Österreichs Konzerne verschlafen digitale Zukunft

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Studie. Österreichs Unternehmen wachsen schneller, verdienen aber weniger als deutsche und Schweizer. Neun von zehn erwarten die digitale Revolution, können damit jedoch nichts anfangen.

Wien. Österreichs größte Unternehmen wachsen schnell, aber sie werden dabei zunehmend unprofitabler. Das ist ein Ergebnis einer Studie der Unternehmensberatung Accenture, die der „Presse" exklusiv vorliegt. Zwölf heimische Firmen haben sich demnach zwischen 2008 und 2012 in Sachen Umsatzwachstum und Rentabilität deutlich besser entwickelt als der Durchschnitt. Neben dem zur Hälfte österreichischen Konzern Red Bull sind auch Andritz und Lenzing bereits zum dritten Mal zum Wachstumssieger gekürt worden. Auch die OMV, Rosenbauer, Kelag, Miba, SBO, Lenzing, Novomatic, Kapsch, AMS AG und Vamed waren seit der Krise deutlich besser unterwegs als der Durchschnitt. Das gilt allerdings nur bis 2012. Im Vorjahr mussten sowohl Andritz als auch Lenzing deutliche Gewinneinbußen hinnehmen.

Verglichen mit ihren Konkurrenten aus Deutschland und der Schweiz konnten die hundert größten Unternehmen des Landes mit einem Plus von 11,7 Prozent deutlich schneller an Umsatz zulegen. In Deutschland wurden sieben, in der Schweiz 8,7 Prozent Umsatzplus erzielt. Aber: Anders als in den Jahren zuvor verdienten die Österreicher immer weniger Geld. Die Gewinnmarge der größten Unternehmen war 2012 in keinem der drei Länder so niedrig wie in Österreich (3,5 Prozent). Einen Grund dafür sieht Accenture-Österreich-Chef Klaus Malle in der Unternehmensstruktur des Landes: „Außer einer Handvoll Ausnahmen haben wir die großen Börsen-Gorillas nun einmal nicht", sagt er. Das mache sich eben bemerkbar.

Einsparungen bringen wenig

Doch auch international sind die Gewinnspannen zuletzt gesunken. Höchste Zeit also, nach Wegen zu suchen, wie Umsatz und Gewinn wieder steigen können. Kosteneinsparungen spielen dabei eine eher untergeordnete Rolle. Das haben die meisten heimischen Unternehmen schon hinter sich. Im Gegenteil, mehr als die Hälfte der Unternehmen plant, die Belegschaft aufzustocken.

Als ein möglicher Treiber wird hingegen das Thema Digitalisierung ausgemacht. 92 Prozent der befragten Topmanager aus Österreich rechnen damit, dass die Digitalisierung ihre Branche im kommenden Jahr entscheidend verändern wird. Das beginnt bei der Verdrängung des stationären Handels und endet bei Schlagworten wie „Industrie 4.0", also bei der Digitalisierung des kompletten Produktionsprozesses.
Die heimischen Unternehmen sind mit dieser Erkenntnis nicht allein. Weltweit rüsten sich Firmen für das digitale Zeitalter. VW-Chef Martin Winterkorn hat die Digitalisierung seines Konzerns eben erst zu einem der Kernaufgaben für den Autobauer bis 2018 gemacht. Schließlich interessieren sich Deutsche beim Autokauf schon mehr für die digitale Ausstattung als für die Fahrleistung der Vehikel.

Doch so einig sich die Manager weltweit in der Analyse sind, so unterschiedlich sind ihre Antworten. In Österreich heißt sie: lieber erst einmal abwarten.

Österreich ignoriert den Trend

Obwohl neun von zehn Unternehmensführern überzeugt sind, dass das Internet ihre Branche verändern wird, sehen die wenigsten die Notwendigkeit, sich selbst zu verändern. 60 Prozent halten Smartphones und mobile Technologien für unbedeutend für ihr Unternehmen. 84 Prozent messen Social Media keine oder nur geringe Bedeutung bei. Kein Einziger hält Big Data, also die gezielte Analyse großer Datenmengen, für wichtig. Weltweit hat jeder vierte Konzernlenker erkannt, dass das Geschäft, mit dem Facebook und Google aufgestiegen sind, irgendwie interessant sein könnte.

„Die Welt hat die Bedeutung der Digitalisierung erkannt. Österreich ignoriert das über weite Strecken. Das ist ein Bedrohung", sagt Malle. Heimische Firmen konzentrieren sich vor allem darauf, den Produktionsprozess durch Digitalisierung effizienter und günstiger zu gestalten. An digitale Geschäftsmodelle wagt sich allerdings kaum jemand. Die meisten sind noch zu unsicher, ob die (bezahlte) Nachfrage dafür überhaupt da ist, beziehungsweise wie man im Internet wirklich Geld verdienen kann. Schließlich schreiben selbst Web-Größen wie Zalando oder Amazon regelmäßig rote Zahlen. Doch dieser Zugang sei ein Fehler. „Nichtstun ist keine Option. Die Digitalisierung wird nicht morgen wieder verschwunden sein", sagt Malle.

("Die Presse", Printausgabe vom 19.4.2014)

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