Hypo-Skandal: Das Versagen der Kontrolleure

(c) Clemens Fabry
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Ein starker Landespolitiker und Mehrheitsbeschaffer für die Bundesregierung trifft auf schwache Kontrollinstanzen: Das ist der Stoff, aus dem die Hypo-Pleite gewebt ist.

Wien. Wenn ein starker Politiker auf zahnlose Kontrollinstanzen stößt – dann ist so etwas wie die Pleite der Hypo Alpe Adria, die uns wie berichtet 13 bis 19 Milliarden Euro kosten wird, praktisch eine aufgelegte Sache. Der Totalcrash der früheren Kärntner Landesbank ist nämlich nicht so überraschend gekommen, wie heute viele glauben. Und die heimischen Kontrollinstanzen – vom Rechnungshof bis zur Nationalbank – waren keineswegs ganz so blauäugig, wie ihnen heute unterstellt wird. Aber jede Kritik wurde den streng parteipolitisch besetzten Prüfinstanzen politisch abgedreht beziehungsweise völlig ignoriert.

Schon 2003, da war die Hypo Alpe Adria eine aufstrebende Regionalbank und die Haftungen des Landes Kärnten bewegten sich im (allerdings auch viel zu hohen) Rahmen anderer Bundesländer wie Vorarlberg oder Tirol, schlug der damals noch von Franz Fiedler geführte Rechnungshof Alarm: Bei einer Prüfung des Landes Kärnten (Bericht 4/2003) fanden die Wiener Kontrolleure gravierende Mängel im Risikomanagement der stark nach Osteuropa expandierenden Bank: Nicht nur, dass die Rechnungshof-Prüfer in die Osteuropatöchter gar nicht Einschau nehmen durften, stellten sie fest, dass die Standards bei über Klagenfurt laufenden Osteuropadarlehen der Hypo überaus lax waren: zweifelhafte Sicherheiten, ungenügende Kreditprüfung, Großkredite, die vom Aufsichtsrat erst im Nachhinein genehmigt wurden, und Ähnliches.

Kritik unerwünscht

Normalerweise heißt das: Alarmstufe rot. Die Bank ließ den Prüfern freilich ausrichten, es sei alles in Ordnung. Reaktion des Rechnungshofs: Man bleibe bei dem Befund. Und das war's dann. Denn Kritik an der Hausbank Jörg Haiders, des damaligen Mehrheitsbeschaffers für die Regierung Schüssel, war nicht erwünscht.

Ganz nebenbei: Auf Fiedler folgte im Rechnungshof 2004 der von Haider in die Politik geholte Josef Moser. 2009, als Kärnten mit mehr als 20 Milliarden oder dem Zehnfachen des Landesbudgets haftete, erstellte der Rechnungshof einen Bericht über die „Finanzstruktur der Länder“. Das Wort „Landeshaftung“ kommt im Kärnten-Teil dieses (sonst recht kritischen) Berichts kein einziges Mal vor . . .

Auf gravierende Mängel im Risikomanagement wies 2006 auch die Nationalbank, die jetzt wegen eines positiven Gutachtens knapp vor der Notverstaatlichung kritisiert wird, hin. Auch die Notenbanker verlangten Änderungen im Risikomanagement – und erreichten nichts. Zwar konnten OeNB und FMA die Abberufung des unterdessen wegen Bilanzfälschung rechtskräftig verurteilten damaligen Hypo-Chefs Wolfgang Kulterer durchsetzen, aber in Sachen Risikomanagement bissen sie auf Granit. Man habe damals einfach keine Eingriffsrechte gehabt, heißt es dazu aus der OeNB.

Die Prüfinstanzen waren also politisch kaltgestellt. Und die Kärntner konnten schalten und walten, wie sie wollten. Mit einem verheerenden Ergebnis: Am 22. April 2004 ließ die damals aus drei FPÖ-Mitgliedern (Haider, Pfeifenberger, Dörfler), drei Sozialdemokraten (Rohr, Schaunig-Kanduth, Ambrozy) und einem ÖVPler (Martinz) bestehende Landesregierung über eine Änderung des Landesholdinggesetzes abstimmen, das dem Land praktisch unbegrenzte Haftungsübernahmen gestattete. Die Gesetzesänderung wurde in dritter Lesung einstimmig (mit den Stimmen von FPÖ, ÖVP und SPÖ) angenommen. Fazit: Die Landeshaftungen, die 2003 schon beachtliche 8,1 Milliarden Euro erreicht hatten, explodierten binnen zwei Jahren auf 23,1 Milliarden.

Besonders pikant: Die EU hatte Landeshaftungen für Landesbanken schon 2003 verboten, Österreich aber eine Übergangsfrist bis 2007 eingeräumt. Die Kärntner nutzten diese Übergangsfrist für eine wahre Haftungsorgie – und stellten damit zwischen 2004 und 2006 jene Situation her, die die einzig steuerzahlerfreundliche Lösung, nämlich eine Bankinsolvenz, heute so schwierig macht.

Viele Landespolitiker, die 2004 die Initialzündung zur Haftungsorgie gegeben haben, sind heute noch aktiv. Etwa die damaligen FPÖ-Mandatare Gerhard Dörfler und Christian Ragger. Letzterer, besonders pikant, als aktueller FPÖ-Chef in Kärnten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2014)

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