legt auch eine Erhebung des Wifo nahe, derzufolge 47 Prozent der im Ausland geborenen Uni-Absolventen überqualifiziert beschäftigt sind – das heißt in Berufen arbeiten, in denen die Mehrheit der Personen eine niedrigere Qualifikation aufweist. Von den AHS- und BHS- Absolventen sind es gar 67 Prozent.

Osteuropäer haben Probleme

Die Zahlen stammen allerdings aus 2008. „Dafür, dass es besser geworden ist, spricht, dass wir ein paar Deutsche dazubekommen haben, die sich leichter tun“, sagt Ko-Autor Peter Huber. Dagegen spreche der Zustrom von Osteuropäern, denen es schwerer falle, ihre Qualifikationen geltend zu machen. Von im Ausland geborenen Lehrabsolventen sind 22 Prozent überqualifiziert. Weil das duale Ausbildungssystem Österreichs (Lehre und Berufsschule) relativ einmalig sei, sei die Anerkennung oft schwierig.

Ein Grund dafür, dass Migranten oft überqualifiziert arbeiten, könnten neben der Nichtanerkennung ihrer Ausbildung mangelnde Sprachkenntnisse sein. Aber auch die ökonomische Not: „Wenn ich als Migrant komme, bin ich oft in einer verletzlichen Situation und muss schauen, wo ich mein Geld herbekomme. Da kann ich nicht besonders wählerisch sein“, sagt Huber. Flüchtlinge seien besonders häufig überqualifiziert, Frauen sind öfter überqualifiziert als Männer.

Für ausländische Akademiker wurde im März 2012 die zentrale Anlaufstelle Naric und ein Rechtsanspruch auf die Bearbeitung binnen drei Monaten geschaffen. Seither stieg die Anerkennung ausländischer akademischer Abschlüsse laut Ministerium um 30 Prozent. Kurz will einheitliche Fristen für alle Qualifikationen.

Wie das Gesetz genau aussehen soll, sei „Verhandlungssache“, so ein Sprecher zur „Presse“. Am 12. Februar sei ein Treffen mit allen beteiligten Stellen geplant. Das Gesetz werde aber frühestens in drei Jahren eingeführt, so lange habe das auch in Deutschland gedauert. „Das wird zäh und lange dauern.“

Bürokratie hält Fachkräfte fern

Während es bei der Anerkennung von Abschlüssen in Österreich Lebender hapert, fischt Österreich mit der Rot-Weiß-Rot-Karte im Ausland nach Fach- und Spitzenkräften. 2013 wurden laut Daten des AMS 1860 Bewilligungen erteilt. Das sei zwar eine gute Entwicklung, sagt Margit Kreuzhuber, Beauftragte für Migration und Integration in der Wirtschaftskammer. „Aber das gute System wird von Verfahrensmängeln überlagert.“

So hätten Studenten nach ihrem Abschluss nur sechs Monate Zeit, sich einen Job zu suchen. Sonst müssen sie Österreich verlassen. Zumindest zwei Monate gingen aber für das Verfahren drauf – weil die Mühlen der Bürokratie langsam mahlen, oft sogar noch mehr. „In Deutschland haben Studienabsolventen 18 Monate Zeit“, so Kreuzhuber. Ähnliches berichtet Christian Friesl aus der Industriellenvereinigung: „Die Unternehmen sagen uns, sie sind grundsätzlich zufrieden mit dem System, aber es dauert ihnen zu lange.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2014)

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