Hypo: Von Böcken und Gärtnern

Hypo Alpe Adria
Hypo Alpe Adria(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Das Rating der Hypo Alpe Adria wurde nach dem Kommunikationsdesaster der vergangenen Woche herabgestuft. Schuld der Medien? Oder doch der Regierung?

Ewald Nowotny, Notenbank-Chef und stets darauf bedacht, nicht zu sehr aufzufallen, hat nun also eine mögliche Hauptverantwortliche für das Hypo-Alpe-Adria-Desaster gefunden: Maria Fekter, bis vor Kurzem charmant-chaotische Finanzministerin und neuerdings Vernissagen-Beauftragte des ÖVP-Parlamentsklubs, genannt Kultursprecherin, habe Verzögerung und volles Ausmaß des Bankenlochs zu verantworten. Da hat Nationalbank-Chef Ewald Nowotny natürlich durchaus recht: Fekter war Ressortverantwortliche und hat – angesichts eines startenden Wahlkampfes – die Dinge fahrlässig treiben lassen. Was Nowotny nicht dazusagt: Es waren die Notenbank und ihr Gouverneur Nowotny, die Fekter immer wieder konsultierte. Von lauten oder leisen Warnungen Nowotnys war in dieser Zeit nichts zu hören gewesen.

Es war übrigens die Notenbank, die der Hypo im Herbst 2008 – zum Höhepunkt der Finanzkrise – ein erstaunlich freundliches Zeugnis ausstellte. Und einen „Bereinigungsprozess im Kreditportfolio“ feststellte. Alles paletti also, die Bank werde sich bald wieder fangen. Daran glaubt heute natürlich längst keiner mehr, am wenigsten die internationalen Ratingagenturen: Moody's stufte die Bonität der Bank in der Nacht auf Samstag noch einmal um vier Stufen herab – weil sie eine Insolvenz der verstaatlichten Bank befürchtet. In einem Aufwaschen wurde auch gleich die Bonität Kärntens von A1 auf A2 gesenkt.

In der Woche davor war bekannt geworden, was ohnehin alle Beobachter erwartet hatten. Die Banken, die seit Jahren ab einer gewissen Größe mit einer Abgabe zur Kassa gebeten werden, sehen wenig Grund zur Solidarität mit der Hypo und den mit ihr überforderten Politikern. Am vergangenen Montag kam von ihnen das endgültige Nein: Sie werden sich nicht an einer Abbaugesellschaft für die Hypo beteiligen, was für die Regierung die angenehmere, weil billigere Variante gewesen wäre. Dann wären die Hypo-Schulden nämlich nicht den Staatsschulden zugerechnet worden. Ist aber nicht: „Ich zahle nicht für Wahnsinnige“, sagte Bank-Austria-Chef Willibald Cernko. Aus der schöne Traum.

Plan B nennt sich Anstalt und entspricht einer Abwicklung und einem schrecklich langsamen Ende durch den Staat: Riskante Hypo-Assets  von bis zu 19 Milliarden Euro sollen ausgelagert werden. Der Aufschrei der Medien überraschte nur die Bundesregierung. Erst nach einer zweitägigen Schrecksekunde reagierte die Regierung in Person von Finanzminister Michael Spindelegger und stellte sich in der „ZiB2“ spät kritischen Fragen. Offenbar war Bundeskanzler Werner Faymann weiter der Meinung gewesen, die Hypo Alpe Adria sei die komplizierte Sache der Experten, und diese bräuchten Zeit zur Planung der weiteren Vorgehensweise. (Genau darum wird offenbar auch weiter gerungen: weiter Zeit für eine Lösung.)

Interessanterweise ist die Anstaltslösung zwar der offizielle Plan B, Michael Spindelegger will aber auch eine Insolvenz, die nicht wenige Bank-Spezialisten für machbar halten, nicht ausschließen. Keine wirkliche Sollbruchstelle zur SPÖ: Die steht einer Insolvenz zwar offiziell höchst kritisch gegenüber. Inoffiziell gibt es aber durchaus Befürworter dieser Variante.

