Spanien fast so gut wie Österreich

Selbstständige. Eine Studie sieht Freiberufler gut abgesichert. Kritiker protestieren.

Wien. Österreichs Selbstständige sind im internationalen Vergleich sehr gut abgesichert. Das legt eine Studie nahe, die die Universität Bremen im Auftrag der Wirtschaftskammer (WKO) und der Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft (SVA) erstellt hat. Untersucht wurde, inwieweit Selbstständige aus den Bereichen Gewerbe und Handwerk Zugriff auf Sozialversicherungsleistungen haben, etwa für Krankheit, Alter oder Kinderbetreuung. Österreich landete in dem Ranking von 18 Industrieländern auf dem ersten Platz, vor Spanien, Finnland, Schweden und Estland.

Die Reihung mag überraschen, gilt doch weder Spanien noch Estland gemeinhin als Sozialparadies. Deutschland schaffte es hingegen nur auf Platz neun. Dass Selbstständige in Spanien die zweitbeste Absicherung haben, habe auch die Studienautoren überrascht, sagte Stefan Traub von der Universität Bremen. Der Grund: Viele Leistungen seien in Spanien Pflichtversicherungsleistungen. Und diese wurden in der Studie allgemein besser bewertet als freiwillige Leistungen oder steuerfinanzierte Fürsorgeleistungen des Staates, wie etwa die Pflege in Österreich. Deutschland sei zwar wie Österreich ein „konservativer Wohlfahrtsstaat“ und gebe rund 30 Prozent der Wirtschaftsleistung für Sozialleistungen aus. Bei Selbstständigen sei das Land aber „sehr restriktiv“, so Traub.

Kritik an hohen Beiträgen

In Österreich sind viele Leistungen für Selbstständige Pflichtversicherungsleistungen: Pension, Invalidität, Krankheit, Unfall oder Elternschaft. Gegen Arbeitslosigkeit können sich Unternehmer nur freiwillig versichern, seit Kurzem können Selbstständige aber auch Ansprüche aus früherer unselbstständiger Beschäftigung mitnehmen, was europaweit „einzigartig“ sei, so Traub. Die Studie untersuchte jedoch lediglich die gesetzlichen Rahmenbedingungen der sozialen Absicherung Selbstständiger. Über die soziale Situation gibt dies nur bedingt Auskunft, weil Daten wie das Haushaltseinkommen nicht erhoben wurden.

Das ruft Kritiker auf den Plan: Die Gewerbliche Sozialversicherung zieht wegen der hohen Beitragsvorschreibungen regelmäßig den Unmut vieler Versicherter auf sich. Die Vorschreibungen seien „vielfach existenzbedrohend“, wetterte etwa Volker Plass, Bundessprecher der Grünen Wirtschaft, am Donnerstag. Auch die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige könnte sich „mit Ausnahme einiger hundert Versicherter kaum jemand leisten“. Im Gegensatz zu Unselbstständigen müssen die SVA-Versicherten auch bei Arztbesuchen 20Prozent Selbstbehalt entrichten. (hie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2014)

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