KBA-Mödling: Ist das der „Rückzug auf Raten“?

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Obwohl 75 zusätzliche Arbeitsplätze vorerst gerettet wurden, ist die KBA-Mödling gefährdet.

Wien/Mödling. Es waren Monate des Zitterns. Und auch der Fassungslosigkeit darüber, dass der deutsche Druckmaschinenhersteller Koenig&Bauer der Krise in der Branche gerade auch damit begegnen will, dass er seine positiv bilanzierende Niederlassung in Österreich zusammenschrumpft und wichtige Teile der Produktion nach Deutschland verlagert. Immerhin die Ungewissheit hat seit gestern ein Ende: Die Belegschaft hat zugestimmt, dass von den etwa 700 Mitarbeitern nicht – wie bisher geplant– 460 abgebaut werden, sondern „nur“ 385. Für den Rest wird über einen fünfjährigen Sozialplan verhandelt. Damit ist auch der dreitägige Streik beendet.

Was in Maria Enzersdorf und in der Zweigstelle Ternitz, die ganz geschlossen wird, weiter quält, ist indes nicht nur die Fassungslosigkeit. Kenner der Produktion grübeln über der Frage, ob KBA-Mödling in ihrer künftigen Schrumpfform überhaupt gerettet werden kann. „Es handelt sich um einen Rückzug aus Österreich auf Raten“, sagt Wolfgang Nemetz, Chef der Wiener Neustädter Gießerei Nemetzguss, die 100 Leute beschäftigt und als Zulieferer der KBA nun auch etwa ein Drittel des Personals abbauen muss, zur „Presse“. „In zwei bis drei Jahren ist der Standort Mödling weg“, sagt auch Gerhard Heger, ehemaliger technischer Leiter der KBA.

Erfolgsmodell wird zerstört

Beide Kenner des Unternehmens leugnen nicht, dass die Druck- und Papierindustrie eine tiefe Krise durchläuft, weshalb auch KBA-Konkurrenten entweder Mitarbeiter abbauen oder überhaupt Insolvenz anmelden mussten. Was die Insider empört, ist der Umstand, dass das funktionierende Modell bei Mödling zerstört wird. Dieses bestand darin, dass das Offsetdruckgeschäft mit dem Geschäft für Wertpapiermaschinen (Banknotendruck) kombiniert wurde. Das Wertpapiergeschäft sei auftragsspezifisch und daher volatiler, sagt Heger: Wenn nun die Serienfertigung der Offsetdruckmaschinen nach Deutschland verlagert werde, werde Mödling noch anfälliger für Schwankungen.

Zulieferer Nemetz führt noch andere Punkte ins Treffen: „Das Absurde ist, dass die Verlagerung nach Deutschland dem KBA-Konzern nichts bringt.“ Die Lohnstückkosten seien kaum wo geringer, und auch sonst könne die Verlagerung einer funktionierenden Produktionskette zu einem bösen Erwachen führen. „KBA verlässt sich bei der Reaktion auf den schrumpfenden Markt auf produktionsferne Berater.“

Leopold Achatz, Chef von KBA-Mödling, hält solche Schwarzmalerei für unangemessen. „Im Restrukturierungsprogramm gibt es keinen Beschluss, dass weitere Wertpapiermaschinen aus Mödling abgezogen werden“, hält er gegenüber der „Presse“ fest. Man arbeite an neuen Geschäftsfeldern, eine Staudruckmaschine für Wasserkraftwerke sei vor der Markteinführung. Vier weitere Projekte würden gerade ausgearbeitet. Je nach Marktentwicklung könnten zumindest die 75 nun geretteten Arbeitsplätze erhalten bleiben. (est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2014)

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