Sollen Touristen sonntags shoppen?

(c) FABRY Clemens
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Der neue Chef der Wiener Wirtschaftskammer will, dass in Wien Tourismus und Handel endlich an einem Strang ziehen. Ein schwieriges Unterfangen.

Wien. Seit der neue Wirtschaftsbundchef und Präsident der Wiener Wirtschaftskammer, Walter Ruck, am Mittwoch laut darüber nachgedacht hat, ob man in Wien Tourismuszonen mit Sonntagsöffnung für den Handel errichten soll, herrscht Aufruhr.

Manfred Wolf von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) sieht absolut keinen Bedarf, die bestehende Regelung anzutasten: „Dazu gibt es einen sozialpartnerschaftlichen Konsens. Mir ist nicht bekannt, dass der aufgehoben wurde.“ Wolf bezweifelt, dass Ruck sich ausreichend informiert hat: „Er kommt ja nicht aus dem Handel. (Ruck ist Baumeister, Anm.) Ich bin der Auffassung, dass er noch gar nicht mit den Händlern geredet hat.“

Ruck betont gegenüber der „Presse“, dass es ihm genau darum gehe: sich mit den betroffenen Parteien – auf Arbeitgeberseite vorerst – an einen Tisch zu setzen. Er werde sich in zwei Wochen mit „Spitzenfunktionären des Wirtschaftsbundes“ treffen, die er um eine Stellungnahme zum Thema Tourismuszonen gebeten hat: „Es geht darum, eine gemeinsame Linie zu erreichen, bevor wir mit der Gewerkschaft verhandeln.“ Diskutieren sollen die Vertreter aus Tourismus und Handel darüber, welche Stadtteile man als Tourismuszonen definieren könne. In sechs Monaten erwartet Ruck ein Ergebnis.

60 Mio. Euro Mehrumsatz

Erfreut über den Vorstoß Rucks zeigt sich der Handelsverband: „Wir unterstützen das massiv, das ist genau das, was wir seit Jahren fordern“, sagt Geschäftsführerin Patrizia Mussi und verweist auf Studien des Shoppingdienstleisters Global Blue: „Wenn man sich da anschaut, wie viel Touristen aus Asien bei einem Einkauf ausgeben, sieht man, dass dem Handel da bei jeder verpassten Chance enorme Summen durch die Lappen gehen.“ In der Tat geben vor allem asiatische Einkaufstouristen in Wien viel Geld aus, der durchschnittliche Tourist aus Hongkong etwa lässt sich jeden Einkauf 1008 Euro kosten, der durchschnittliche Chinese 590 Euro. 60 Mio. Euro Mehrumsatz pro Jahr könne der Wiener Handel mit der Sonntagsöffnung lukrieren, meint Mussi.

Gewerkschafter Wolf hingegen ist überzeugt, dass es keinen Touristen gibt, der „Sonntagfrüh anreist und am Abend wieder abreist“. Dementsprechend gebe es genug Gelegenheit zu shoppen.

Bettina Lorentschitsch, Handels-Spartenobfrau der Wirtschaftskammer, betont, dass das Nein der WKO zu einer bundesweiten Ladenöffnung am Sonntag bestehen bleibe. „Es sollte weiterhin eine Tag geben, der den Freunden und der Familie gehört.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2014)

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