Lobbying: Alle gegen Raiffeisen

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Durch geschicktes Lobbying ist es Raiffeisen gelungen, dass hunderte kleine Finanzinstitute keine Bankensteuer zahlen. Die Konkurrenz droht der Regierung nun mit einer Klage.

Raiffeisen ist in Österreich die mit Abstand größte Finanzgruppe. Mehr als 43 Prozent aller Österreicher sind Kunden einer Raiffeisenbank. Derzeit gibt es rund 500 selbstständige lokale Raiffeisenkassen mit über 2000 Zweigstellen. „Wir sind Österreichs Nahversorger mit Finanzdienstleistungen und Finanzprodukten“, wirbt RZB-Chef Walter Rothensteiner.

Trotz ihrer Dominanz zahlen aber nur die wenigsten Raiffeisenkassen die Bankensteuer, was bei der Konkurrenz nun zunehmend für Empörung sorgt. Als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise führte die Regierung Anfang 2011 eine Sondersteuer für die Banken ein. Diese sollte zunächst 500 Millionen Euro pro Jahr für das Budget bringen. Nach der Rettung des Volksbanken-Spitzeninstituts ÖVAG wurde die Abgabe auf 640 Millionen Euro erhöht.

Dabei handelt es sich um eine „Substanzsteuer“. Sie fällt an, egal, ob die Kreditinstitute Gewinne oder Verluste machen. Auch die Hypo Alpe Adria, die im Vorjahr ein Minus von über zwei Milliarden Euro verbuchte, wird zur Kasse gebeten.

Konsumentenschützer äußerten von Anfang an die Befürchtung, dass die Finanzinstitute die zusätzlichen Kosten an die Kunden weiterreichen würden. Unter den Banken gibt es nun einen Streit über die Bemessungsgrundlage. Denn jene Institute, die eine Bilanzsumme von weniger als eine Milliarde Euro erwirtschaften, sind von der Abgabe ausgenommen.

Dem Vernehmen nach geht diese Sonderregelung unter anderem auf Interventionen der Genossenschaftsbanken zurück. Vor allem Raiffeisen soll hier lobbyiert zu haben. Keine andere Finanzgruppe profitiert von der Ausnahme so stark wie Raiffeisen. Angaben der Nationalbank zufolge besteht der Raiffeisensektor aus 509 Instituten. Davon fallen 468 Raiffeisenkassen unter die Milliardengrenze. Sie zahlen somit keine Bankensteuer.


Mitbewerber sind empört. Die Konkurrenz probt wegen der Bevorzugung den Aufstand. Laut Informationen der „Presse am Sonntag“ haben sich die Chefs der anderen Großbanken zusammengeschlossen, um bei der Regierung eine Änderung der Bemessungsgrundlage zu erreichen. „Alle müssen zahlen“, fordert Bank-Austria-Chef Willibald Cernko. Man brauche hier ein „einfaches und gerechtes System“. Die Bank Austria zahlte zuletzt 97 Millionen Euro an Bankensteuer, für heuer fordert der Bund bereits 120 Millionen Euro. „Obwohl wir nie Staatshilfe in Anspruch genommen haben“, ärgert sich Cernko.

Dem Vernehmen nach spricht sich auch Erste-Group-Chef Andreas Treichl für Änderungen aus, obwohl auch einige kleine Sparkassen von der Milliardengrenze profitieren.

Falls die Regierung hier nicht einlenkt, droht die Finanzbranche mit einer Klage. Oberbank-Generaldirektor Franz Gasselsberger hat bereits eine juristische Überprüfung angekündigt. Die anderen Banker wollen mitziehen. Sogar Raiffeisen-Bank-International-Chef Karl Sevelda soll sich im Gespräch mit Kollegen für eine Reform ausgesprochen haben. Denn falls die kleinen Raiffeisenkassen mitzahlen, verringert sich auch für die Raiffeisen Bank International die Steuerlast. Doch Sevelda konnte sich intern nicht durchsetzen.

Offiziell lautet bei Raiffeisen die Sprachregelung, dass die gegenwärtige Regelung beibehalten werden soll. Denn die kleinen Kassen konzentrieren sich ausschließlich auf das traditionelle Spar- und Kreditgeschäft. Zudem betonen die Giebelkreuzer, dass auch viele kleinen Volksbanken unter die Milliardengrenze fallen. Doch das wird sich mittelfristig ändern. Denn bei den Volksbanken zeichnet sich eine Fusionswelle ab. Derzeit gibt es noch 50Volksbanken in den Bundesländern, davon sollen aber nur neun große Institute übrig bleiben. Und für diese gibt es dann keine Ausnahme mehr. Dem Vernehmen nach ist die SPÖ bereit, das Gesetz in diesem Punkt zu ändern, solange das gesamte Steueraufkommen gleich bleibt. Die ÖVP, der gute Verbindungen zu Raiffeisen nachgesagt werden, will sich hier allerdings nicht festlegen.


Faymann gegen die Banken. Es ist aber nicht nur die Bevorzugung der kleinen Institute, sondern die Bankensteuer generell, die in der Finanzbranche für Aufruhr sorgt. Denn neben der Bankenabgabe von jährlich 640 Millionen Euro müssen die Institute auf Anordnung der EU künftig auch noch einen Fonds zur Abwicklung von Pleitebanken und einen Fonds zur Absicherung von Spareinlagen gründen.

Damit kommen auf Österreichs Banken weitere Kosten von 300 Millionen Euro pro Jahr zu. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) pocht darauf, dass die Bankensteuer trotz dieser EU-Fonds beibehalten wird. Denn die Fonds seien für die Zukunft, und die Bankenabgabe diene der Bewältigung der Vergangenheit. Damit steigt die Belastung für die Finanzbranche auf jährlich 940 Millionen Euro. Die Chefs der Großbanken nehmen das nicht hin. Sie betonen, dass die Banken in den vergangenen zehn Jahren im Österreich-Geschäft durchschnittlich nur 1,2 Milliarden Euro pro Jahr verdient haben.

„Die Extrabelastungen überfordern die Branche“, sagt Bank Austria-Chef Willibald Cernko. „In Österreich zahlen wir jährlich 640 Millionen Euro an Bankenabgabe, im siebenmal größeren Bankenbereich Deutschlands sind es hingegen nur 520 Millionen Euro“, so Cernko. Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich denkt bereits darüber nach, ihre Zentrale in das benachbarte Bayern zu verlegen. Damit würde man sich jährlich fast 30 Millionen Euro an Abgaben ersparen.

Zuletzt gab es Gerüchte, die Erste Group erwäge, ihr Hauptquartier nach Prag zu verlegen. Dazu antwortet Erste-Group-Chef Andreas Treichl eher ausweichend: Die Bank baue gerade ihre neue Firmenzentrale am Wiener Hauptbahnhof. Diese soll bis 2016 fertig sein. Doch in Richtung Regierung meint er: „Ich möchte, dass man uns mit Respekt behandelt.“ Und was tut Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP)? Er will zur Bankenabgabe einen runden Tisch einberufen.

Banken sollen doppelt zahlen

Bankenabgabe.Österreichs Großbanken (wie Bank Austria, RBI und Erste Group) müssen jährlich eine Sonderabgabe von 640Millionen Euro zahlen. Die kleinen Institute sind davon ausgenommen.

EU-Fonds. Auf Anordnung der EU müssen die Banken auch noch einen Fonds zur Abwicklung von maroden Instituten und einen Fonds zur Absicherung von Spareinlagen gründen. Damit kommen auf Österreichs Banken Zusatzbelastungen von jährlich 300Millionen Euro zu.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2014)

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