OMV-Chef Roiss gegen Wirtschaftsanktionen über Russland

GERHARD ROISS
GERHARD ROISSAPA/HERBERT PFARRHOFER
  • Drucken

In der EU-Energiepolitik wurden schwere Fehler gemacht, sagt der OMV-Chef. Der nationalen Politik wirft er fehlnden Mut zur Veränderung vor.

Zu etwa 60 Prozent wird der Gasverbrauch Österreichs von Russland gedeckt. Aber nicht alleine deshalb spricht sich OMV-Chef Gerhard Roiss gegen Wirtschaftssanktionen gegen Russland aus. Roiss im „Ö1-Mittagsjournal" bemüht ein altes Sprichwort: "Dort wo Handel getrieben wird, dort gibt es keinen Krieg". Man sei mit Russland seit über 50 Jahren wirtschaftlich verbunden. Und wir leben in einer ressourcenteiligen Welt und deren Stärken sollte mehr genutzt werden, sagte der OMV-Chef weiter.

Auch wenn derzeit die Gasspeicher aufgrund des sehr milden Winters gut gefüllt sind und für die nächsten Monate kein Engpass zu erwarten sei, da auch die Gazprom ihren Lieferverpflichtungen nachkomme, sei eine langfristige Strategie notwendig. Für die Gestaltung des „Worst Case Szenario" habe man noch genug Zeit. Auch wenn derzeit der Gaspreis entgegen den Erwartungen nach unten gehe, sollte bewusst gemacht werden, dass Lieferalternativen den Preis nach oben treiben werden, denn weitere Wege kosten einfach mehr. Die Situation in Österreich sei im Vergleich zu anderen Ländern, die zu 100 Prozent vom russischen Gas abhängig sind wie die Slowakei, noch planbar, so Roiss. Es geht auch um die europäische Solidarität. "Es geht nicht an, dass die, die es sich leisten können, Energiewohlstand haben, die anderen Energienotstand", sagte der OMV-Chef. Wichtig sei ein europäischer Dialog mit Russland.

Schwere Fehler bei Energiepolitik

Außerdem wirft Roiss der EU schwere Fehler in der Energiepolitik vor und fordert Anreize für die europäische Gasförderung. Brüssel sei nicht bereit gewesen, die "Nabucco"-Pipeline, die jene hundert Prozent abhängigen Länder versorgt hätte, zu unterstützen. "Das sind große Fehler, die man heute als Fehler erkennt", so Roiss im „ORF-Radio" weiter. Europa müsse langfristig strategisch denken, was an Infrastruktur investiert werden muss.
Auf die Frage, ob er mit dem Industriestandort Österreich hadere, sagte Roiss, dass die OMV in laufenden Jahr 400 Millionen in den Standort Österreich investieren werde. Es sei aber kontraproduktiv, die Kuh zu schlachten anstatt sie zu melken, in Anspielung auf die geplante Erhöhung des Förderzinses, den die OMV für für ihre inländische Gas- und Ölförderung zahlt. Es gehe nicht alleine um die 40 Millionen Mehrkosten für den Konzern, sondern um den möglichen Schaden auf den Standort Österreich. "Das sind schon Dinge, die unverständlich sind." Das würden auch die Investoren aus aller Welt nicht verstehen, wo Österreich doch gerade für andere Werte gestanden sei, bedauert der OMV-Chef.

Das Herz der OMV schlägt in Österreich und mit Diskussionen für Standortverlagerungen, die es immer geben werde, möchte er sich nicht beschäftigen. Als wichtigsten Punkt in den Versäumnissen der österreichischen Politik nannte Roiss den Bildungsbereich. „Wir brauchen mehr an Bildung, aber nicht mehr an Ausgaben. Es sind mehr Effizienz und Produktivität in der Politik notwendig". Es gebe keine Bereitschaft zur Veränderung, nicht einmal die Diskussion darüber sei vorhanden. „Pisa einfach abzubestellen ist falsch. Das ist wie ein Flugzeug ohne Radar. Die Zusammenlegung von Wirtschaft und Wissenschaft in einem Ministerium halte er für einen richtigen Schritt. Aber das alleine sei zu wenig. „Wir brauchen mehr Mut und keine Wut."

(red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.