„Neid und Missgunst“ bei der AUA

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Ein Tyrolean-Kapitän wehrte sich vor Gericht erfolgreich gegen die Rückstufung zum Ko-Piloten. Das Urteil wirft ein bezeichnendes Licht auf die Zustände im AUA-Pilotencorps.

Wien. Dass es nicht einfach werden würde, sollte allen Verantwortlichen klar gewesen sein. Wie schwierig das Ganze schließlich geworden ist, dürfte den einen oder anderen aber doch überraschen. Die Rede ist vom Übergang des Flugbetriebs von der AUA auf die eigene Tochter Tyrolean im Juli 2012. Seither treten die beiden Fluglinien nach außen hin wie ein Unternehmen auf – intern sind die Spannungen jedoch nach wie vor aufrecht. Und wie tief die Gräben sind, zeigt nun ein Urteil des Arbeitsgerichts Korneuburg, laut dem es nicht nur „Neid und Missgunst“ zwischen Ex-AUA- und Ex-Tyrolean-Piloten gibt, sondern AUA-Mitarbeiter unter Mithilfe des gemeinsamen Betriebsrats auch gegenüber Tirolern „bevorzugt“ werden.

Anlassfall des Urteils war die angeordnete Herabstufung eines Tyrolean-Kapitäns zum Ko-Piloten Ende Jänner, gegen die dieser sich wehrte. Grund für die Herabstufung waren nämlich nicht persönliche, sondern betriebliche Gründe: Bei Tyrolean wurden im Vorjahr drei Fokker-Flugzeuge ausgemustert, weshalb es plötzlich zu viele Fokker-Kapitäne und Ko-Piloten gab. Da gleichzeitig bei der AUA die Airbus-Flotte ausgebaut wurde, sollten diese Piloten intern umgeschult werden.

Bis zu diesem Punkt war das Vorgehen noch ähnlich wie bei anderen Unternehmen. Dann kam jedoch die Besonderheit des Flugbetriebs zum Tragen: die bei Fluglinien übliche Senioritätsliste. Diese reiht je nach Beginn der Arbeitsaufnahme die Rechte unter den Piloten. Wer weiter oben steht, hat das Vorrecht bei Urlaub, freien Tagen oder internen Versetzungen.

Kapitän ist nicht Kapitän

So kam es, dass plötzlich Fokker-Kapitäne zu Kapitänen der Regionalmaschine Dash umgeschult werden, weil sie in der Liste weiter oben stehen. Die verdrängten Dash-Kapitäne müssen wiederum zu Ko-Piloten umgeschult werden – entweder auf der Dash oder am Airbus. Bei Letzterem würden sie jedoch auf die AUA-Senioritätsliste wechseln, und müssten sich dort wieder ganz hinten anstellen. Ein direkter Wechsel vom Kapitänsplatz einer Fokker auf den Kapitänsplatz eines Airbus ist wegen der unterschiedlichen Listen unmöglich. Dies würde von den AUA-Ko-Piloten nicht akzeptiert werden.

Bei der AUA sieht man dieses „komplizierte System“, das zusammen mit dem Betriebsrat entwickelt wurde und zu höheren Schulungskosten führt, als im Interesse der Mitarbeiter, da nur so die Senioritätslisten bestimmend geblieben sein. „Und das ist schließlich die heilige Schrift der Piloten“, so AUA-Sprecher Peter Thier.

Einige der betroffenen Kapitäne klagten jedoch, in einem Fall liegt nun auch das Urteil vor. Dieses zeigt, dass auch das Gericht mit der Senioritätsliste so seine Probleme hat – konkret heißt es, dass arbeitsrechtliche Bestimmungen durch die Liste „nicht unterlaufen“ werden dürften. Das Urteil fällt schlussendlich aber etwas widersprüchlich aus: So wurde die Klage auf Beschäftigung als Kapitän zwar abgewiesen, gleichzeitig aber festgehalten, dass der Pilot nicht verpflichtet ist, als Ko-Pilot zu arbeiten, sagt Friedrich Gatscha, der Anwalt des Piloten.

Bei der AUA bleibt man daher etwas unschlüssig zurück. „Wir wissen noch nicht, wie wir den betreffenden Piloten jetzt einsetzen sollen“, so Thier. Die Fluglinie dürfte daher in Berufung gehen.

Wichtige Entscheidung steht an

Daneben wirft das Urteil aber auch ein bezeichnendes Licht auf die Zustände im Pilotencorps. So sieht der Richter nach der Zeugeneinvernahmen „überaus große Spannungen“, die sich zwischen ehemaligen AUA- und Tyrolean-Mitarbeitern „massiv zuspitzen dürften“. Der von der Ex-AUA-Belegschaft dominierte Betriebsrat versuche dabei, „die Interessen des ehemaligen AUA-Personals verstärkt durchzusetzen“.

Eine Situation, die sich nicht so bald beruhigen dürfte. Denn bis zum Sommer will die AUA die Entscheidung über den Nachfolger der Fokker treffen. Je nach Typenentscheidung werden die neuen Flugzeuge bei der AUA oder der Tyrolean angedockt. Wer dann Kapitän wird, entscheidet die entsprechende Senioritätsliste.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2014)

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