Gerhard Drexel: "Spar ist der Schneepflug für die Branche"

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Spar-Chef Gerhard Drexel will kein Streithansel sein. Den Konflikt mit den Wettbewerbshütern will er aber vor Gericht austragen. Dem Verdrängungswettbewerb im Lebensmittelhandel stellt Spar sich mit der Devise "Grow or go".

Die Presse: Spar feiert dieses Jahr seinen 60er. Sie werden nächstes Jahr auch 60. Zeit, langsam leiserzutreten?

Gerhard Drexel: Nein, auf keinen Fall. In dem Alter ist man am besten.

Sie zeigen sich in letzter Zeit auch besonders streitlustig. Stichwort Preisabsprachen und Konflikt mit der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Spar ist der erste Handelskonzern, der kein Bußgeld zahlen will, sondern vors Kartellgericht geht.

Zunächst einmal finde ich es nicht richtig, dass wir von den Medien manchmal als Streithanseln dargestellt werden. Wir wollten uns auf einen solchen – aus unserer Sicht unmoralischen – Deal einfach nicht einlassen. Weil wir überzeugt sind, dass das nicht gerechtfertigt ist. Jetzt ist die Causa von der Ebene der BWB, die ja eine Ermittlungsbehörde ist, auf die Ebene des Kartellgerichts gehoben. Und da ist sie auch richtig angesiedelt.

Die BWB beschuldigt Spar, Endverkaufspreise mit Lieferanten und über die Lieferanten auch mit anderen Händlern abgestimmt zu haben.

Es kann nicht sein, dass es auf einmal nicht erlaubt sein soll, mit den Lieferanten über Markt- und Preispositionierungen zu reden. Wenn wir sagen, wir sprechen über Verkaufspreise, wird behauptet, wir hätten uns abgesprochen. Der Nächste macht dann eine kartellistische Preisabsprache daraus.

Die BWB liegt also total falsch?

Die BWB unterliegt einem Grundlagenirrtum und schadet damit den österreichischen Konsumenten und dem Wirtschaftsstandort. Da werden Grundprinzipien der Betriebswirtschaftslehre ausgehebelt. Spar ist der Schneepflug für die ganze Nahrungsmittelbranche.

Ich nehme an, es ist doch relativ klar in den beschlagnahmten Unterlagen nachvollziehbar, ob Sie jetzt nur über Preise gesprochen oder diese abgesprochen haben. Oder gibt es da eine Grauzone?

Aus unserer Sicht nicht. Aber die BWB sieht das anders. Es wird einem ja das Wort im Mund umgedreht. Wir können doch nicht neben jeden unserer Einkäufer einen Rechtsanwalt setzen und am besten auch noch einen Germanisten dazu. Am Ende des Verfahrens wird das Kartellgericht Rechtssicherheit schaffen. Mehr will ich dazu jetzt nicht sagen.

Gut, Themawechsel. Wenn man sich die Auslandstöchter von Spar ansieht, schwächelt Tschechien gerade. Wie kommt das?

Die Zuwachsraten sind von Land zu Land verschieden. Das variiert von plus 0,2 Prozent Umsatz in Tschechien bis plus 7,5 Prozent in Ungarn.

Aufgrund des Währungsverfalls sind Sie in Tschechien aber im Minus.

Ja, aber das lokale Management kann ja nichts für die starke Abwertung der tschechischen Krone. In der Landeswährung haben wir ein leichtes Plus erzielt und liegen damit besser als so manche Mitbewerber. Der tschechische Lebensmittelhandel ist überbesetzt, deshalb fallen die Preise, das Marktvolumen ist rückläufig.

Warum haben Sie sich dann trotzdem entschieden, in Tschechien zu expandieren, wenn der Markt dort schon gesättigt ist?

Weil es im Handel eben nur die eine Devise gibt: „Grow or go.“ Auf Dauer muss man wachsen. Wenn man das nicht kann, muss man sich die Frage stellen, ob es richtig ist, was man macht.

In Österreich ist mittlerweile auch nicht mehr viel Raum für Wachstum. Die Supermarktdichte ist eine der höchsten Europas.

