Große Entlastung bei den Lohnnebenkosten auf der langen Bank

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Niedrigere Sozialbeiträge kommen frühestens mit einer Steuerreform. Expertenkommission ist jedoch noch nicht einmal zusammengetroffen.

Wien. Regierungsvertreter von SPÖ und ÖVP werden bei ihrer seit Mitte März laufenden gemeinsamen Tour, die diese Woche in der Steiermark und in Salzburg fortgesetzt wird, von Unternehmensvertretern regelrecht mit einer Forderung bombardiert: Senkung der Lohnnebenkosten. Mit der bereits beschlossenen Senkung der Beiträge zum Insolvenzentgeltfonds und zur Unfallversicherung um jeweils 0,1 Prozentpunkte (auf die auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner im Interview verweist, Anm.), geben sich die Wirtschaftstreibenden nicht zufrieden. Auf eine größere Abgabenentlastung werden die Unternehmen freilich noch warten müssen. Denn regierungsintern herrscht nach „Presse“-Informationen Übereinstimmung, dass es dazu erst im Zuge einer umfassenden Steuerreform kommen könne.

Als Gründe dafür werden angeführt, gerade die Wirtschaft habe immer vehement darauf gedrängt, dass die Budgetkonsolidierung und ein ausgeglichener Staatshaushalt Vorrang habe müssten. Dieser Linie versucht derzeit Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) bei der Vorlage der Budgets für 2014 und 2015 am kommenden Dienstag im Nationalrat nachzukommen.

Gegenforderung von ÖGB und AK

Als Argument gegen eine baldige Senkung der Lohnnebenkosten gilt weiters, dass eine solche Entlastung für die ÖVP in der rot-schwarzen Koalition keineswegs durchzubringen sei. Denn die SPÖ-dominierten Arbeitnehmerorganisationen, also Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer, würden dem niemals zustimmen. Deren Bedingung sei, dass es jedenfalls auch eine steuerliche Entlastung der Arbeitnehmer geben müsse. Schon in den vergangenen Wochen haben ÖGB und AK den Druck auf die Regierung für eine rasche Steuerreform mit einer Entlastung bis hin zu Bruttoeinkommen von 4000 bis 5000 Euro erhöht. Auch wenn die Wirtschaft eine Senkung der Lohnnebenkosten mit dem Erhalt und der Schaffung von Arbeitsplätzen argumentiert, wäre eine Umsetzung ohne Steuerreform eine „Kriegserklärung“ in der Sozialpartnerschaft.

Die heuer im Jänner eigens eingesetzte Expertenkommission für eine Steuerreform ist jedoch noch nicht einmal zusammengetroffen. Ein Termin für eine Steuerreform ist vor 2015 völlig illusorisch. Realistischer ist, dass die Beratungen darüber frühestens im kommenden Jahr – möglicherweise vor der Serie an Landtags- und Gemeinderatswahlen in der Steiermark, in Oberösterreich und in Wien im Herbst 2015 – abgeschlossen werden. Auch das spricht dafür, dass eine umfangreichere Senkung der Lohnnebenkosten und ein Umbau des Steuersystems noch einige Zeit in Anspruch nehmen werden. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2014)

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