Problematischer sind da schon die Auffassungen zum Bundesland Kärnten. Soll das Land, dessen verstorbener Ex-Landeshauptmann Jörg Haider (erst FPÖ, dann BZÖ) das gesamte Fiasko zu verantworten hat und dessen aktueller Landeschef Peter Kaiser von der SPÖ bei den absurden Landeshaftungen für die Bank mitstimmte, einen größeren Beitrag zu den bis zu 19 Milliarden Euro leisten oder nicht? Die ÖVP meint Ja, die SPÖ eher nicht.

Es gebe keine Kollektivschuld, meinte Kaiser in einem „Standard“-Interview. Der Begriff „Kollektivschuld“ kann nicht zufällig gewählt sein, zu sehr hat sich Kaiser früher um Vergangenheitsbewältigung bemüht, um den Begriff nicht genau zu verstehen. Kollektivschuld weisen Politiker von Österreich immer von sich, wenn es um die Verantwortung für den Holocaust geht. Kaiser agiert nicht viel anders als seine Vorgänger von der FPK: Egal, was passiert (ist), man stellt sich schulterschließend vor das Land.

In der „Neuen Zürcher Zeitung“ hat indes Matthäus Kattinger einen sehr bemerkenswerten Artikel über die Hypo Alpe Adria verfasst und erklärt, was SPÖ und ÖVP nicht ganz verstehen wollen: Auch, wenn FPÖ-Politiker schuld an diesem Debakel sind, liegt der Ball eben leider dennoch im Feld der Bundesregierung. „Dass das Desaster solche Dimensionen annehmen konnte, ist eine Folge des Politsystems, in dem Gewaltentrennung eher hinderlich ist.“ In dem Text wird daran erinnert, dass Österreichs Politik einst bereits mit der Privatisierung der Creditanstalt zur internationalen Lachnummer wurde. „How not to privatize a Bank“, titelte die „Herald Tribune“ in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Bei der Verstaatlichen geht es nicht besser.

Die „NZZ“ sieht vor allem ein Problem: „Die verschleppte Abwicklung der Hypo führt automatisch zu den Schwachpunkten des Systems: Politiker, die sich um unangenehme Entscheidungen drücken, parteipolitische Abhängigkeiten in vielen Behörden und Institutionen sowie Kontrollgremien, die ihren Aufgaben nicht gewachsen sind beziehungsweise diese nicht wahrnehmen wollen. Nun hätte ein weniger verfilztes System als das österreichische, das unverschämt Parteien- und Klientelinteressen über das des Gesamtstaates stellt, das Debakel der Hypo nicht verhindern können. Doch die Gesamtbelastung der Steuerzahler wäre wohl um einiges geringer ausgefallen.“

Dem ist nichts bis wenig hinzuzufügen, außer das, was die „NZZ“ den Konstruktionsfehler Österreichs nennt: Das Land ist weder Staatenbund noch echter Bundesstaat. Es gibt verfassungsrechtlich keine  Regelung, ob es nun eine echte finanzielle Solidaritätspflicht der Länder untereinander gibt oder eine des Bundes gegenüber den Ländern. Was passiert, wenn ein Bundesland in die Insolvenz schlittert, ist ohnehin niemals überlegt worden. Ein sehr schwerer Fehler. 

Fakten

Sondersitzung .Morgen, Montag, müssen Kanzler Faymann und Finanzminister Spindelegger in einer Sondersitzung des Nationalrats Rede und Antwort zur Hypo Alpe Adria stehen.

Milliardengrab. Die Banken werden sich nicht an der Hypo-Sanierung beteiligen. Also hat sich die Regierung für die teure Anstaltslösung entschieden: Assets von 19 Milliarden Euro werden in eine Bad Bank ausgelagert. Die Kosten übernimmt der Steuerzahler.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2014)

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