Wie sinnvoll ist die Frauenquote?

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In Deutschland hat man sich geeinigt, eine verpflichtende Frauenquote einzuführen, in Österreich gibt es eine für Staatsbetriebe. Beispiele zeigen jedoch: Der Erfolg der Quote per Gesetz ist umstritten.

Die Deutschen suchen sie bereits, die sogenannten „Goldröcke“: Das sind Frauen, die zahlreiche Aufsichtsratsposten bekleiden, weil es ad hoc nicht genügend geeignete Kandidatinnen gibt. Der Begriff wurde in Norwegen geprägt, dem ersten Land in Europa, das mit der verpflichtenden Frauenquote Ernst machte. Seit Jahren schreibt das Gesetz einen Frauenanteil von 40 Prozent in den Verwaltungsräten börsenotierter Unternehmen vor.

Der Erfolg der Quote ist umstritten. Zwar stieg der Frauenanteil unter Androhung von Sanktionen bis zum Entzug der Börsenlizenz von neun auf 40 Prozent. Zahlreiche Firmen verließen aber lieber die Börse, als die Quote zu erfüllen. Und vor allem wurde das wesentliche Ziel nicht erreicht: dass eine höhere Zahl von Frauen in Toppositionen dazu führen würde, dass dies in die unteren Etagen durchsickert und auch das mittlere Management weiblicher wird. Das hindert die EU-Kommission nicht daran, an ihren Plänen für eine verpflichtende Frauenquote festzuhalten. Justizkommissarin Viviane Reding will bis 2020 europaweit einen Frauenanteil von 40 Prozent in allen Aufsichtsräten großer Unternehmen sehen. Das EU-Parlament ist dafür, unter den Mitgliedstaaten gab es bislang aber keine ausreichend große Mehrheit.

Zwölf Prozent Aufsichtsrätinnen. Die Arbeiterkammer (AK) erhebt jedes Jahr den Frauenanteil in den österreichischen Großfirmen. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der im Börsenleitindex ATX notierenden Firmen liegt heuer bei zwölf Prozent (nach 11,6 Prozent 2013). Laut der Unternehmensberatung Heidrick & Struggles sind es in Finnland 27 Prozent, in Frankreich 25 Prozent und in Norwegen, des Gesetzes wegen, 39 Prozent.

Die Aufsichtsräte der staatsnahen Unternehmen in Österreich weisen einen Frauenanteil von 33 Prozent auf, so die Erhebung der Arbeiterkammer. Hierzulande gibt es seit 2011 eine Selbstverpflichtung der Politik zu einer Frauenquote in den Kontrollgremien staatsnaher Firmen. Diese soll bis zum Jahr 2018 bei 35 Prozent liegen.

In den Vorständen (dem eigentlichen Management) der ATX-Firmen beträgt der Frauenanteil laut AK nur 3,1 Prozent. Seit dem Ausscheiden von Ulrike Baumgartner-Gabitzer aus dem Verbund sind in den Vorständen der Top-Börsenfirmen nur mehr sechs Frauen vertreten. Anders als die Frauenquote für Aufsichtsräte ist eine Quote für Vorstände nicht wirklich ein Thema. Tatsächlich wäre dies ein großer und schwer zu rechtfertigender Eingriff in die unternehmerische Freiheit.

Frauen sind nicht nur seltener Chefs, sie verdienen auch weniger als Männer: Laut Eurostat beträgt die Lohnschere in Österreich 23 Prozent. Je nach Berechnung sinkt der Unterschied aber auf bis zu zwölf Prozent.

In Zahlen

12Prozent der Aufsichtsräte in den heimischen Börsenfirmen sind Frauen, so die Arbeiterkammer.

3,1Prozent Frauen gibt es in den ATX-Vorständen. Das sind sechs Frauen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2014)

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