Im Sommer gibt es ein Revirement in einer Schlüsselfunktion des Konzerns: Finanzvorstand Hans Tschuden scheidet nach der Hauptversammlung Ende Mai aus.
Wien. Angesichts von nur drei Staatsbeteiligungen (OMV, Post, Telekom Austria) könnte man meinen, dass der Job des ÖIAG-Chefs wenig Stress verursacht. Die Telekom Austria sorgt aber dafür, dass das Leben von Rudolf Kemler alles andere denn beschaulich abläuft. Gestern, Freitag, ging es im ÖIAG-Aufsichtsrat um den Syndikatsvertrag, den die Staatsholding mit dem anderen Telekom-Aktionär, der America Movil von Carlos Slim, anstrebt. Nach heftigen Diskussionen holte sich Kemler grünes Licht, um den Pakt in den nächsten drei Wochen finalisieren zu können.
Eine andere, nicht weniger arbeitsintensive Baustelle ist für Kemler, der auch Telekom-Aufsichtsratspräsident ist, indes so gut wie abgehakt. In den nächsten Tagen wird die einvernehmliche Trennung von Telekom-Finanzvorstand Hans Tschuden fixiert, erfuhr „Die Presse" aus Konzernkreisen. Tschuden erhielt im Februar 2012 einen Vertrag bis März 2015 mit einer Option auf weitere zwei Jahre - außer der Aufsichtsrat teilt ihm spätestens nach zwei Jahren mit, dass seine Bestellung nach drei Jahren endet. In der letzten Telekom-Aufsichtsratssitzung am 25. Februar einigte man sich darauf, eine vernünftige Ausstiegslösung zu finden, die es ermöglicht, „das Gesicht wahren zu können", wie es hieß.
Zur Person
Hans Tschuden wurde 1958 in Kärnten geboren. Er startete nach dem Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien und einem Postgraduate an der Insead (Frankreich) seine Karriere als Controller beim Baustoffkonzern Wienerberger. Dort arbeitete er zeitweise auch in Belgien und Deutschland. Zuletzt war er Finanzvorstand. In dieser Funktion kam er 2007 zur Telekom Austria, wo er seit 2009 auch stellvertretender Generaldirektor ist.
Die wahrscheinlichste Variante sieht nun so aus: Tschuden soll bis zur Hauptversammlung bleiben, die am 28. Mai stattfindet. Die Telekom befinde sich in einer heiklen Phase, da wechsle man nicht die Pferde, lautet die Begründung. Beim Aktionärstreffen bildet der Jahresabschluss 2013, der von Tschuden erstellt worden ist, eines der wichtigsten Themen. Daher soll auch er den Aktionären Rede und Antwort stehen. Überdies hat der Finanzvorstand auch beim Syndikatsvertrag eine gewichtiges Wort mitzureden.
Zu hohe Dividenden
Mit der österreichisch-mexikanischen Allianz, die den Einfluss des Staates absichern soll, wird sich das Aktionärstreffen ebenfalls befassen. Als dritter großer Brocken steht die Genehmigung einer Kapitalerhöhung im Ausmaß bis zu 1,5 Mrd. Euro auf dem Programm.
Tschuden ist vor allem wegen seiner Dividendenpolitik in die Kritik geraten. Die Telekom schüttete auch noch fette Dividenden aus, als die Erträge schwanden. Das ließ den Kapitalpolster des Konzerns ziemlich zusammenschrumpfen. Dann kam noch ein unglückliches Swapgeschäft dazu, das die Telekom 65,1 Mio. Euro kostete. Tschuden informierte den Aufsichtsrat darüber sehr lax, was die Kontrollore erzürnte. Vor allem der Investor Ronny Pecik, der seine Telekom-Anteile an Slim verkaufte und seither für die Mexikaner im Aufsichtsrat sitzt, drängte schon länger auf eine Ablöse Tschudens.
Ein Vakuum im Finanzbereich muss die Telekom nicht befürchten, auch wenn bis Sommer kein Nachfolger für Tschuden gefunden sein sollte. Interimistisch könnte Siegfried Mayrhofer die Agenden übernehmen. Er leitet seit 2010 den Finanzbereich des Österreich-Geschäfts der Telekom und gilt daher nicht nur im Unternehmen als exzellenter Kenner der Materie und ausgewiesener Fachmann.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2014)