Telekom-II-Prozess: "Betriebsräte auf Barrikaden gestiegen"

APA/HERBERT PFARRHOFER
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Der Grund, warum eine überhöhte Abfertigung über Umwege an einen gekündigten Telekom-Manager ausbezahlt wurde. Der Prozess wurde vertagt.

Der Telekom-II-Prozess rund um eine 600.000 Euro schwere Scheinrechnung für einen ehemaligen Marketing-Bereichsleiter der Telekom Austria geht in die nächste Runde. Richter Michael Tolstiuk hat heute, Dienstag, den Auftrag für den Gutachter ausgeweitet. Zuvor war der Ex-Bereichsleiter von einem Zeugen belastet worden, der die ausgezahlte Summe als "unglaublich" und "unmöglich" bezeichnet hatte.

Einmal mehr kristallisierte sich am heutigen Verhandlungstag heraus, dass die 600.000 Euro - zusätzlich zu rund 200.000 Euro, die offiziell als Abfertigung gezahlt wurden - deswegen über eine Scheinrechnung bezahlt wurden, um sie vor dem Betriebsrat zu verschleiern. Angesichts tausender Kündigungen bei der Telekom hätte dies nämlich für "Wirbel" gesorgt, die Betriebsräte wären "auf die Barrikaden gestiegen". Man wisse ja, welche Macht Betriebsräte hätten, meinte ein mitangeklagter Werbeexperte. Die Scheinrechnung war von der Werbeagentur Euro-RSCG gestellt worden, dafür müssen sich drei ehemals leitende Mitarbeiter der Agentur verantworten.

"Frühstücksdirektoren"

Im Zuge der heutigen Zeugenvernehmung im Wiener Straflandesgericht hat der damalige Festnetzvorstand der Telekom, Rudolf Fischer, ausgesagt, dass es durchaus vorgekommen ist, dass Spitzenmanager, um sie loszuwerden, noch mehrjährige Verträge erhielten, ohne dafür arbeiten zu müssen. Einer dieser "Frühstücksdirektoren" (Zitat Fischer) habe so 800.000 Euro kassiert. Der erstangeklagte Ex-Bereichsleiter der Telekom hielt in seiner Befragung fest: "Ich habe keine Forderungen gestellt, sondern ein Angebot angenommen."

Warum der Mann gehen musste, blieb bisher unbeantwortet. Sämtliche Angeklagte sowie auch Zeugen beschrieben den Ex-Bereichsleiter als absoluten Top-Mann, einer der besten der Telekom. Das sah auch der Internetriese Google so, wo der Beschuldigte nach der Telekom einen Spitzenposten in Deutschland inne hatte - den er nach Bekanntwerden der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen verlor. Seinen blauen Brief bekam der Bereichsleiter von der Telekom übrigens am Tag der Firmen-Sommerfeier. Den Vorstandsposten, den er im Visier hatte, übernahm der nunmehrige Telekom-Chef Hannes Ametsreiter.

Prozess bis in Sommer vertagt

Richter Michael Tolstiuk erweiterte die Beauftragung des Gutachters um die Einschätzung, wie hoch die Abfertigung bei anderen Bereichsleitern war, welche Vorgaben im Sozialplan 2007 vorgesehen waren und wie die steuerliche Beurteilung der Abfertigung zu sehen ist. Weiters soll auch noch berücksichtigt werden, dass der angeklagte Telekom-Bereichsleiter abgeworben wurde und eine große Karriere bei der Telekom in Aussicht hatte - bevor er gehen musste. Der Gutachter wird - je nachdem wie schnell die Telekom die erforderlichen Unterlagen vorlegt - voraussichtlich bis Mai brauchen.

Am kommenden Freitag wird der Telekom-V-Prozess fortgesetzt. Hier geht es um den Verkauf einer Luxusimmobilie am Wiener Schillerplatz. Der damalige ÖBB-Chef Martin Huber hatte das Objekt mit seiner Frau von den ÖBB erworben und nur ein Jahr später um den doppelten Preis weiter verkauft. Der Vorwurf lautet auf Untreue. Auf der Anklagebank sitzen neben Huber und seiner Frau der damalige Telekom-Chef Heinz Sundt und sein seinerzeitiger Finanzvorstand Stefano Colombo. Alle genannten Personen bestreiten die Vorwürfe und haben auf nicht schuldig plädiert.

(APA)

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