Ja, da findet schon länger ein Verdrängungswettbewerb statt. Es ist schade, dass es nicht mehr so viele Mitbewerber gibt wie in den 1990er-Jahren. In den meisten Branchen bleibt irgendwann nur ein Oligopol über oder ein Duopol. Das ist systemimmanent. Verdrängungswettbewerb ist die Folge.

Welche der Shopformate, die die Spar-Gruppe betreibt, von den Tankstellenshops bis zu den großen Hypermärkten, sind denn noch ausbaufähig?

Wir haben in allen Vertriebsschienen ein schönes Wachstum.

Nicht alle Töchter der Spar-Gruppe sind im letzten Jahr gewachsen. Der Sportartikelhändler Hervis hat seit Jahren rückläufige Umsätze. Ist es nicht Zeit, die Strategie zu überdenken?

Hervis ist die einzige Sparte, in der wir im letzten Jahr einen Umsatzrückgang hatten, nämlich 3,4 Prozent. Wichtig ist, dass das Ergebnis (EBT) von Hervis seit Jahren stabil bei circa zehn Millionen Euro liegt. Insgesamt ist der Sportfachhandel in Zentral- und Osteuropa im letzten Jahr um ca. fünf Prozent rückläufig gewesen. Wir haben uns also besser entwickelt als die Branche. Der Sportartikelhandel befindet sich ja gerade in einem Strukturwandel, da gibt es viele, die ihr Unternehmen verkauft haben. Diese Unternehmen stehen auf dem Prüfstand.

Es wird sich also bei Hervis nichts ändern?

Nichts Grundsätzliches jedenfalls. Wir betreiben weiter die Offensivstrategie und expandieren. Mit Maß und Ziel natürlich.

Hervis setzt stark auf Onlinehandel bzw. Multichanneling.

Das ist für den Non-Food-Handel die richtige Strategie.

Sie sagen Non-Food. Jetzt hat aber zum Beispiel Billa vor einiger Zeit seinen Onlineshop massiv aufgerüstet. Bei Spar wartet man noch ab. Warum?

Wir sind schon vor 14 Jahren in den Food-Onlinehandel eingestiegen.

Aber nur mit Wein.

Ja, wenn es um den umfassenden Food-Onlineshop geht, also mit Produkten in drei Temperaturzonen, mit frischem Häuplsalat und Radieschen oder frischem Fleisch – das ist eine andere Dimension. Das hat unseres Wissens noch niemand wirklich im Griff, dass man so etwas zu vertretbaren Kosten und Preisen mit Gewinn betreibt. Das ist ein ständiger Lernprozess.

Ist es kein Nachteil, wenn sich Spar nicht daran beteiligt?

Uns ist es lieber, wenn Mitbewerber die Kinderkrankheiten haben. Das geeignete Geschäftsmodell muss sich herauskristallisieren.

Rewe liegt marktanteilsmäßig deutlich vor Spar. Ärgert Sie das?

Es sind ja im Lebensmittelhandel nur ganz kleine Marktanteilsveränderungen pro Jahr möglich. Wir hatten in den 1980er-Jahren einen Marktanteil von 14 Prozent und liegen jetzt bei 30 Prozent. Das ist schön und beruhigend.

Wie würden Sie das Verhältnis zur Konkurrenz beschreiben? Als Veit Schalle noch Billa-Chef war, gab es ja zwischen Ihnen eine regelrechte Feindschaft.

So negativ würde ich das nicht sehen. Ich würde sagen, das heutige Verhältnis zur Rewe ist ein Nichtverhältnis. Es ist ja auch kartellrechtlich nicht erwünscht, dass die Geschäftsführer auf ein Bier gehen. Und das tun wir auch nicht.

AUF EINEN BLICK

Spar. Die Spar-Gruppe hat 2013 im In- und Ausland einen Bruttoumsatz von 11,2 Mrd. Euro erzielt, ein Plus von 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Österreich setzte Spar – inklusive der selbstständigen Kaufleute – 2013 brutto 5,8 Mrd. Euro um (plus 4,3 Prozent).

ZUR PERSON

Gerhard Drexel, Jahrgang 1955, ist seit 2001 Vorstandsvorsitzender der Spar-Gruppe. Der promovierte Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler arbeitete bei der Schweizer Supermarktkette Coop und dann als Unternehmensberater, bevor er 1990 zu Spar wechselte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2014)

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