Transparenz: "Der Bund hängt am Gängelband der Länder"

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Bund darf Ländern Transparenz verordnen, tut es aber nicht.

Wien. Seit Kurzem sorgt ein recht unauffälliger Paragraf im Finanz-Verfassungsgesetz (F-VG) für Diskussionen: Und zwar jener, der besagt, dass der Finanzminister im Einvernehmen mit dem Rechnungshof Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften insoweit regeln kann, „als dies zur Vereinheitlichung erforderlich ist“ (§16 Abs1 F-VG). Im Klartext: Der Bund könnte den Ländern eine einheitliche Rechnungslegung verordnen. Was mehr Transparenz bringen würde – so könnte es, wie Verfassungsrechtler Heinz Mayer von der Uni Wien erklärt, etwa für Landeshaftungen einheitliche Regelungen geben.

Die Neos forderten nun via Entschließungsantrag, dass eine solche Verordnung erlassen wird. Aber warum ist das nicht längst geschehen? Ist der Paragraf in Vergessenheit geraten? Nein, sagt Mayer, debattiert werde seit Jahren darüber, auch in der juristischen Literatur gebe es Hinweise darauf.

Gentlemen's Agreement

Dass er trotzdem nicht angewendet wird, liegt an der vor 40 Jahren geschlossenen „Heiligenbluter Vereinbarung“. Der Bund sagte damals Ländern und Gemeinden zu, Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse nur im Einvernehmen mit ihnen zu regeln. Sodass es, so Mayer, zwar eine Verordnung dafür gibt, die aber ungenügend ist. Ändern könnte man das jederzeit: Die Heiligenbluter Vereinbarung ist nicht rechtsverbindlich, sondern laut dem Verfassungsjuristen „höchstens ein Gentlemen's Agreement“. An dem seitens des Bundes aber niemand rüttelt, „weil sie zu feig sind“. Oder, anders ausgedrückt, weil „die Spitzen des Bundes am Gängelband der Länder hängen“. Und sich bei einem Finanzminister, der das Agreement bricht, die Frage stellt, „wie lang der dann noch Finanzminister ist“. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2014)

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