Recycling: Rittern um das Geschäft mit Müll

Recycling, Müll
Recycling, Müll(c) EPA (ROBIN UTRECHT)
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Ab 2015 herrscht beim Entsorgen und Verwerten von Verpackungsmüll aus Haushalten freier Wettbewerb. Das De-facto-Monopol der ARA fällt.

Wien. Unternehmen, die Verpackungen in Umlauf bringen, müssen sich auch darum kümmern, dass das Verpackungsmaterial wieder eingesammelt und verwertet wird. Sie tun das nicht selbst, sondern bezahlen Dienstleister dafür. Das ist nichts Neues – ab dem kommenden Jahr soll sich dabei aber Wesentliches ändern: Das De-facto-Monopol der Altstoff Recycling Austria (ARA) beim Sammeln und Verwerten von Verpackungen aus Privathaushalten wird fallen. Wie schon seit Jahren im gewerblichen Bereich, soll dann auch beim Geschäft mit Haushaltsverpackungsmüll freier Wettbewerb herrschen. Ermöglicht wird das durch eine im Juli 2013 beschlossene Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes.

Mögliche Mitbewerber der ARA scharren schon in den Startlöchern. So lud Interseroh Austria – eine Tochter der deutschen Alba Group, die in Österreich Altstoffe aus dem Gewerbebereich verwertet – gestern Medienvertreter zum Hintergrundgespräch zum Thema Marktliberalisierung. Eine der Kernaussagen: Für die Konsumenten könnte der Wettbewerb spürbare Kosteneinsparungen bringen. Man verweist dazu auf Zahlen aus Deutschland: Laut einer Untersuchung des deutschen Bundeskartellamts betrugen die Kosten für die Konsumenten in Deutschland im Jahr 2003 noch 1,78 Milliarden Euro, 2011 dagegen nur mehr 824 Millionen. Für eine vierköpfige Familie entspreche das einer Ersparnis von 50 Euro pro Jahr.

Ob es in Österreich genauso viel sein wird, sei nicht absehbar, räumt Interseroh-Austria-Geschäftsführer Franz Sauseng ein, „aber die Märkte sind oft vergleichbar“. Bei dieser Ersparnis geht es allerdings nicht um die kommunalen Müllgebühren. Sondern „nur“ um jene Kosten, die für Hersteller oder Händler entstehen, weil sie Dienstleister wie ARA oder Interseroh für das Verwerten des Verpackungsmaterials bezahlen müssen – und die sie dann über die Preise der Waren auf die Konsumenten überwälzen. Wenn der Wettbewerb zwischen den Dienstleistern greift, könnten also zum Beispiel Getränke in PET-Flaschen für die Verbraucher etwas billiger werden.

Behalten wir unsere Mülltonnen?

Vonstatten gehen wird die Marktliberalisierung schrittweise. Ab Jänner 2015 können Unternehmen, die verpackte Waren für Haushalte in Umlauf bringen, zwischen Recyclingfirmen wählen. Voraussetzung ist die rechtzeitige Kündigung des Vertrages mit der ARA. Ab dann werde es bereits freie Preis- und Tarifgestaltung geben, sagt Sauseng. 2016 werden den Anbietern entsprechend ihren Marktanteilen Sammelregionen in Österreich zugelost. Dort müssen sie bis Ende 2017 Ausschreibungen für die Altstoffsammlung durchführen.

Was bedeutet das für die Haushalte? Bis 2017 wird man seinen Verpackungsmüll jedenfalls an denselben Sammelplätzen in dieselben Behälter werfen oder in die gleichen gelben Säcke stopfen können wie bisher. Dass das nach der Neuausschreibung auch so bleibt, ist nicht zwingend, laut Sauseng allerdings wahrscheinlich: Für die Endverbraucher solle sich so wenig wie möglich ändern, sagt er. Eine „Duplizierung“ von Sammeleinrichtungen ist gesetzlich verboten. Muss man aber befürchten, dass etwa in dünn besiedelten Regionen aus Kostengründen Sammelstellen aufgelassen werden? Es gebe rechtliche Schranken, die das verhindern sollen, sagt Sauseng. „Die Anbieter müssen Sammel- und Recyclingquoten erfüllen, sonst können sie ihre Betriebsgenehmigung verlieren.“
Auch ein bestimmtes Mindestvolumen an Wertstoffen pro Einwohner und Jahr sei vorgeschrieben. Das spreche gegen ein Ausdünnen der Sammelinfrastruktur, meint er.

Mit der ARA hat Interseroh erst kürzlich einen jahrelangen Rechtsstreit beigelegt. Es ging um die Abgrenzung von Haushalts- und gewerblichem Müll, man einigte sich auf einen Vergleich. Künftig sollten Abgrenzungsprobleme seltener werden, das neue Abfallwirtschaftsgesetz schafft dafür klarere Definitionen. Hintergrund solcher scheinbaren Spitzfindigkeiten ist nicht nur das Monopol im Haushaltsbereich, das nun bald wegfallen wird. Es geht auch um viel Geld, denn die Entsorgung gewerblichen Mülls ist deutlich billiger als die von Hausmüll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2014)

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