Das "Presse"-Interview mit Wirtschaftsminister Mitterlehner über eine Reduktion der Bankenabgabe sorgt für zahlreiche Reaktionen. Die SPÖ verlangt nun genaue Berechnungen.
Wien. In der Finanzbranche war am Donnerstag das „Presse“-Interview mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) in aller Munde. Die von Mitterlehner geäußerten Zugeständnisse seien „das Mindeste, was man braucht“, sagte Erste-Bank-Österreich-Chef Thomas Uher vor Journalisten. Uher verlangt weiteres Entgegenkommen. Dass wegen der hohen Abgaben immer mehr Firmenchefs mit einer Abwanderung ins Ausland drohen, sei „kein schlechter Witz, sondern traurige Realität“. Ähnliches war von den Chef anderer Großbanken zu hören.
Als erstes Regierungsmitglied hat nun Wirtschaftsminister Mitterlehner darauf reagiert. Er sprach sich gegen eine Doppelbelastung für die Banken aus. Derzeit zahlen die Finanzkonzerne eine Sonderabgabe von jährlich 640 Millionen Euro. Das Geld fließt direkt ins Budget.
Auf Anordnung der EU müssen die Banken künftig aber auch noch einen Abwicklungsfonds für Pleitebanken und einen Fonds zur Absicherung der Spareinlagen gründen. Dies kostet laut Uher zusätzlich 300 bis 400 Millionen Euro pro Jahr. Mitterlehner meint, dass eine österreichische und europäische Bankenabgabe „auf Dauer schwer zu halten“ seien.
Bank-Austria-Chef Willibald Cernko hofft, dass der Vorstoß von Mitterlehner „keine Einzelmeinung bleibt und wir bald zu einem konstruktiven Dialog kommen werden“. Denn gute Wirtschaftspolitik müsse laut Cernko „auf einen Schulterschluss von Real- und Finanzwirtschaft setzen, um in einer gemeinsamen Kraftanstrengung unser Land voranzubringen“.
Für Erste-Bank-Österreich-Chef Uher reicht es aber nicht aus, dass man die neuen EU-Belastungen gegen die österreichische Bankenabgabe gegenrechnen könne. Seiner Ansicht nach müsse auch die Bankenabgabe ein Ablaufdatum haben: „Länger als über diese Regierungsperiode sollte es nicht hinausgehen.“
Runder Tisch im Mai
Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) hat dazu die Chefs der Großbanken für Mai zu einem runden Tisch eingeladen. Bis dahin sollen die Banken die Höhe der Zusatzbelastungen durch die EU-Fonds berechnen. Die SPÖ ist über die Debatte nicht erfreut. Dass die Bankenabgabe komplett gestrichen wird, schließt die SPÖ aus.
Schließlich hat Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) noch vor einem Jahr im Wahlkampf höhere Steuern für die Finanzbranche gefordert. Nicht festlegen will sich die SPÖ aber, ob die Banken die EU-Belastungen von 300 Millionen bis 400 Millionen Euro von der österreichischen Bankenabgabe abziehen können. „Dazu können wir erst etwas sagen, wenn wir wissen, wie hoch die Beiträge der Banken für die EU-Fonds tatsächlich sind“, heißt es in SPÖ-Kreisen. Die von den Banken genannten 300 Millionen bis 400 Millionen Euro seien nur grobe Schätzungen.
Unterstützung erhält Mitterlehner von Teilen der Opposition. So ist Werner Kogler, Finanzsprecher der Grünen, dafür, dass die Banken die EU-Belastungen gegenrechnen können.
Bank-Austria-Auslagerungen
Einige Institute bleiben bei der Drohung, Konzernteile ins Ausland zu verlagern, falls sich nichts ändert. Wenn die Rahmenbedingungen für eine europäisch agierende Bank schlecht seien, müsse man laut Uher über Verlagerungen nachdenken. Im Fall der Erste Bank gehe es nicht um das klassische Spar- und Kreditgeschäft in Österreich, sondern um Holdingfunktionen. Dass Verlagerungen möglich seien, zeige laut Uher das Beispiel der Bank Austria. Diese habe Teile des Geld- und Devisenhandels nach München verlagert. Dadurch verringerte sich für die Bank Austria die Bankenabgabe.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2014)